Beim Jubiläumsturnier am Sonnabend können sich Besucher der Wittmoor-Ranch in Norderstedt ein eigenes Bild über das Westernreiten machen.

Norderstedt. Geschossen wird nicht, und Lassos gelten auch auf der Wittmoor-Ranch in Norderstedt als Relikte des Wilden Westens. Peter Raabe, Chef des ältesten Westernreitzentrums im Großraum Hamburg, muss schmunzeln, wenn er mit Vorurteilen über das Westernreiten konfrontiert wird. "Westernreiten ist wie das klassische Reiten eine ernst zu nehmende Reitweise, die aber ihre Wurzeln in der Arbeit der Cowboys hat", sagt der langjährige Landesvorsitzende Hamburg/Schleswig-Holstein der Ersten Westernreiter Union Deutschland (EWU) und fügt hinzu: "Die Grundlagen beider Reitweisen liegen gar nicht so weit auseinander."

Raabe zieht klare Grenzen zu Cowboy-Klischees. Die klassischen Westernpferde-Rassen sind handlicher, kompakter und mit einem Stockmaß um 1,55 Meter nicht so groß wie etwa Hannoveraner, zudem extra zur Gelassenheit ausgebildet. Dazu kommt der bequeme Westernsattel mit Horn und die einhändige Reitweise mit leicht durchhängenden Zügeln. In Deutschland ist Westernreiten längst ein anerkannter Turniersport. Es gibt geprüfte Trainer. Pferdewirte können sich inzwischen mit dem Schwerpunkt Westernreiten ausbilden lassen.

Beim Jubiläumsturnier am 6. Oktober auf der Ranch, die am Tangstedter Forst in Norderstedt liegt, sollten sich die Besucher ein eigenes Bild machen, rät Raabe. 25 Jahre besteht dann das Westernreitzentrum. Insgesamt 26 Wettbewerbe stehen zwischen 8 und 18 Uhr auf dem Gelände am Wilstedter Weg 49 auf dem Programm. Neben typischen Turnierdisziplinen wie Horsemanship, Pleasure, Reining und Trail hat Raabe, der bereits mehrfach die German Open der EWU mitorganisiert hat, mit einem Augenzwinkern auch ausnahmsweise alte Westernkonkurrenzen als Sonderprüfungen angeboten. Für Zuschauer besonders interessant sein dürften ein Barrel-Race um Fässer, bei dem der schnellste Reiter gewinnt, und Pole-Bending - ein Galopp-Slalom um Stangen.

Gestresste Großstädter finden auf der Ranch Ruhe und Abwechslung

Lebensgefährtin Mareike Linsner, die mit Raabe die Ranch betreibt, empfiehlt den Horse-&-Dog-Trail. "Hier müssen Hund, Pferd und Reiter so perfekt zusammenspielen, dass sie gemeinsam einen Parcours mit verschiedensten Hindernissen, wie eine Brücke oder ein Tor, bewältigen", sagt die erfolgreiche Turnierreiterin und Hundetrainerin, die auf der Ranch eine Hundeschule betreibt. Inzwischen werden in der Disziplin sogar deutsche Meisterschaften ausgetragen. Für Freizeitreiter kann das Training mit Pferd und Hund ganz praktische Vorteile haben: "Wenn der Hund als Begleiter beim Ausreiten beim Pferd bleibt und nicht durch Wälder streunt."

Was macht das Westernreiten so attraktiv? Für Raabe und Linsner ist es vor allem der partnerschaftliche Umgang mit dem Pferd und die artgerechte Herdenhaltung auf Weiden statt einer ausschließlichen Unterbringung in Boxen. Viele Westernpferde - typisch sind American Quarterhorses, Appaloosas, Paints und Haflinger - seien deswegen auch sehr ausgeglichen.

Zivilisationsmüde oder beruflich strapazierte Großstädter gehören auf der Wittmoor-Ranch zu den Einstellern. Corinna etwa, die viel unterwegs ist und für einen Mineralölkonzern Flüssiggas verkauft. Sie reizt der partnerschaftliche Umgang mit dem Pferd: "Beim Englischreiten fängt das Reiten auf dem Pferd an, beim Westernreiten dagegen mit dem ersten Kontakt zum Tier." Das Pferd von der Weide holen, das Verhalten der Tiere in der Herde beobachten und verstehen lernen, die Denkmuster der Pferde fürs eigene Verhalten und die Ausbildung der Vierbeiner nutzen, all dies gehört für Corinna dazu.