In den nächsten Wochen kommen die süßesten und die besten Kirschen auf die Märkte. Die Saison dauert aber noch bis Mitte August an.

Norderstedt. Der Kirschkern flog und flog, als Oliver Kuck ihn im Jahr 2003 Kraft seines Mundes auf die Reise schickte. Ganze 21,71 Meter spuckte der siebenmalige Weltmeister im Kirschkern-Weitspucken das Spielgerät - neuer Weltrekord. Auf solche Weiten bringt es wohl kein Amateur. Dennoch macht kaum eine Obstsorte so viel Spaß wie die rote Steinfrucht mit dem süßen Geschmack.

Im Sommer gibt es sie traditionell auf den Märkten der Region, seit etwa drei Wochen wird sie geerntet. Auch bei Kirschen gilt aber: Das Beste kommt zum Schluss - die süßesten Kirschen wird es in den nächsten Wochen geben. Dann werden die Früchte verkauft, die am längsten am Baum reifen konnten. In den sogenannten sieben Kirschenwochen, die je nach Region und Witterung von Ende Mai bis Mitte August dauern, werden die Früchte geerntet. Den optimalen Erntezeitpunkt können die Bauern aber nur durch Probieren herausfinden; er ist bei jeder Sorte anders.

4,90 Euro kostet derzeit ein Kilo der leckeren Knubber-Kirschen

Johann Plaaß schwört auf die Knubber-Kirsche, sie ist besonders groß und ist wegen ihres knackigen und festen Fruchtfleisches beliebt. Unmengen dieser Sorte schichtet er Woche für Woche in der Auslage seines Marktstandes in Garstedt aufeinander und bietet sie den Kunden an. 4,90 Euro kostet derzeit das Kilo, ein Preis, bei dem der Berg aus Kirschen schnell zusammenschrumpft. Dass die Supermärkte mit ihren Angeboten trotzdem wieder günstiger sind, stört Johann Plaaß nicht. "Damit kann ich leben. Dafür haben wir die bessere Qualität. An die kommen die Supermärkte nie im Leben ran", sagt er.

Damit das auch so bleibt, baut der 55-Jährige auf dem Hof im Alten Land nach den Richtlinien der integrierten Produktion an. Jedes Jahr werden Tausende Maikäfer eingekauft, die die Plantage von Läusen befreien. Von Maden, die die Kirschbäume besonders oft befallen, bleiben die Obstbauern im Alten Land auf ganz natürliche Weise verschont. Im schweren und feuchten Marschboden können die Madenlarven nicht überwintern und sterben ab. "Ganz ohne Chemie geht es trotzdem nicht", sagt Johann Plaaß und betont dennoch, dass seine Kirschen gesünder seien als die aus dem Supermarkt. In den nächsten Wochen wird die Schlange an seinem Stand wohl noch einmal länger werden, denn dann sind die Knubber nicht nur besonders süß, sondern ihr Fruchtfleisch auch noch fester.

Neben einem tollen Geschmackserlebnis hat die Kirsche aber noch viel mehr zu bieten. Sie enthält viele Mineralstoffe und Vitamine. Die antioxidative Wirkung der Kirschen kann sogar der Entstehung von Darmkrebszellen vorbeugen. Schuld daran sind Polyphenole. Sie verleihen der Kirsche nicht nur ihr charakteristisches Rot, sondern fangen auch freie Radikale ein, die die Zellmembranen oder das Erbmaterial angreifen. Die heilende Frucht hilft auch gegen Herz-Kreislaufleiden, Diabetes, entzündliche Erkrankungen und Alzheimer. Besonders gesund ist allerdings nur die Sauerkirsche. Sie enthält rund doppelt so viele Polyphenole wie die süße Variante.

Was kaum jemand weiß: Auch Sportler können von der Wirkung der Kirschen profitieren. In einer Studie fanden Wissenschaftler heraus, dass schon ein Glas Sauerkirschsaft vor Muskelkater schützt. Der Saft beugt den feinen Faserrissen wirksam vor. Insbesondere Personen mit Schlafstörungen kann der Kirschsaft helfen. Durch das Hormon Melatonin, das im Alter vom Körper immer weniger produziert wird, wirkt der Saft wie ein Schlaftrunk, der zudem noch effektiver ist als viele Medikamente.

Wer die Kirschen aber nur aufgrund ihres Geschmacks verzehrt, sollte einiges beachten: Die Kirschen verderben schon nach wenigen Tagen und sollten deshalb immer sofort gegessen werden. Den Stiel zudem so lange wie möglich dran lassen, sonst tritt der Saft aus, und die Kirsche fängt an zu faulen. Der Kirschkern selbst sollte lieber nicht mitgegessen werden. Er führt zwar nicht, wie oft vermutet, zu einer Blinddarmentzündung, kann aber in der Speiseröhre stecken bleiben und diese verletzen. Außerdem macht so ein Spuck-Wettbewerb ja auch viel mehr Spaß.