Politikum: Die Einsatzzeiten der Feuerwehr sind zu lang. Darüber soll jedoch in Henstedt-Ulzburg nicht öffentlich gesprochen werden.

Henstedt-Ulzburg. Mit einem Redeverbot für die Führung der Freiwilligen Feuerwehr versucht die Gemeindeverwaltung in Henstedt-Ulzburg erneut, die Berichterstattung in den lokalen Medien zu beeinflussen. Das Ordnungsamt untersagte dem stellvertretenden Gemeindewehrführer Jan Knoll, Fragen der Norderstedt-Redaktion des Hamburger Abendblattes über Zeitverzögerungen bei Feuerwehr-Einsätzen zu beantworten.

Erst vor wenigen Wochen hatte sich Bürgermeister Elisabeth von Bressensdorf (CDU) massive Kritik anhören müssen, weil sie den Journalisten Jörg Schlömann von ihrer monatlichen Presserunde ausgeschlossen hatte. Verbände und Parteien liefen Sturm gegen die Entscheidung, die die Bürgermeisterin mit der angeblich unsachlichen Berichterstattung Schlömanns in dem Online-Portal "Ulzburger Nachrichten" begründet hatte.

"Wir dürfen nichts sagen", antwortete Feuerwehrmann Jan Knoll auf die Fragen der Abendblatt-Redaktion und verwies an Henstedt-Ulzburgs Ordnungsamtschef Joachim Gädigk. Er begründete den Maulkorb damit, dass sich die Diskussion über Fahrzeiten und Ausrüstung der drei Ortswehren zu einem Politikum entwickelt hätten. Über Feste und Einsätze dürfe die Feuerwehr aber weiterhin die Öffentlichkeit informieren, sagte Gädigk.

Rechtlich ist die Anordnung nicht zu beanstanden, da die Gemeinde mit der Bürgermeisterin an der Spitze als Dienstvorgesetzte fungiert. Dass die Verwaltung jedoch der Feuerwehr gleichsam das Wort entzieht, bezeichnen Führungskräfte aus Nachbarorten als "sehr ungewöhnlich".

Die Anordnung aus dem Rathaus kam, nachdem die Wehrführung bereits in Ausschüssen öffentlich über ihre Probleme berichtet hatte. Gemeindewehrführer Wolfgang Konrad wird mit den Worten zitiert: "Gerade bei Stoßzeiten, bei viel Verkehr oder fehlendem Personal ist es manchmal nicht möglich, rechtzeitig am Einsatzort einzutreffen." Außer vollen Straßen im Berufsverkehr machen den Einsatzkräften die parkenden Fahrzeuge rund um die Wache an der Maurepasstraße zu schaffen. Das Problem: Die Verkehrslage führt sowohl bei der Fahrt mit den Privatautos zur Wache als auch bei Einsatzfahrten mit den Feuerwehrfahrzeugen zum Unglücksort zu Verzögerungen.

Feuerwehr ist bei ihren Einsätzen bis zu 13 Minuten unterwegs

Konrad hatte im Feuerwehrausschuss eine Grafik von Henstedt-Ulzburg mit Radien über die Einsatzzeiten vorgestellt. Daraus geht hervor, dass die Feuerwehr bis zu 13 Minuten unterwegs ist. Das Brandschutzgesetz schreibt jedoch vor, dass "unter normalen Umständen" eine Hilfsfrist von zehn Minuten einzuhalten ist.

Sollen unangenehme Wahrheiten verschwiegen werden? Die Politiker wurden während der Ausschusssitzung von der Feuerwehr kalt erwischt. Sie wussten nicht, dass die Probleme so gravierend sind. Zwar hatte die Feuerwehr schon während einer Sitzung des Ausschusses für Planung und Umwelt auf die Probleme durch parkende Autos an der Maurepasstraße hingewiesen, aber mehr war nicht bekannt.

Die Verwaltung hingegen soll von dem Problem gewusst haben. Schon vor einem Jahr, so heißt es, soll die Verwaltung von der Feuerwehr schriftlich auf das Problem hingewiesen worden sein - eine Antwort soll es bisher nicht gegeben haben. Angeblich wurde das Thema zur Chefsache gemacht. Der Chef aber, der hauptamtliche Bürgermeister Torsten Thormählen, ist seit Februar nicht mehr im Dienst. Seinen Job hat vorübergehend Elisabeth von Bressensdorf übernommen.

Mit Ausnahme der CDU haben die Ratsfraktionen wenig Verständnis für das Vorgehen der amtierenden Bürgermeisterin. "Warum sollte sich die Feuerwehr nicht dazu äußern?", sagt Horst Ostwald von der SPD, der aber davor warnt, mit diesem Thema politisch punkten zu wollen. "Schließlich ist das ja während einer öffentlichen Sitzung zur Sprache gekommen."

Die WHU ist der Ansicht, dass öffentlich gemacht werden muss, welche Folgen das Wachstum der Gemeinde hat. "Ein Maulkorb für die Feuerwehr ist deshalb nicht gerechtfertigt", sagt die Fraktionsvorsitzende Karin Honerlah. Ähnlich betrachtet es auch Klaus-Peter Eberhard von der FDP: "Wenn der Ort Probleme hat, muss darüber geredet werden." Kommunikation und Transparenz seien wichtig. "Mit einem Maulkorberlass verbessern sich die Probleme nicht."

Parteien kritisieren das Verhalten der Verwaltung - bis auf die CDU

Tile Abel, Vorsitzender der neuen Fraktion Bürger für Bürger (BfB), hat Verständnis dafür, dass die Feuerwehr mit ihrem Problem an die Öffentlichkeit geht, wenn sie merkt, dass von Verwaltungsseite nicht darauf eingegangen wird. "Ein Maulkorberlass taugt nie etwas."

Die CDU hat hingegen Verständnis für den "Maulkorberlass" der Christdemokratin von Bressensdorf. "Es war schon unglücklich, dass während einer öffentlichen Ausschusssitzung über dieses Thema berichtet wurde, ohne es mit der Verwaltung abzusprechen", sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Folker Brocks. "Frau von Bressensdorf vertritt die Gemeinde, sie ist auch für die Feuerwehr Dienstvorgesetzte."

Einig sind sich die Politiker allerdings, dass die anstehenden Probleme der Feuerwehr gelöst werden müssen, da vor allem die Bewohner des Ortsteils Rhen mit der regional wichtigen Paracelsus-Klinik im Ernstfall nicht rechtzeitig erreicht werden können.

Elisabeth von Bressensdorf war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.