Erol Sander verkörpert seit 2007 den Apachen-Häuptling. Am Sonntag könnte es sein letzter Auftritt bei den Karl-May-Festspielen sein.

Bad Segeberg. Die Segeberger Kalkberg GmbH muss sich offenbar nach einem neuen Winnetou-Darsteller umsehen. TV-Star Erol Sander, der den Apachen-Häuptling seit 2007 verkörpert, steht am Sonntag zum letzten Mal auf der Freilichtbühne am Kalkberg. Das erklärte der Schauspieler gestern gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa). Nach Angaben von Karl-May-Geschäftsführerin Ute Thienel ist eine Entscheidung über den Abschied des beliebten Darstellers jedoch noch nicht gefallen.

Warum Erol Sander sich aus Bad Segeberg verabschiedet oder verabschieden muss, ist nicht klar. Der Schauspieler selbst wäre offenbar gerne geblieben: "Ich hätte gerne weitergemacht", sagte Sander gegenüber der dpa. Wie groß die Differenzen zwischen Erol Sander und der Kalkberg GmbH sind, wird an dem Wortlaut der Erklärungen deutlich: Die Erklärung gegenüber dpa war offenbar von Sander selbst oder seinem Management ohne Abstimmung mit der Festspielleitung herausgegeben worden.

Karl-May-Geschäftsführerin Ute Thienel bezieht sich in ihrer Erklärung auf die "Presseerklärung von Erol Sander". Ihre Erwiderung ist knapp: "Der Vertrag mit Erol Sander läuft noch bis zum Ende der Saison 2012 bis einschließlich 2. September 2012. Vertragsgemäß wird über einen neuen Vertrag bis 5. September 2012 entschieden."

Tatsächlich war Erol Sander an einer Verlängerung des Vertrages interessiert. Das hatte er kurz vor Beginn der Proben zum aktuellen Stück "Winnetou II" in einem Telefoninterview gegenüber dem Abendblatt erklärt. Im Wikipedia-Eintrag über die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg war bereits vor Wochen zu lesen, dass Sander auch im kommenden Jahr die Rolle des Winnetou übernimmt. Inzwischen wurde dieser Eintrag wieder gelöscht.

Eine Option für das kommende Jahr gab es offenbar nicht. Davon geht zumindest der Hamburger Schauspieler Joshy Peters aus. Der Co-Star der Karl-May-Spiele arbeitet seit 2007 eng mit Erol Sander zusammen. Als Old-Shatterhand-Darsteller gehört er während der Festspiele zu den engsten Vertrauten des TV-Stars. Das Verhältnis zwischen ihnen bezeichnet er als ausgesprochen gut und "mehr als kollegial". Aber auch Peters wurde gestern von der Nachricht über Sanders Ausscheiden überrascht. "Die Stimmung hinter den Kulissen war völlig normal und entspannt", sagt Peters. "Es gab keine Anzeichen für einen Krach zwischen Erol und der Geschäftsführung." Dieser Eindruck wird von einer Statistin geteilt: "Es war eine Superstimmung, auch zu Erol war das Verhältnis sehr gut." Regisseur Norbert Schultze jun. legte sich ins Bett, um die Nachricht aus Bad Segeberg zu verdauen. "Er schläft", teilte seine Lebensgefährtin mit.

Für Thomas Winkler, Festspiel-Insider und Vorsitzender des deutschlandweiten Karl-May-Archivs, gibt es nur eine Erklärung für das Verhalten Sanders: "Er will eine höhere Gage." Nach seinen Erkenntnissen hat Erol Sander bei den Karl-May-Spielen viele Fäden in der Hand und bestimmt, wer mit ihm spielen darf und wer nicht.

Die harte Hand des beliebten Schauspielers haben schon einige Darsteller zu spüren bekommen. Vor zwei Jahren soll ein Schauspieler kurz vor der Premiere entnervt das Handtuch geworfen und das Theater von einer Minute auf die andere verlassen haben. Joshy Peters formuliert es so: "Erol Sander erwartet viel von anderen, aber auch von sich selbst." Erol Sander selbst ging gestern nicht ans Telefon

Die Karl-May-Saison 2012 hat bisher nicht ganz die Erwartungen erfüllt. Die Zuschauerzahlen bleiben hinter denen des vergangenen Jahres zurück. Die Grenze von 300 000 Zuschauern wird kurz vor Ende der Spiele - sieben Aufführungen stehen noch aus - wahrscheinlich nicht erreicht. Schwarze Zahlen werden aber dennoch geschrieben: Mindestens 200 000 Besucher müssen kommen, um die Kosten zu decken. Dieses "Schallgrenze" wurde bereits vor zwei Wochen erreicht.

Auch wenn es ein Ende mit Knalleffekt geben sollte, Erol Sander ist stolz auf seine Karl-May-Zeit: "Es war eine große Ehre, diese Rolle zu spielen." Für die Kalkberg GmbH beginnt im Falle seines Ausscheidens die Suche nach einem Nachfolger: Es wird nicht leicht sein, einen ähnlich populären Schauspieler nach Bad Segeberg zu locken.