In jedem achten deutschen Haushalt lebt ein Hund. Besitzer haben im vergangenen Jahr 3,78 Milliarden Euro für deren Wohl ausgegeben.

Kreis Segeberg. Es ist wirklich kein Wunder, dass der Hund gemeinhin als der beste Freund des Menschen gilt. Hunde sind treu, intelligent, folgsam und sehr anhänglich. Und wie schön ist es, an einem sonnigen Frühlingsmorgen einen langen Spaziergang mit dem besten Freund zu unternehmen oder einfach auf einer Wiese mit ihm herumzutollen. In vielen Familien sind die Vierbeiner der Mittelpunkt, um den sich alles dreht.

Doch viele Menschen übertreiben dabei sicherlich in ihrer Liebe zum Tier: So darf der eine Vierbeiner auf dem Sofa oder gar im Bett schlafen, der andere wird besser ernährt als 90 Prozent der Weltbevölkerung, und vom dritten wird erwartet, ein menschliches Verhalten an den Tag zu legen - ganz nach dem Motto: "Bello, wie oft habe ich dir schon gesagt, ...."

Laut dem Industrieverband des Heimtierbedarfs gaben die Bundesbürger im vergangenen Jahr 3,78 Milliarden Euro für Futter und Zubehör aus. Im Jahr 2000 waren es noch 2,77 Milliarden gewesen. 5,4 Millionen Haushalte zwischen Flensburg und Füssen halten sich einen Hund, das sind immerhin 13,2 Prozent aller deutschen Haushalte. Das bedeutet, dass im Jahr 2011 im Schnitt jeder Hundebesitzer monatlich circa 60 Euro ausgab - nur für Futter und Hunde-Zubehör.

Werden unsere vierbeinigen Begleiter zu sehr "vermenschlicht"? "Solange der Mensch nicht sein Denken umstellt, werde ich genug zu tun haben", sagt Monika Böhnke, Hundepsychologin und -therapeutin in Norderstedt, "viele Hunde werden vom Menschen schon fast ,totgeliebt'."

Viele Hunde zeigen mittlerweile Verhaltensauffälligkeiten

Auch ohne groß die Werbetrommel zu rühren, ist die Nachfrage nach Hunde-Therapie sehr gut nachgefragt - Tendenz steigend. Die Hunde, um die sich die 51-Jährige kümmert, zeigen Verhaltensauffälligkeiten oder leiden an Depressionen. Mit dem Ziel, den Vierbeinern etwas Gutes zu tun, schießen heute viele Hundehalter über das Ziel hinaus, ist sich die Hundeexpertin sicher. "Nirgendwo in der Natur gibt es ein Leittier, das mit einem Futterbeutel in der Hand herumläuft", sagt Böhnke, die zwischen fünf und zwanzig Hunde gleichzeitig betreut. "Wenn ein Hund weniger als zwei Stunden am Tag mit anderen Hunden zusammenkommt, wird er vermenschlicht, ihm fehlen die natürlichen Sozialkontakte. Wären wir Menschen täglich weniger als zwei Stunden mit anderen Menschen zusammen, wäre das auch nicht gut für uns."

Seit mehr als 30 Jahren beobachtet die Hundepsychologin und -therapeutin die Vierbeiner und versucht, ihre Sprache zu erlernen. "In meinem Rudel bin ich der Hund auf zwei Beinen. Was ich als Leittier vorlebe, wird von den anderen kopiert." Macht Monika Böhnke einen Schritt, folgt das Rudel ihr ganz selbstverständlich.

