Mehrere Initiativen und Vereine in der Region fordern freie Fahrt auch für Radfahrer mit Anhänger - vor allem an den AKN-Stationen.

Norderstedt. Er muss stoppen, den Anhänger abkuppeln, ihn um die Ecke wuchten und wieder ankuppeln, nachdem er die Sperre überwunden hat. "Da kommt man beim besten Willen nicht durch, wenn man einen Hänger hinten dran hat", sagt Thedel Matthiesen. Der Leiter der Radgruppe beim DRK Norderstedt ist zum Ortstermin gekommen, um zusammen mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Norderstedt, der Interessengemeinschaft für Lärmminderung in Norderstedt (ILN), dem örtlichen Blindenverein und dem Seniorenbeirat gegen Barrieren zu protestieren, die das Radfahren vor allem für bestimmte Personengruppen unnötig erschweren.

Der Protest richtet sich vor allem gegen die Sperren an den AKN-Stationen am Friedrichsgaber Weg und an der Waldstraße. "Der Radweg an den Gleisen ist eine stark genutzte und an sich gut funktionierende Nord-Süd-Verbindung. Doch die Umlaufsperren verbauen Radlern mit Anhängern, zu denen ja auch Eltern mit Kindern zählen, den Weg", sagt Rolf Jungbluth vom ADFC, der die Stadt auffordert, die Hindernisse abzubauen.

Auch Erich Sildatke muss mit seiner blinden Frau auf dem Tandem passen

Die Durchfahrt ist so eng, dass auch Erich Sildatke mit seinem Tandem passen muss. Er steuert das Rad, hinten sitzt seine fast blinde Frau Margarete. Und Erich Bachmann muss gar in die Hecke fahren, um mit seinem Gespann die Fahrt nach der Barriere fortsetzen zu können. Auf dem hinteren Fahrrad hat seine behinderte Frau Gisela Platz genommen. "Gleich daneben sieht man doch, wie es auch sein könnte", sagt Rainer Feldmann von der ILN. Da behindern keine Metallgitter die Durchfahrt. Den Sicherheitsaspekt lässt Jungbluth nicht gelten: Die Sperren lenkten die Konzentration unnötig ab, gerade Kinder und Jugendliche würden ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, die Barriere möglichst problemlos und flott zu passieren und sich erst dann wieder dem Straßenverkehr widmen.

Während es in der Stadt "massenhaft" Umlaufsperren gebe, seien sie in anderen Regionen völlig unbekannt. Es gebe andere Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit der Radler zu erhöhen: ein Stoppschild und eine auf die Fahrbahn markierte Haltelinie oder Blumenkübel, die die Einmündung verengen. "Die Stadt ist ja auf dem richtigen Weg. Sie hat schon die Hälfte der rund 200 Gitter abgebaut. Und der Überweg an der ebenfalls viel befahrenen Marommer Straße zeigt, dass es auch ohne Barrieren geht", sagt Jungbluth. Zumindest sollten die Gitter halb abgebaut werden wie an der Heidbergstraße und am Buchenweg.

+++ Der schlaue Fuchs radelt abseits der Straßen +++

Nachbargemeinden wie Tangstedt, Quickborn und Ellerau seien da schon weiter, sagt Jungbluth. Sie hätten die Hinweise des ADFC aufgegriffen und die Barrieren zum großen Teil abgebaut. "Hier erreichen wir wenig, da uns die Unterstützung von ganz oben fehlt. In Tangstedt und Kaltenkirchen sind die Bürgermeister Alltagsradler und können unsere Wünsche eher nachvollziehen", sagt Jungbluth.

Die Verwaltung wird die Umlaufsperren nicht abbauen. "Die Gitter zwingen gerade auch die vielen Schüler, die den Radweg entlang der Gleise nutzen, vor der stark befahrenen Straße zu bremsen", sagt Baudezernent Thomas Bosse. An der Marommer Straße liege die Einmündung weiter zurück und sei übersichtlicher. Allerdings will Bosse prüfen lassen, ob die Durchfahrt zwischen den Metallgittern die erforderlich Breite von 1,50 Metern hat. Wenn nicht, sollen die Sperren entsprechend umgebaut werden.

Jungbluth nennt einen weiteren Kritikpunkt: Die Benutzungspflicht für Radwege müsse an der Oststraße und an der Wilstedter Straße aufgehoben werden. An der Oststraße hat Jungbluth den "schmalsten Radweg" weltweit ausgemacht. Er messe auf einem kurzen Stück nur 14 Zentimeter, ein Buswartehäuschen schränke die Breite ein.

"Wir werden die beiden Straßen nicht für die Radfahrer frei geben. Das wäre viel zu gefährlich", sagt Baudezernent Thomas Bosse. Auf der Wilstedter Straße sei Tempo 70 erlaubt, viele Autofahrer seien aber deutlich schneller unterwegs. Auch das Radeln auf der Oststraße berge hohe Risiken durch die Lkw, die die Betriebe im Gewerbegebiet ansteuern oder am Straßenrand abgestellt würden und die Situation unübersichtlich machten. Allerdings werde das Buswartehäuschen so versetzt, dass die Radler ausreichend Platz haben.

An der Ochsenzoller Straße habe es sich allerdings bewährt, dass die Radler auf der Straße fahren dürfen. Zwischen Achternfelde und Niendorfer Straße hatte die Stadt die Benutzungspflicht vor zwei Jahren aufgehoben, da die Radwege in schlechtem Zustand sind. "Es mag ja sein, dass vor allem geübte Radfahrer, die zügig und sicher unterwegs sind, lieber die glatte Asphaltdecke der Straßen nutzen. Aber in einer Umfrage der Bundesanstalt für Straßenwesen haben 90 Prozent der Befragte gesagt, dass sie sich auf einem vernünftig ausgebauten Radweg sicherer fühlen", sagt Bosse.

Verwaltung will Schnellstraßen für Radfahrer entwickeln

Dennoch arbeite die Verwaltung daran, Fahrrad-Straßen für Schnellfahrer zu entwickeln. Die Nord-Süd-Achse an den AKN-Gleisen entlang sei schon jetzt eine schnelle und viel genutzte Verbindung. Nun denk die Verwaltung darüber nach, die Strecke durch einen neuen Belag noch attraktiver zu gestalten. "Da, wo keine Baumwurzeln Teile der Wege hochdrücken können, sind glatte Asphaltdecken ideal für zügiges Fahren", sagt Bosse. Auch der Buschweg könne Teil einer Schnellstraße für Radler sein. In Ost-West-Richtung biete sich im Norden ein Schnellweg parallel zu Harckesheyde, Friedrichsgaber Weg und Waldstraße an.

Im Herbst will sich Bosse das Okay der Politiker für das Fahrrad-Parkhaus am ZOB in Norderstedt-Mitte holen. Nachdem ursprünglich Fahrrad-Boxen in einem Bereich des Parkhauses unter der Erde geplant waren, sollen die Stellplätze jetzt doch oberirdisch geschaffen werden. Zwischen 400 und 500 Plätze seien in Kombination mit einer Service-Station geplant.