Norderstedt legt aufgrund einer Umfrage eine Zukunftsperspektive zur Kultur vor. Auch Stadtpark soll sich weiterentwickeln.

Norderstedt. Das Duo Cate's Leila ist ein Newcomer in der Szene. Und trat gleich in Norderstedts neuem Veranstaltungshaus auf, dem Kulturwerk am See. Das Publikum war begeistert. Nicht nur vom Duo, das einen ganz eigenen Sound aufs Podium im Alfred-Stern-Studio brachte. Sondern auch vom Kulturwerk mit seinem ebenso ganz eigenen Charme. Experimentelle Musik und experimentelles Theater in einem experimentellen Haus. Schließlich ist das Kulturwerk sichtbar aus einem Kalksandsteinwerk entstanden. Als mutige Investition einer Stadt in seine kulturelle Zukunft. Dieser Charme strahlt auch von den benachbarten Firmen- und Industriegebäuden aus, in denen langfristig ein Künstlerdorf geplant ist.

Doch wohin steuert Norderstedts Kultur? Welche Norderstedter Kulturträger, -vereine und -Institutionen gibt es noch im Jahr 2020, und was bieten sie den Bürgern? Zu welchen Projekten finden sie sich zusammen? Lassen sie sich auf Experimente ein oder setzen sie auf Altbewährtes? Was wird im Jahr 2020 auf den Bühnen gespielt?

Im November 2011 startete das städtische Kulturbüro unter den Kulturanbietern eine große Umfrage. Ziel: Den Ist-Zustand, Zukunftspläne und -perspektiven oder gar Visionen zu erfassen. Von 109 Kulturanbietern antworteten 79, die demnächst die Auswertung erhalten werden.

"Die Auswertung beweist, dass es auch für die Zukunft viele Ideen gibt", sagt Kulturamtsleiterin Gabriele Richter. "Wir wollen die ehrenamtliche Arbeit der Kulturträger auch in Zukunft fördern, denn sie tragen viel zum positiven Image der Stadt bei", sagt Kulturdezernentin Anette Reinders. Die 57-Jährige Stadträtin ist auch Sozialdezernentin und denkt über Verknüpfungen nach, vor allem zur Inklusion: "Wir sollten behinderte und nicht behinderte Menschen in gemeinsame Kulturprojekte einbinden, da gibt es viel Potenzial", sagt Reinders. Ansätze zur Inklusion bietet die Lebenshilfe mit ihrer Theatergruppe "Bunte Murmeln" und der Band "Trimata", die mit Mitgliedern von Amateurtheatern und der Musikschule neue Projekte umsetzen. Reinders will auch die Stadtteil-Kultur fördern: "Wir brauchen eine Sozialraum-Orientierung und nicht-kommerzielle Angebote um die Ecke - und zwar Trefforte für alle Altersgruppen und Interessen, die sich gegenseitig inspirieren."

Eine weitere Zusammenarbeit soll zwischen Kulturträgern, Musikschule und den Schulen gefördert werden. "Immer mehr Kinder haben Nachmittagsunterricht und können keine Kurse mehr besuchen, das müssen wir wieder zusammenfügen", sagt Reinders.

"Kultur muss sich immer wieder erneuern und Zeitströmungen aufnehmen", sagt Richter, "und Grenzen überschreiten", ergänzt Reinders. Für die Zukunft seien daher Kultur-Diskussionsrunden mit vielen Anbietern angedacht, damit sich neue Ideen und Projekte erst einmal ungesteuert kreativ entwickeln können. Ein heißes Thema sei die Frage geeigneter Räumlichkeiten. Sollte in der Stadt eine Schule geschlossen werden, sei es denkbar, diese wie das Kunsthaus Norderstedt für die Kultur zu nutzen. Auch die Lücke, die nach der Schließung des Kulturcafés Aurikelstieg für Jugendliche entstanden sei, müsse geschlossen werden.

Besonders reizvoll aber sei die Firmen- und Industrie-Region ums Kulturwerk. Dort könne in leerstehenden Gebäuden langfristig eine Künstlerregion mit Ateliers, Galerien, Probe- und Experimentierbühnen, mit improvisierten Theater- und Konzerträumen entstehen. Einen hohen Reiz für künftige neue Kulturformen bietet das Kulturwerk. "Das Kulturwerk verlangt geradezu nach besonderen Kulturformaten, und das werden wir fördern", sagt Rajas Thiele, Geschäftsführer der Mehrzwecksäle GmbH und damit des Kulturwerks.

Auch Norderstedts Stadtpark, der jetzt schon mit Veranstaltungen wie Parkfunkeln und Drachenbootrennen ein großer Anziehungspunkt ist, soll sich zum Kultur-Magneten mit Festplatz und Open-Air-Bühne entwickeln.

"Wir haben ein reiches Kulturleben in Norderstedt, doch darauf darf sich niemand ausruhen", sagt Gabriele Richter. "Jeder Kulturverein sollte jetzt schon überlegen, wo er im Jahr 2020 stehen will, was er anbieten will, wie er wahr genommen werden will", sagt Anette Reinders.