Erweiterung einer Anlage sorgt in Schmalfeld für heftigen Streit. Nun werden die Einwohner zur Wahlurne gebeten. Wann, steht noch nicht genau fest.

Schmalfeld. Biogasanlagen sorgen in vielen Städten und Gemeinden des Kreises für heftige Diskussionen - so auch in Schmalfeld. Bei der Auseinandersetzung geht es darum, ob die Kapazität einer bestehenden Anlage erhöht werden darf, also künftig die Beeinträchtigungen der Bürger noch weiter zunehmen. So wie es aussieht, werden nun die Schmalfelder Bürger im Rahmen eines Bürgerentscheids über die Zukunft der Biogasanlage ein Wörtchen mitreden. Das ist das Ergebnis der jüngsten Bau- und Planungsausschusssitzung vom Dienstagabend:

Etwa 100 Menschen drängen sich um 19.30 Uhr im viel zu kleinen Raum des Hotels Holstenhof. Aus den Nebenräumen werden eilig zusätzliche Stühle hereingetragen. Vor einer provisorisch aufgebauten Leinwand sitzen sechs der sieben Mitglieder des Bau- und Planungsausschusses und Bürgermeister Klaus Gerdes. Der ein oder andere hat bereits sein Bier vor sich, die anderen bestellen noch schnell. Neben den Entscheidungsträgern sitzt Udo Petersen, der Experte aus dem Planungsausschuss des Kreises Segeberg. Er wird im Verlauf des Abends über vorhabenbezogene Baupläne sprechen - ein Thema, nach dem selbst im ländlichen Schmalfeld sonst kein Hahn kräht, heute aber hängen die aufgebrachten Bürger an seinen Lippen.

Gegner der Anlage haben vor der Sitzung 750 Flyer verteilt

Vordergründig geht es um eine Erweiterung der Biogasanlage von Jan Fölster, zu der nicht einmal eine bauliche Veränderung notwendig wäre. Genauer gesagt geht es erst mal nur um eine Empfehlung des Ausschusses an die Gemeindevertretung. Hinter den Kulissen gibt es allerdings einigen Wirbel.

Bereits seit einiger Zeit formiert sich im Dorf Widerstand gegen die Biogasanlage. Im Vorfeld der Sitzung verteilte eine Bürgerinitiative Flyer an 750 Haushalte mit dem Aufruf, an der Sitzung teilzunehmen.

Gesellschafter der Biogasanlage ist unter anderem auch Lars Gerdes, Sohn des Bürgermeisters Klaus Gerdes, und mit diesem zusammen Eigentümer des zugehörigen Hofs. Vorsorglich erklärt sich deshalb Bürgermeister Gerdes für befangen und verlässt den Raum.

Schon als der Vorsitzende Sebastian Sahling, pikanterweise auch Bauleiter der Biogasanlage, versucht, die Tagesordnungspunkte vorzutragen, regt sich Widerspruch. Kurzerhand wird die Einwohnerfragestunde geteilt.

Was dann folgt, ist für einen der Zuhörer ein "Tribunal", bei dem Jan Fölster Rede und Antwort zu seiner Anlage stehen muss. Für die Mehrheit der anwesenden Bürger sind es knapp bemessene 15 Minuten, um vor der Beschlussfassung ihre Fragen zu stellen und ihren Sorgen Ausdruck zu verleihen.

Hauptkritikpunkt an der Anlage ist neben der "Vermaisung" der Landschaft vor allem der Schwerlastverkehr zwischen Anlage und Feldern. Die Straßen seien verschmutzt, der Lärm belästige die Anwohner, und die Laster beeinträchtigten die Sicherheit der Kinder auf ihrem Schulweg, bemängelt die Bürgerinitiative. Andreas Severin wohnt 250 Meter von der Biogasanlage entfernt. "Acht Leute verdienen mit dieser Anlage, und der Rest des Dorfes muss darunter leiden. In der Erntezeit ist es mir unmöglich, auf der Terrasse zu sitzen und in der Nacht komme ich vor lauter Lärm nicht in den Schlaf", sagt er. Bei einer Erweiterung der Biogasanlage fürchtet er noch mehr Verkehr, Schmutz und Lärm. Ob diese Folgen tatsächlich in erheblichem Ausmaß eintreten, ist nicht ganz klar.

"Natürlich", sagt die Bürgerinitiative; "nur marginal", sagt Jan Fölster. Sein Problem: Derzeit darf er nur 2,3 Millionen Kubikmeter Gas im Jahr produzieren. Bei einer erfolgreichen Erweiterung wäre es doppelt so viel. Erreichen will Jan Fölster das nur durch eine Steigerung der Effizienz in seiner Anlage. "Schon jetzt könnte ich durch bessere Motoren und optimierte Prozesse leicht doppelt so viel produzieren, wie ich momentan darf", sagt der Landwirt.

Für Jürgen Fahsel ist dagegen die gesamte Arbeitsweise einer Biogasanlage ethisch fragwürdig: "Es kann nicht sein, dass Nahrungsmittel zur Erzeugung von Energie genutzt werden." So würden lediglich die Preise für Brot und Getreide in die Höhe getrieben.

Jan Fölster versteht dieses Argument, sagt aber auch: "Solange so viel Essen weggeschmissen wird, sehe ich die Erzeugung von Energie aus Mais nicht kritisch." Er benutze im Verhältnis zu anderen Betreibern bereits wenig Mais. Momentan sind es 40 bis 50 Prozent. Wenn er könnte, würde er in Zukunft ganz auf Gülle und Mist setzen, das rechne sich aber nicht. In diesem Jahr hat er bereits mehr Rüben angebaut, um der "Vermaisung" entgegenzuwirken. Das Gefühl, dass seine Bemühungen anerkannt werden, hat Jan Fölster nicht. "Manchmal fühle ich mich wie ein kleiner Junge, der an die Hand genommen und beschützt werde muss", sagt er. "Dabei machen wir gar nichts Verbotenes."

Bauausschuss kann sich am Ende dem Druck der Anwesenden nicht entziehen

Nach zweistündiger Diskussion sind die Bürger immer noch aufgebracht und die Spannung groß. Erst Experte Udo Petersen wendet das Blatt. Als er von der Möglichkeit eines von der Gemeinde angeordneten Bürgerentscheids spricht, brandet spontaner Beifall auf. Am Ende können sich die Mitglieder des Bauausschusses dem Druck der hundert Menschen im Raum nicht entziehen. Sie empfehlen der Gemeindevertretung einen Bürgerentscheid.

Für die Bürgerinitiative ist das ein unerwarteter Zwischensieg. Jan Föster sitzt erschöpft an einem Tisch im Holstenhof. Auch er ist für den Bürgerentscheid: "Ich wohne in Schmalfeld, meine Kinder wohnen hier. Es bringt mir nichts, wenn mir aus dem Dorf keiner mehr in die Augen sieht."

Wann die Bürger zur Wahlurne gehen können und wie genau die Frage lauten wird, über die abgestimmt wird, entscheidet sich vermutlich in den kommenden Wochen.