Einzigartige Kulisse: Nach Zwangspause 2011 wurden die Rennen auf Krautsand wieder zum Publikumsmagneten. Gute Geschäfte am Totalisator.

Drochtersen-Krautsand. Krautsand ist anders als jedes andere Derby. Ein erfahrener Traber-Hengst wie Gucci Diamant weiß das. Er ist nicht zum ersten Mal auf der Strandstrecke der Elbinsel am Start. Er bläht die Nüstern, spitzt die Ohren, seinen aufmerksamen Augen entgeht nichts. Vor allem die prächtigen Stuten hat er im Blick und wiehert in der hohen Tonlage erregter Begeisterung.

Mit zehn Jahren ist der edle Traber, der aus einer bayerischen Zucht in Starnberg stammt, kein Youngster mehr in der Szene. Aber er hat ein Gespür für die schönen Seiten des Sports. Zum Beispiel diese Stuten, der Geruch des nahen Wassers und die frische Brise, die ein bisschen nach Nordsee riecht, gefallen ihm.

Während Drochtersens Bürgermeister Hans-Wilhelm Bösch und Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister, CDU, die Eröffnungsreden zum 18. Krautsander Elbstrandrennen halten, nachdem der Renntag im vergangenen Jahr aus organisatorischen Gründen ein einziges Mal ausgefallen war, flirtet der braune Traber mit der fast schwarzen Schönheit, die gerade mit ihrem Besitzer ein paar Aufwärmrunden dreht. Gucci Diamant wiehert und schnaubt noch einmal hinüber mit aller Eleganz seiner Erscheinung. Als einer der wenigen Hengste zwischen all den Wallachen könnte er Hahn im Korb sein - wäre er jetzt mit den Stuten auf der Koppel.

Aber hier, steht harte Arbeit auf dem Programm. Die etwa 1750 Meter lange Rennstrecke muss bewältigt werden. Für die sechs Rennen sind immerhin 10.000 Euro von Sponsoren ausgesetzt worden. Da lohnt sich der Einsatz für Pferd und Reiter. Und auch die Besucher können am Totalisator wetten und einiges an Geld gewinnen. Wenn sie denn aufs richtige Pferd setzen.

Direkt am Elbwasser ist das Laufen für alle Traber zwar gewöhnungsbedürftig, aber nur halb so strapaziös wie auf dem Part im weichen Sand. Auch wenn die Piste von den Organisatoren vom Verein für Pferderennen am Krautsander Elbstrand unter Federführung des Vorsitzenden Dieter Baukloh hervorragend präpariert wurde, bleibt es für Traber und Rennfahrer im Sulky Schwerstarbeit.

"Mit seinen zehn Jahren ist Gucci Diamant eher ein Oldie im Starterfeld", sagen seine Besitzer Margitta und Ingo Müller aus Alveslohe bei Quickborn. In seinen Glanzzeiten hat ihr Hengst 27 Rennen gewonnen und mehr als 25.000 Euro Preisgeld eingefahren. "Zur Höchstform laufen die Traber ab drei Jahren auf, wenn sie 14 Jahre und älter sind, beenden sie ihre Laufbahn", sagt der erfahrene Trainer und Berufsrennfahrer Ingo Müller. "Wenn Gucci Diamant hier in zwei Rennen trabt, hat er wirklich Großes geleistet."

Und Leistung wird belohnt, egal, wie es in der Zielgeraden ausgeht. Margitta Müller und ihre Helfer Stefanie und Jens Schmidt verwöhnen Gucci mit Schmuse- und Streicheleinheiten, während das erste Rennen bereits vor großem Publikum gestartet wird.

Gucci ist im zweiten Rennen am Start und wird eingeschirrt. Nervös ist der Traber nicht, aber diese Stuten, die an ihm vorbeitänzeln, sorgen für einen ordentlichen Adrenalinschub, der vor dem Rennen genau richtig kommt.

Dann wird die rote Startflagge für das zweite Rennen des Tages um den mit 2000 Euro dotierten Preis der Kreissparkasse Stade und von Stat Control gehoben und das Feld trabt im schweren Sand an. Bereits nach der ersten Kurve ist es weit auseinander gezogen. Union Island, der achtjährige Hengst mit Markus Woelk im Sulky setzt sich an die Spitze. In der zweiten Kurve dann das Malheur. Direkt vor Gucci schleudert der Sulky von Laura Giebel hinter dem achtjährigen Wallach Ischvan aus der Bahn, reißt vom Pferd ab, das vor den Publikumsreihen aufgefangen wird. Ingo Müller im Sulky hat das Geschehen vor Augen, als sich auch bei Gucci ein Haltegurt vom Trabergeschirr löst. Der 65-Jährige ist erfahren genug um hier das Tempo so zu reduzieren, dass kein Risiko für Ross und Rennfahrer heraufbeschworen wird. Sachte trabt Gucci Diamant am Ende des Teilnehmerfeldes über die Ziellinie. "So ist das halt beim Sport", sagt Margitta Müller.

Während Gucci ausgeschirrt wird, hat sich Julia Frank aus Hammah mit einer eleganten Hutkreation besonders schön gemacht. Denn nicht nur die Traber stehen im Ascot des Nordens im Blickpunkt, sondern auch die schönsten Hutmoden der Damen. Julia hat sich das für ihren elften Geburtstag gewünscht und ist mit ihren Eltern Diane und Claus Frank und ihrem Bruder Yannick extra auf die Elbinsel gekommen. Wenn sie dann noch einen Preis gewinnen würde, wäre das ihr schönstes Geschenk. Aber auch wenn sie, wie Gucci, diesmal keinen Preis gewinnt, so ist es ein herrliches Erlebnis, die Rennen vor der Elb-Kulisse mit den großen Pötten zu sehen.

Auch für die Renndebütantin Laura Giebel war es ein großer Tag im Sulky. Von den sechs gestarteten Rennen konnte die junge Fahrerin, die aus Lamstedt kommt, drei gewinnen und den amtierenden Krautsander Rennkönig Markus Woelk vom Thron stoßen. Als neue Krautsander Rennkönigin wurde Laura Giebel mit allen Ehren der Traber-Gilde gekrönt. Und für Gucci Diamant war es ebenfalls ein schöner Renntag am Elbstrand - schon allein wegen der Stuten.