Außer dem SPD-Mann haben die Lokalpatrioten unter den Kandidaten im Wahlkreis 31 nur Außenseiter-Chancen.

Norderstedt. In Kiel wird nach der Wahl am 27. September der Landtag konstituiert - und kein einziger Norderstedter wird dabei sein - höchstens als Zuschauer. Ein ungewohntes Szenario, das der fünftgrößten Stadt Schleswig-Holsteins aber ganz konkret droht. Denn SPD-Kandidat Heiner Köncke muss es schon direkt in den Landtag schaffen, die anderen Norderstedter Lokalpatrioten im Wahlkreis 31 Norderstedt gehen nur mit Außenseiter-Chancen ins Rennen.

Die Norderstedter waren es in den vergangenen Jahrzehnten gewöhnt, einen direkten Vertreter der Interessen ihrer Stadt im Landesparlament zu haben. Zwischen den Jahren 1987 und 2004 gab die profilierte, kürzlich verstorbene Sozialpolitikerin Heide Moser Norderstedt ein Gesicht in der Landeshauptstadt Kiel, seit 1993 sogar als Ministerin für Arbeit und Soziales, Jugend und Gesundheit. Seit 2000 und bis heute vertritt der Christdemokrat Manfred Ritzek die Stadt im Land. Der wollte eigentlich dem Norderstedter Finanzberater Dirk Bruster (42) den Staffelstab übergeben. Doch Bruster scheiterte parteiintern an der Kontrahentin Katja Rathje-Hoffmann (45), die in der Gemeinde Nahe zu Hause ist.

Für die Norderstedter SPD will es der 52-jährige Außenhandelskaufmann Heiner Köncke schaffen, direkt einen Sitz im Landtag zu ergattern. Mit seinem bescheidenen Listenplatz 40 (von 61) bleibt ihm auch nichts anderes übrig. Mit einem Team aus bewährten Norderstedter Genossen will er die Menschen des Wahlkreises 31 in Norderstedt, Kattendorf, Kisdorf, Oersdorf, Wakendorf II, Winsen und Tangstedt überzeugen.

Leiter des Wahlkampfteams ist der Pressesprecher der Norderstedter Genossen, Thomas Jäger (32). Der Norderstedter Juso-Vorsitzende Jan Meder sowie die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Sybille Hahn wollen um die jugendliche und die weibliche Wählerschaft kämpfen. Für die wichtigen Stimmen aus dem Umland will Holger Criwitz von der SPD Tangstedt werben. Das war auch schon bei Könckes letztem Versuch bei der Landtagswahl 2005 das Problem: Köncke ist auf die Stimmen aus Norderstedt angewiesen, auf den Dörfern wird es für ihn schwierig. Trotzdem gibt sich die SPD kämpferisch: "Es wird Zeit, dass wir endlich einen SPD-Kandidaten aus unserem Wahlkreis nach Kiel schicken dürfen", sagt der Juso-Vorsitzende Jan Meder.

Ein direktes Ticket nach Kiel will auch die grüne Stadtvertreterin Anette Reinders (53) lösen. Sie steht auf Listenplatz 25 von Bündnis90/Die Grünen im Land. In der Norderstedter Stadtvertretung genießt die Bundesvorsitzende des Berufsverbandes der Berufsbetreuer hohes Ansehen, sie gilt als kluge Politikerin mit Sachkenntnis und klaren Positionen. Doch sie ist eine leise Volksvertreterin, die den Rummel um die eigene Person scheut - keine guten Aussichten, um am 27. September die ganz große Überraschung zu schaffen.

Mit dem Studenten der Politikwissenschaften Tobias Claßen (24, Landesliste Platz 17) versucht die Norderstedter FDP den Sprung nach Kiel. Ob die Kandidatur für den mit 18 Jahren ehemals jüngsten Stadtvertreter der Norderstedter Kommunalpolitikgeschichte nicht mehr als ein politikwissenschaftlicher Praxistest ist, wird die Wahl zeigen.

Zuletzt gibt es da noch Christian Stanke, der Pirat. Der laut Netz-Profil "seit 21 Jahren beruflich am Rechner" sitzende Norderstedter ist Direktkandidat der Piraten-Partei. Er ist Grafiker, SysAdmin und Gamer, hat eine Frau und zwei Kinder und selbstredend kaum darstellbare Chancen, in den Landtag einzuziehen. Aber als Gamer wird er aussichtslose Situationen mit übermächtigen Gegnern kennen - also, wer weiß!