In “Fünf in Hamburg zusammengewürfelt“ erzählt Edda Renger aus Kaltenkirchen von alteren Menschen, die in einer Senioren-WG leben.

Kaltenkirchen. Edda Renger ist eine lebenslustige Frau, der Existenznöte fern sind. Der Bungalow am Rande Kaltenkirchens wirkt gepflegt, ist gediegen eingerichtet. Einsam ist sie nicht, aber sie kann sich sehr gut in Menschen hineinversetzen, die alleine leben, die niemanden haben, mit denen sie reden können. Denn sie geht mit offenen Augen durchs Leben und sieht, was andere vielleicht nicht sehen. Zum Beispiel diese Szene: Zusammen mit ihrem Mann sitzt sie in einem Hamburger Lokal, an den meisten anderen Tischen sitzen Menschen - aber die meisten sitzen alleine dort. "Anschließend gehen sie nach Hause, haben mit niemandem geredet und werden wahrscheinlich auch später mit niemandem reden."

Weil ihr Szenen dieser Art oft aufgefallen sind, hat sie für all diese Einsamen ein Buch geschrieben: "Fünf in Hamburg zusammengewürfelt" heißt es und beschreibt das Schicksal von älteren, die ein interessantes Mittel gegen ihre Einsamkeit gefunden haben - sie gründen eine Senioren-WG.

Ein Buch hat Edda Renger bisher noch nie geschrieben. Sie musste erst 70 Jahre alt werden, um diesen Schritt zu wagen. Auf anderen Gebieten war sie mutiger: Nach ihrer Flucht aus der DDR, wo sie das Friseurhandwerk gelernt hatte, verwirklichte sie ihren Lebenstraum, nahm Schauspielunterricht, ging zum Theater und wirkte in etlichen TV-Serien mit - zum Beispiel in der "Schwarzwaldklinik". Keine große und erinnerungswürdige Rolle, aber immerhin, sie war dabei. Noch heute ist die attraktive Rentnerin gelegentlich in Werbespots zu sehen. Zehn Jahre lang betrieb sie in Kaltenkirchen außerdem ein eigenes Modegeschäft.

Die Kaltenkirchenerin will auf die Nöte älterer Menschen aufmerksam machen

Mit ihrem Buch will Edda Renger, die als Schriftstellerin das Pseudonym "Edda Seidler" benutzt, um sich vor unliebsamen Anrufen zu schützen, die Öffentlichkeit auf die Nöte älterer Menschen aufmerksam machen. Bevor sie sich an das Schreiben wagte, hatte sie zunächst versucht, Fernsehsender dafür zu begeistern, alte und einsame Menschen irgendwie zusammenzubringen. Als es keine Reaktionen gab, begann sie mit dem Schreiben des Buches.

Zwei Abende pro Woche setzte sich Edda Renger an ihren Laptop und begann ohne großes Konzept eine Geschichte mit älteren Frauen und Männern aufzuschreiben. "Irgendwie ging es immer weiter", sagt sie und kann bis jetzt nicht genau erklären, wie ihr diese Einfälle gekommen sind.

Das fertige Manuskript schickte sie an das Hamburger Abendblatt, das im vergangenen Jahr einen Autorenwettbewerb veranstaltete. Gewonnen hat Edda Renger nicht, aber ihr Roman wurde an den Verlag Tredition weitergeleitet, der unter dem Namen des Abendblattes die "Norddeutsche Reihe" herausgibt.

"Fünf in Hamburg zusammengewürfelt", vor wenigen Wochen erschienen, ist ein dünnes Buch (111 Seiten), das auch von ungeübten Lesern schnell zu konsumieren ist. Darin werden die Schicksale von fünf Menschen verfolgt, die vor allem zwei Dinge verbindet: Sie sind nicht mehr jung, und sie sind einsam. Aus den verschiedensten Gründen.

Da Buch der 70-Jährigen ist pointiert und charmant geschrieben

Horst zum Beispiel ist ein Mann, der einen verantwortungsvollen Beruf hatte und einen ersten privaten Schock erlebte, als er in Rente ging: "Plötzlich hatte er keine Aufgaben mehr. Er bemühte sich, seiner Frau im Haushalt zu helfen, was zu Streitereien führte, was vorher nie der Fall war." Die Einsamkeit kam nach dem Tod seiner Frau dazu. Julia, Wera, Horst und Gernot haben ebenfalls Schicksalsschläge erlitten - jeder auf seine Weise.

Schließlich beschließen die fünf Frauen und Männer, das Ungeheuerliche zu wagen: Sie ziehen gemeinsam in das große Haus von Horst und versuchen, sich ihr Leben so einzurichten, dass keiner dem anderen auf die Nerven geht, aber jeder von den anderen profitiert. Gemeinsame Unternehmungen, lange Gespräche am Esstisch; und schließlich kommen sie zur Erkenntnis: "Jeder kann individuell handeln und hat trotzdem verständnisvolle Gesprächspartner, auch wen sie oft unterschiedlicher Meinung sind." Sie akzeptieren sich gegenseitig - für alle ein schönes Gefühl.

Mit ihrem Buch möchte Edda Renger Mut machen. Mut all jenen, die im Alter alleine sind und sich nicht trauen, auf andere Menschen zuzugehen. "Fünf in Hamburg zusammengewürfelt" ist ganz sicher kein großes Buch. Es lebt von Rückblenden auf die Lebensgeschichten der Protagonisten, aber es ist pointiert und charmant geschrieben. Ein Buch, mit nachhaltiger Wirkung und starkem Hamburger Lokalkolorit, das von genauer Ortskenntnis zeugt. Es kostet 13,95 Euro.