Wegewart Paul Topp ist ständig auf Achse, um Wege und Straßen in der Stadt zu kontrollieren. Gesetz schreibt Form- und Pflegeschnitte vor.

Norderstedt. Paul Topp guckt sich die Buchenhecke genau an. Dünne Zweige ragen in den grau gepflasterten Fußweg hinein. Der Wegewart zögert kurz und geht weiter. "Das ist gerade noch vertretbar, zumal ich davon ausgehe, dass der Grundeigentümer in den nächsten Tagen die Hecke schneiden wird", sagt Topp, einer von zwei Wegewarten, die ständig auf Achse sind, um Wege und Straßen in Norderstedt zu kontrollieren, Schäden zu protokollieren und dafür zu sorgen, dass die Mängel behoben werden.

Zurzeit sind es Bäume und Sträucher, aber auch Rasen und Unkraut, die in die Wege hineinwachsen, die Breite einschränken und zu Gefahrenquellen werden können. "Wenn eine Mutter mit Kinderwagen und ein Radfahrer nicht mehr aneinander vorbeikommen, führt das zu unnötigen Unfallrisiken", sagt der Wegewart.

"Die weitaus meisten Grundstücksbesitzer pflegen ihre Gärten und halten die Wege frei, ohne dass sie von uns daran erinnert werden müssen", sagt Topp, als wir ihn gestern eine Stunde beim Rundgang durch Norderstedt-Mitte begleitet haben. Viele Hecken strecken schon ihre Zweige über das Gehwegpflaster aus. Aber da bleibt der Wegewart gelassen, zeigt sich großzügig. Er sehe, dass die Besitzer die grünen Grenzposten regelmäßig schneiden und wohl auch demnächst wieder die Heckenschere ansetzen werden.

Das müssen sie laut Satzung der Stadt Norderstedt auch. Kommen sie ihrer Pflicht nicht nach, werden sie von der Verwaltung mit einem Schreiben freundlich an ihre Pflichten erinnert. So wie Familie Isberg. Sie störte sich allerdings weniger an der Aufforderung die Buchenhecke zu stutzen. "Was uns am meisten wundert, ist, dass da ein Mensch durch Wege und Straßen geistert, alles fotografiert, was ihm nicht gefällt, ins Büro läuft, Katasterblätter wälzt, Briefe schreibt und verschickt, und dem Bürger das Gefühl gibt, dass er unter Beobachtung steht. Wie wäre es denn, wenn er das nächste Mal klingelt, uns freundlich auf sein Problem aufmerksam macht, und wir ihm erklären würden, dass dort noch eine Amsel brütet. Wo leben wir denn, dass man so umständlich miteinander kommuniziert?", schreibt Anke Isberg in einer Mail an die Norderstedter Regionalausgabe des Hamburger Abendblatts.

Form- und Pflegeschnitte sind grundsätzlich jederzeit zulässig

"Natürlich klingeln wir auch mal oder sprechen die Menschen an", sagt der Wegewart. Aber die Verwaltung müsse etwas in der Hand haben, um im Zweifelsfall nachweisen zu können, dass sie einen Eigentümer schon schriftlich an seine Pflichten erinnert hat. "Das wäre ja sonst so, als wenn das Ordnungsamt einen Autobesitzer mitteilt, dass sein Fahrzeug falsch parkt, und er es doch bitte umparken soll", sagt Martin Sandhof, Leiter des städtischen Betriebsamtes. Und auch die alltägliche Praxis des 33 Jahre alten Wegewartes lässt die direkte Kommunikation nur eingeschränkt zu: "Aus der Bitte, die Hecke zu schneiden, wird ganz schnell mal ein 20-minütiger Plausch. Die Zeit haben wir nicht", sagt Topp.

Laut Bundesnaturschutzgesetz sind Form- und Pflegeschnitte, um Hecken und Sträucher zurückzuschneiden, grundsätzlich jederzeit möglich und zulässig. Allerdings sollten Ast- und Heckenscheren vorsichtshalber bis Mitte Juli ruhen, empfiehlt der Naturschutzbund. Bis dahin brüten noch viele Singvögel im Schutz des dichten Blattwerks. Sie könnten durch Schnittarbeiten so sehr gestört werden, dass sie ihre Brut aufgeben. Im Juni gebe es bei vielen Singvögeln wie Amsel, Singdrossel, Buch- und Grünfinken eine zweite Brut. Wer dann seine Sträucher schneidet, gefährdet den Nachwuchs der gefiederten Sänger. Wenn schützende Zweige und Blätter fehlen, finden zudem Beutegreifer die Gelege viel einfacher.

Wer erst im Juli oder später schneidet, spart auch erhebliche Arbeit, sagen die Experten des Nabu. Die Pflanzen erlebten im Frühsommer ihren zweiten Wachstumsschub im Jahr. Wird die Heckenschere zu früh ausgepackt, müssten die Grundbesitzer sie noch ein zusätzliches Mal für einen zweiten Schnitt einsetzen. "Auf jeden Fall gehört für naturfreundliche Gärtner vor dem Schnitt eine intensive Suche nach belegten Nestern in den Sträuchern und Hecken dazu. Denn auch im Juli findet man noch frische Dritt- oder Ersatzgelege", sagt der Nabu.

Diesen Rat hat Familie Isberg beherzigt. Sie hat mit dem Heckenschnitt gewartet, bis die Amseljungen das Nest verlassen haben.