Jeannine und Joop Vliervoet feiern morgen diamantene Hochzeit. Aus einer Brieffreundschaft vor 65 Jahren wurde eine große Liebe.

Norderstedt. "Es hat einfach gefunkt", sagt Joop Vliervoet schmunzelnd, wenn er daran zurückdenkt, wie er seine Frau Jeannine kennengelernt hat. Mit seinen kurzen weißen Haaren und der großen Brille sitzt der heute 88-Jährige auf seiner Ledercouch an der Hans-Salb-Straße und rührt einige Male in seinem Espresso. Es hat also gefunkt zwischen den beiden - und das, obwohl sie sich nicht einmal unterhalten können, als sie sich vor 65 Jahren auf der niederländischen Insel Terschelling kennenlernen. Denn Jeannine Bette ist die Cousine eines Bekannten aus dem französischsprachigen Teil Belgiens, und Joop Vliertvoet aus Den Haag spricht nur ein paar Worte Schulfranzösisch.

Mit Schulfranzösisch und -niederländisch können sie sich jedoch gut behelfen, und so wird aus dem Urlaubsflirt eine lebenslange Liebesgeschichte. Nach dem Urlaub sehen sie sich nur in den "großen Ferien". Jeden Tag schreiben sie sich einen Brief, er auf Holländisch, sie auf Französisch - fünf Jahr lang. Bis er sein Studium beendet hat und sie endlich, nach drei Jahren Verlobung, am 26. Juli 1956 heiraten.

"Er musste wirklich schrecklich viel arbeiten", sagt die 85-jährige Jeannine Vliervoet, die den Erinnerungen ihres Mannes mit breitem Lächeln und bestätigendem Kopfnicken gelauscht hat. Joop Vliervoet ist Biochemiker, der nach dem Krieg, in dessen Verlauf er in den Untergrund gegangen war, im niederländischen Leiden studiert hat. Der Lohn, den er bekommt, reicht jedoch nicht zum Leben, daher liest er Arbeiten von Studenten gegen, hilft Technischen Assistenten der Chemie und macht nebenher seine Promotion.

1957 fängt er bei Unilever Rotterdam an, und die Familie bekommt Zuwachs - das erste von fünf Kindern wird geboren. Joop Vliervoet muss in seinem Job viel reisen: eine Woche Schweden, eine Woche Finnland oder Spanien und dann eine Woche zu Hause. "Bei der Bewerbung habe ich gesagt, dass es okay für mich ist, viel zu reisen. Ich wollte nur wenigstens an den Wochenenden zu Hause sein."

Am 1. November 1965 gehen die Vliervoets nach Deutschland, weil Joop Vliervoet dort ein Arbeitsangebot von Unilever Hamburg bekommen hat. "Das war ein Jahr mit einem sehr harten Winter. Und das war für unseren Umzug alles andere als vorteilhaft", sagt Jeannine Vliervoet, die zur Glasscheibe der Schiebetür zeigt. "Der Schnee war bestimmt 30 bis 40 Zentimeter hoch, und wir mussten mit unseren Umzugskisten da durch in die kleine Wohnung." Eigentlich war der Arbeitsaufenthalt in Deutschland auf zwei Jahre angesetzt, dann wurden es vier - und schließlich blieb Joop Vliervoet bis zur Pension bei Unilever Hamburg.

"Es war immer sehr persönlich dort, fast familiär", sagt Joop Vliervoet, der als Abteilungsleiter für technische Organisation, Logistik und Operations Research beschäftigt war. Noch heute, 27 Jahre nach seiner 27-jährigen Arbeitszeit, trifft er sich alle drei Monate mit anderen pensionierten Kollegen und deren Ehefrauen zum Essen.

Hinter der Wand, an der die Couch steht, hängen Dutzende von Gemälden und Tellern. Die beiden haben gemeinsam schon die ganze Welt bereist und von überall ein Andenken mitgebracht. Aus China, der Türkei, Schweden und Spanien. In Europa haben sie jedes Land bereist - bis auf Griechenland. "Aber Südafrika, das war die schönste Reise meines Lebens!", sagt Jeannine und fügt hinzu "Wir haben hier so viele Dinge aus dem Ausland mitgebracht, einige Gäste haben schon gesagt, unser Haus sei wie ein Museum." Nach der Verrentung macht sich das Ehepaar jedoch nicht nur das Reisen zum Hobby. Für sieben Monate gehen sie nach Idar-Oberstein und machen dort einen Kursus in Steinschleiferei und Goldschmiederei. Während Jeannine Vliervoet dieses Hobby nach kurzer Zeit doch ihrem Mann überlässt und sich der Seidenmalerei, der Handarbeit und dem Krimis lesen zuwendet, macht Joop Vliervoet Ringe, Ketten und Anhänger für Bekannte, Nachbarn und seine fünf Kinder, neun Enkel und zwei Urenkel.

All diese Menschen sind auch dabei, wenn die beiden Jubilare am Sonnabend im Hotel Schmökerhof ihre diamantene Hochzeit feiern. Ihre Philosophie, die sie auch in die Einladungskarten geschrieben haben, ist: "Lerne von gestern, lebe heute, vertraue auf morgen."Geschenke wollen die beiden nicht, höchstens eine Finanzspritze für ihre nächste Reise. Nach Thailand soll die gehen und nach Malaysia, wo sie eine Schiffsreise mit der "Aida" machen.