Kreispräsident Winfried Zylka zieht Konsequenzen aus den extrem hohen Fehlzeiten des Politikers und streicht seine Entschädigungszahlungen.

Kreis Segeberg. Was sich in den letzten Tagen schon angedeutet hat, ist Wirklichkeit geworden: Kreispräsident Winfried Zylka geht gegen die beiden Kreistagsabgeordneten Joachim Dose und Renee Böttcher vor. Die beiden, die gemeinsam die Unabhängige Fraktion bilden, hatten bei fast allen Sitzungen ihrer Fachausschüsse und oft auch im Kreistag gefehlt. Zylka fordert die Landrätin auf, die Entschädigungszahlungen an Böttcher sofort einzustellen.

"Ihren Umgang mit dem Mandat, das Ihnen von den Wählerinnen und Wählern erteilt worden ist, empfinde ich als skandalös", schreibt Zylka an Böttcher. Sein Verhalten stelle einen groben Verstoß gegen die Pflichten eines Kreistagsabgeordneten dar, die unter anderem Paragraf 27 der Kreisordnung regelt. Darin heiße es: Wer die Wahl zum Kreistag annimmt, hat die ihm aus seiner Mitgliedschaft im Kreistag erwachsenden Pflichten auszuüben, solange er oder sie nicht auf ihren Sitz im Kreistag verzichten. "Ihr andauerndes Fernbleiben ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 72 der Kreisordnung", heißt es weiter in den Schreiben an den Abgeordneten aus Lentföhrden.

Der Kreispräsident fordert, dass sich die Fraktion der Unabhängigen auflöst

Auch Joachim Dose hat einen Brief von Zylka bekommen. Der Kreispräsident fordert die beiden auf, die Fraktion der Unabhängigen aufzulösen. Die Fraktion bestehe nur noch formal; sie erfülle kein Merkmal einer Fraktion, verursache aber Aufwandsentschädigungen, denen kein Aufwand gegenüberstehe. Dose bekommt als Vorsitzender der Zwei-Mann-Fraktion pauschal 680 Euro im Monat. Hinzu kommen nochmals für Böttcher und Dose jeweils 120 Euro jeden Monat als Abgeordneten-Pauschale. Hinzu kommt das Sitzungsgeld von 21 Euro, das aber nur gezahlt wird, wenn die Politiker die Sitzungen tatsächlich besuchen.

Schon vor einigen Tagen hatten die beiden Abgeordneten offensichtlich auf die öffentliche Kritik der CDU reagiert und ihre Ausschusssitze niedergelegt. "Wer von den Bürgern gewählt wurde, muss sein Mandat auch wahrnehmen. Die Demokratie lebt vom Mitmachen", hatte Claus-Peter Dieck, Fraktionschef der Segeberger CDU, dem Abendblatt gesagt. Er stellte sich ausdrücklich hinter seine Fraktionskollegen Wilfried Mohr und Henning Wulf. Der Vorsitzende des Bildungsausschusses und der Vorsitzende des Hauptausschusses hatten die hohen Fehlzeiten kritisiert.

Nachdem die beiden Betroffenen die Mitarbeit in den Ausschüssen nun auch offiziell eingestallt haben, nehme die Fraktion jetzt überhaupt nicht mehr an der Ausschussarbeit teil, schreibt Zylka weiter. Auch das einzige bürgerliche Mitglied der Fraktion, das Dose und Böttcher in den Ausschüssen vertreten sollte, habe sein Mandat zurückgegeben. "Außerdem habe ich festgestellt, dass Herr Böttcher seit einem Jahr sein Mandat nicht mehr wahrnimmt", heißt es im Brief an den Ellerauer Kreistagsabgeordneten Dose. Auch er, Dose, nehme seit einiger Zeit nur lückenhaft an den Kreistagssitzungen teil, an den Ausschusssitzungen gar nicht. Auch an den Gesprächen, mit denen die Sitzungen des Kreistages vorbereitet werden, habe die Unabhängige Fraktion seit langer Zeit nicht mehr teilgenommen. Zylkas Fazit: "Tatsache ist also, dass die Fraktion der Unabhängigen nur noch formal besteht." Eine Arbeitsleistung sei nicht wahrzunehmen.

Die Betroffenen werden ihre Fraktion vorerst nicht auflösen

Was an Wirkung der Fraktion geblieben sei, sei die Aufwandsentschädigung für einen Fraktionsvorsitzenden und bisher für einen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. "Ich lege Ihnen aus den genannten Gründen dringend nahe, die Fraktion der Unabhängigen aufzulösen", heißt es abschließend im Schreiben des Kreispräsidenten.

"Wir werden unsere Fraktion vorerst nicht auflösen", sagt Joachim Dose. Er sieht das Schereiben des Kreispräsidenten als Teil einer Hetzkampagne gegen die CDU und als vorgezogenen Wahlkampf. "Sonst hätte er uns nicht zeitgleich mit den Medien, sondern deutlich früher informiert", sagt der Ellerauer. Böttcher räumt Fehlverhalten ein. Natürlich hätte er häufiger an den Sitzungen teilnehmen müssen, er sei aber beruflich stärker eingespannt gewesen als erwartet. Zudem sei noch ein Enkel geboren. Und da hätten die Prioritäten klar auf Beruf und Familie gelegen. Er sei aber schon neun Jahre dabei, habe die politische Arbeit aber erst in den letzten eineinhalb Jahren vernachlässigt. "Jeder überschätzt sich mal, und jeder macht auch mal Fehler", sagt er.

Dass er nun keine Entschädigung mehr bekomme, treffe ihn nicht. Im Gegenteil: "Nun habe ich nicht mehr das Problem, was ich mit dem Geld machen soll, denn ablehnen durften wir es ja nicht." Er habe schon vor Jahren gefordert, dass die Entschädigungssatzung geändert wird. Keine Pauschale, sondern ausschließlich Sitzungsgeld lautet sein Credo. "Die Diskussion hat auch etwas Positives: Nun wird wieder über das Thema gesprochen", sagt Böttcher.