In der Hundepension können die Hunde abends fernsehen

Auch Sonja Stoffers wird von Hunden auf Schritt und Tritt begleitet. Während Hundebesitzer in den Süden fliegen, machen die Hunde Urlaub in Oering. In ihrer Hundepension betreut die 59-Jährige momentan sechs Hunde. Auf der Hundewiese hinter ihrem Haus haben die Hunde täglich Auslauf. Auch Spaziergänge kommen nicht zu kurz. "Abends wird dann gemeinsam ferngesehen. Hin und wieder passiert es auch, dass ein Hund auf mir einschläft", sagt sie. Die Hunde wohnen mit bei ihr in der Wohnung. Heimweh gebe es kaum. "Die Hunde hängen sich an mich, während sie hier sind. Manchmal kommt es sogar vor, dass sie gar nicht wieder weg wollen. Sie genießen es, den ganzen Tag mit anderen Hunden zu spielen", sagt Stoffers, die seit 2006 die Hundepension führt.

Hilfe bekommt sie von ihrer Nachbarin und Freundin Brigitte Hoppe. Als zweites Standbein bietet sie außerdem Ernährungsberatung an. Die Ernährungsmethode, die sie vorstellt, basiert auf der natürlichen Ernährung des Wolfes. "Die Nährstoffe sind genau die gleichen wie bei einer Fütterung mit Rohfleisch und frischem Gemüse", sagt Stoffers. Die Zubereitung sei nur nicht so zeitintensiv, da nicht alles frisch zubereitet werde, sondern in Dosen bestellt werden könne. "Die Dose wird aber im geschlossenen Zustand erwärmt, so wird sichergestellt, dass alle Nährstoffe im Futter bleiben", betont Stoffers.

Um artgerechte Fütterung kümmert sich auch Nicole Buske. Die 41-Jährige, die jahrelang als Zoofachverkäuferin arbeitete, verkauft nun Spezialfutter und Frischfleisch. In ihrem Laden "Katz und Hund" kommen insbesondere Allergiker-Hunde auf ihre Kosten. "Der Hund ist ein Aas- und Fleischfresser", sagt Buske, "Das Bewusstsein der Hundehalter für artgerechte Fütterung nimmt zu."

Die Hundefriseurin entfernt auch Zecken und Zahnstein

Auch nebenan dreht sich alles um den Hund. Mit Schere, Schermaschine und Trimmer befreit Manuela Göbel jeden Hund von überflüssigem Fell. Zwei bis zweieinhalb Stunden kann so eine neue Hundefrisur mit Baden und Kämmen dann auch schon mal dauern. Auch Zahnstein und Zecken werden entfernt oder die Krallen gekürzt. Vom kleinen Chihuahua bis zum großen Irischen Wolfshund bedient die 48-Jährige jeden Kunden. Auch Modeschuren werden im Salon "Für alle Felle" dem modebewussten Hund verpasst. "Die Tendenz geht aber zu kurz und praktisch", sagt sie, "auch Hunderassen, bei denen kurzes Fell untypisch ist, bekommen Kurzhaarschnitte verpasst. Gerade im Sommer schwitzen vor allem alte Hunde unter ihrem Fell, dann ist es besser, sie kurz zu scheren."

Ebenfalls um das Wohl der Hunde kümmert sich Ina Seggel. Mit Fleischwurst und Käse brachte die Hundephysiotherapeutin bisher jeden Hund dazu, über Hängebrücken zu spazieren oder Elektro- und Magnetfeldtherapien über sich ergehen zu lassen. Seit gut drei Jahren arbeitet die 48-Jährige mit Elektro- und Magnetfeldtherapie, Massagen und Übungen auf der Hängebrücke oder Matte, um Hunde, denen Ärzte nicht mehr weiterhelfen können, gesund zu machen. "Nach Kreuzbandrissen oder Bandscheibenoperationen werden Hunde zu mir gebracht", sagt die Physiotherapeutin, die vor ihrer tierischen Berufskarriere 23 Jahre lang Menschen therapierte.

