Regionalschüler setzten sich einen Vormittag lang intensiv mit illegalen Drogen, Alkohol, Gewalt und Cybermobbing auseinander.

Norderstedt. Er ist ungefähr vier Quadratmeter groß und vergittert. Leere Wodkaflaschen, Zigarettenkippen und ein alter Computer liegen auf dem Boden verstreut, ein blinkender Glückspielautomat hängt an der Wand. Der Suchtkäfig der Sucht- und Drogenberatungsstelle Norderstedt der ATS soll Symbol sein für die beklemmende Situation, in der sich Suchtkranke befinden. Sie kommen nur schwer raus aus der Abhängigkeit und oft genug schon gar nicht ohne fremde Hilfe.

Der Käfig steht an diesem Donnerstag in einem Klassenzimmer der Regionalschule Garstedt. Wo sonst Mathe oder Deutsch unterrichtet werden, sitzen heute Schülerinnen und Schüler hinter den Gitterstäben. Michaela Wittich von der Beratungsstelle fragt, wie die Schüler sich darin fühlen.

Es ist der zweite Präventionstag der Regionalschule Garstedt. Gewalt und Suchtgefahren sind wichtige Themen an der Schule. Ob Handgreiflichkeiten in der Pause oder Cybermobbing bei Facebook - an der Norderstedter Regionalschule will man offen mit den Problemen der Schülerinnen und Schüler umgehen, sagt Siegfried Hesse, stellvertretender Schulleiter.

Im August 2010 fusionierten die Realschule Garstedt und die Hauptschule Falkenberg zur Regionalschule Garstedt. Insgesamt 437 Schülerinnen und Schüler werden hier von 33 Lehrern unterrichtet. Das Programm des Präventionstages lässt keinen Eltern-Albtraum unberührt: Ob Gewalt, Mobbing, Alkohol, Drogen, Zigaretten oder Glücksspiel - sogar eine Schuldnerberatung ist vor Ort. Die Schulleitung hat viele externe Experten eingeladen, um "die nötige Kompetenz zu haben", wie Siegfried Hesse sagt.

Die Anonymen Alkoholiker sind dabei, die Polizei und Feuerwehr, verschiedene Suchtberatungsstellen und Sportvereine. In der Turnhalle gibt Torben Heyl vom 1. SC Norderstedt Jungen und Mädchen der siebten Klasse Judo-Unterricht. Aggressionen kontrollieren, Alternativen zur körperlichen Auseinandersetzung aufzeigen, lautet das Motto. Torben Heyl versucht, etwas Ordnung in die chaotische Truppe zu bringen. "Jungen und Mädchen dürfen die Übung auch zusammen machen. Glaubt mir, die beißen nicht", sagt der Trainer. Großes Gelächter bei den Schülern. Beim Gerangel auf der Matte kriegen sich zwei Jungen fast ernsthaft in die Haare. Torben Heyl muss eingreifen.

Auch Abseits des Präventionstages wird Achtsamkeit an der Regionalschule groß geschrieben. Vor 15 Jahren wurde die Arbeitsgruppe "Schule ohne Gewalt" gegründet, die sich aus Lehrern, Eltern, Schülern und externen Fachkräften zusammensetzt und einmal im Monat tagt. Tessa Boenigk und Max Peter Littwin, beide 15, sind die Schülervertreter in der Arbeitsgruppe. "Wir sind das Bindeglied zwischen Lehrern und Schülern", erzählt Max. "Wenn etwas passiert, zum Beispiel eine Prügelei, fragen uns die Lehrer, ob wir etwas mitbekommen haben."

Auf dem Flur bilden neongelbe Hütchen einen Parcours. Stefan Scholz von der Polizei Bad Segeberg informiert zum Thema Alkohol im Straßenverkehr. Mit einer speziellen Rauschbrille, die 0,8 und 1,3 Promille simuliert, gilt es, auf einem Roller den Parcours zu durchfahren. "Gar nicht so einfach", stellen Feiz Hasso und Leon Pölz fest. Ein Hütchen nach dem anderen fällt um. "In der Realität hätte das jetzt auch ein Kind oder ein anderer Verkehrsteilnehmer sein können", sagt Stefan Scholz.

Den Jugendlichen die Augen öffnen für Gefahren, das ist Ziel des Präventionstages. "Unsere Schule hat kein besonderes Problem mit Gewalt", betont Siegfried Hesse, "aber viele Probleme von außen werden auch in den Unterricht hineingetragen." Aktueller Negativ-Trend ist zum Beispiel Cybermobbing im Internet und in sozialen Netzwerken. "Deswegen versuchen wir auch, unseren Schülern Medienkompetenz zu vermitteln", sagt der stellvertretende Schulleiter.

Gegen Mittag endet der Präventionstag, aber damit noch nicht die Auseinandersetzung mit den Themen. Die Inhalte werden in den nächsten Tagen im Unterricht aufgearbeitet.