Hoch belastete Polizeidirektion Segeberg: Innenminister Andreas Breitner stand bei der Gewerkschaft der Polizei Rede und Antwort.

Kreis Segeberg. Andreas Breitner ist für viele Polizisten aus den Kreisen Segeberg und Pinneberg einer von ihnen. Schließlich hatte der neue schleswig-holsteinische Innenminister zwischen 1990 und dem Jahr 2000 selbst als Polizist im Norden gearbeitet. Trotz aller Verbundenheit aber kann der SPD-Politiker seinen hoch belasteten Ex-Kollegen aus der Polizeidirektion Segeberg keine entscheidende Verbesserung ihrer Situation bescheren. "Wir müssen den Mangel verwalten und ihn möglichst gerecht verteilen", sagte Breitner während einer Versammlung der Regionalgruppe Segeberg-Pinneberg der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Quickborn. "Wir haben insgesamt zuwenig Personal. Ich finde überall im Land eine Polizei vor, die unter der Belastung ächzt", so der Minister, der selbst GdP-Mitglied ist. "Ich knie mich für die Polizei rein, kann aber keine Wunder vollbringen."

Ein Großteil der zugesagten Verstärkung kommt erst 2015/2016

Ende 2011 war verkündet worden, die Direktion Segeberg bekomme im Zuge einer landesweiten Umverteilung von Stellen zusätzliches Personal. 36 zusätzliche Stellen bei der Schutzpolizei und drei Stellen bei der Kriminalpolizei sollen in den Kreisen Segeberg und Pinneberg. Wie der Innenminister und der Direktionsleiter Heinz Parchmann jetzt in Quickborn sagten, wird der Großteil der Verstärkung jedoch erst bis 2015/2016 ankommen. Vor allem, weil die sogenannten Geberdirektionen wie Itzehoe, die Posten abgeben müssen, Zeit für die Umorganisation brauchen. "In Flensburg, Itzehoe und Husum ist doch auch kein Polizist über", sagte Breitner. "Und es sollen keine Kollegen gegen ihren Willen kreuz und quer durch Schleswig-Holstein versetzt werden", sagt der hiesige Direktionschef Parchmann.

Der Chef von annähernd 800 Polizisten im Südwesten des Landes sagte, dass im laufenden Jahr sieben Planstellen bei der Schutzpolizei und ein Kripoposten neu bei der Direktion angegliedert werden. "Die sieben Stellen der Schutzpolizei kommen aber nicht bei den Revieren an, sondern gehen alle an die Regionalleitstelle in Elmshorn", sagt Reimer Kahlke, Vorsitzender der GdP-Regionalgruppe. "Die Reviere im Kreis Pinneberg sind ganz schlimm dran." Nach Informationen des Hamburger Abendblatts beträgt die Ist-Stärke in den Revieren Wedel, Pinneberg, Rellingen und Elmshorn durchschnittlich nur annähernd 90 Prozent.

Bei der Kripo gibt es mehr Abgänge als Neueinstellungen

Gewerkschafter Kahlke macht dem Direktionsleiter Parchmann keine Vorwürfe. "Er kann nichts verteilen, wenn es nichts zu verteilen gibt", sagt der GdP-Regionalgruppenchef. Auch die Gewerkschaft sei der Meinung, dass es nirgendwo im Land zu viel Polizei gebe. Erschwert wird die Lage laut Kahlke dadurch, dass auch in diesem Jahr in Schleswig-Holstein deutlich weniger Nachwuchskräfte die Ausbildung beenden und in den täglichen Dienst einscheren als Beamte ausscheiden. "Wir haben in diesem Jahr im Land 46 Abgänge bei der Kripo, aber nur 17 neue Kollegen. Es wird auch in den kommenden beiden Jahren so bleiben, dass es zuwenig Neueinstellungen gibt", sagt Kahlke.

Oliver Malchow, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, sagte vor den Beamten in Quickborn, immer mehr Polizisten seien enttäuscht und frustriert. "Wir reden seit Jahren über ein Personaldefizit von 160 Stellen im Land. Die hohe Belastung zeichnet sich in bestimmten Krankheitsbildern ab", so Malchow. Anonymisiert wurde ein Bericht eines Polizisten verlesen, der beklagt, er sei 26 Tage hintereinander im Dienst gewesen. "Muss man sich erst den Arm in der Tür klemmen, um mal frei zu bekommen?" "Wir haben hier in der Direktion Segeberg eine hohe Belastung auch an Wochenend- und Nachtdiensten", sagt Heinz Parchmann. Trotzdem wuppe die hiesige Polizei alle ihre Pflichtaufgaben.

Die Probleme aber wachsen noch. Parchmann sprach in Quickborn selbst von neuen Einsatzschwerpunkten durch die Rockerkriminalität gerade im Kreis Segeberg und durch Einbruchserien im Hamburger Randbereich. Zusätzlich zum täglichen Dienst in den örtlichen Dienststellen müssen sich viele Polizisten aus der Direktion an den Wochenenden in die bis zu 121-köpfige Einsatzhundertschaft einreihen. Diese Einsatzhundertschaft kommt auch bei Großeinsätzen in anderen Bundesländern zum Zuge, sei es rund um Fußballspiele mit gewaltbereiten Fans oder bei Demonstrationen.

Und immer häufiger müssen Polizisten um ihre eigene körperliche Unversehrtheit fürchten. "Die Gewalt hat zugenommen. Und das Risiko, als Polizist verletzt zu werden, hat zugenommen", sagt Innenminister Breitner. In Kiel gebe es Bereiche, in denen bei Einsätzen eine Streifenwagenbesatzung die andere schützen müsse.