Krankengymnastik gibt es stundenweise und als Tages-Reha

Als ihr eigener Hund nach zwei Kreuzbandrissen Hilfe brauchte, machte sie aus ihrem Hobby einen Beruf. "In den Behandlungsmethoden gibt es gar keine Unterschiede zwischen Mensch und Hund", sagt sie. "Und die Kundschaft ist definitiv da. Fast jeder Hund lahmt, doch Hundebesitzer erkennen das oftmals nicht rechtzeitig." Krankengymnastik gibt es stundenweise, aber auch als Tages-Reha. "Der Hund hat im Laufe der Jahre einen anderen Stellenwert bekommen. Er ersetzt bei vielen Menschen oft den Lebenspartner oder das Kind und wird dementsprechend behandelt und gepflegt", betont die 48-Jährige.

Auch bei Tierheilpraktikerin Britt Bachmayer-Ernst macht sich das erhöhte Interesse am Hund bemerkbar. Seit zehn Jahren kümmert sie sich um kranke Hunde. "Oft habe ich den Eindruck, dass die Menschen mehr für den Hund als für sich selbst tun", sagt die Tierheilpraktikerin.

Fünf bis sechs Hunde kommen jeden Tag in ihre Praxis zur Behandlung mit homöopathischen Mitteln. "In letzter Zeit habe ich viele Hunde mit schlechten Ohren, juckendem Fell oder roten Augen behandelt", sagt sie. Eine Behandlung auf homöopathischer Basis sieht anders aus als die klassische Behandlung beim Tierarzt. Oftmals findet die Heilpraktikerin mittels Bioresonanztherapie heraus, an welcher Stelle es den Hund zwickt. "In der homöopathischen Behandlung von Menschen ist es wichtig, viele Fragen zu stellen. Das kann ich bei einem Hund nicht machen", sagt die 49-Jährige.

Aus diesem Grund nutzt sie auch das Bioresonanzgerät, das mittels verschiedener Frequenzen erkennen kann, an welcher Stelle im Körper des Hundes etwas nicht so funktioniert, wie es eigentlich sollte. "Jeder Körperteil hat seine eigene Frequenz. Stimmt etwas nicht, weicht die Frequenz von ihrem Normalwert ab." Von zuvor skeptischen Hundebesitzern bekommt sie oftmals im Anschluss an die Therapie sogar noch Postkarten aus dem Urlaub, in denen ihr für die Hilfe nochmals ganz herzlich gedankt wird.

Spielzeug und Wurstbrote als Grabbeigaben

Da der Hund als Sozialpartner fest etabliert ist, hilft er oftmals, Barrieren zu überwinden. "Hier sitzen der Altrocker und der Professor zusammen am Tisch. Auf der Straße würden sie sich wahrscheinlich nicht mal grüßen, hier haben sie etwas, das sie verbindet", sagt Jürgen Becker, Inhaber des Tierfriedhofs Nord am Wilstedter Weg in Norderstedt. Seit sechs Jahren kümmert sich der 63-Jährige um die Beerdigung der geliebten Haustiere.

"Ein Hund ist schließlich ein richtiges Familienmitglied", sagt Iris Wiencke, "den möchte man dann auch vernünftig beerdigen." Seit vier Jahren besitzt sie eines der 600 Gräber auf dem Tierfriedhof, in dem schon zwei ihrer Hunde begraben wurden. Mit ihren neuen Hunden kommt die 48-Jährige zweimal die Woche auf den Tierfriedhof, um hier spazieren zu gehen. "Der Tierfriedhof ist eine gute Anlaufstelle", sagt sie.

Inhaber Becker übernahm den Tierfriedhof, nachdem er arbeitslos geworden war. Er selbst hat bereits vier Hunde hier begraben. Jetzt muss er vor allem gut zuhören können. "Viele Menschen hier haben die Grabstellen über Jahre", sagt er. Es helfe den Menschen, wenn sie eine Anlaufstelle haben. "Fälle, in denen der Hund das Lieblingsspielzeug beigelegt bekommt, gibt es auch. Einmal wurde ich sogar gefragt, ob man dem toten Hund ein Leberwurstbrot mit ins Grab legen könne", erzählt Becker.