Dabei sein ist alles: TV-Journalistin Anna Renk aus Kaltenkirchen nahm an der Allgäu-Orient-Rallye teil. Ihr Team kam als letztes ans Ziel.

Kaltenkirchen. Dass ihr Rubberduck-Team als letztes in Baku ankam, könnte auch am verpatzten Start gelegen haben. Als Anna Renk aus Kaltenkirchen und ihre fünf Mitfahrer im bayerischen Oberstaufen zur Allgäu-Orient-Rallye starteten, fuhren sie die ersten 100 Kilometer in die falsche Richtung. "Wir mussten zugeben, dass die anderen Teams etwas besser vorbereitet waren", sagt die 29-Jährige schmunzelnd. Doch auf die Platzierung kam es den Rubberducks bei diesem rustikalen Trip in die Ferne nicht an. "Wir haben riesig Spaß gehabt." Und das ist noch nicht alles. "Ich habe noch nie Fernweh gehabt", berichtet sie. "Das ist jetzt anders."

Die Rallye, die Anna Renk gemeistert hat, kommt ohne brüllende Motoren und Live-Cam aus dem Cockpit aus. Das Reglement darf im Motorsport als absolut atypisch gelten: Es geht nicht um Tempo, sondern darum, dass die Autos überhaupt ankommen. Die Fahrzeuge müssen mindestens 20 Jahre alt sein oder dürfen nicht mehr als 1111,11 Euro gekostet haben. Mehr als 666 Kilometer pro Tag sind nicht erlaubt, Autobahnen und Navi sind tabu. Eine Übernachtung darf nicht mehr als elf Euro kosten - ade Fünf-Sterne-Hotels, ade Boxenluder.

Die Kaltenkirchenerin will nun eine Fernsehdokumentation erstellen

Diese Zutaten und jede Menge Erlebnisse, die die TV-Journalistin schier überwältigt haben, reichen aus, um der Öffentlichkeit eine spannende Geschichte zu erzählen. Das ist der Plan. Anna Renk hat mehrere Stunden Videomaterial mitgebracht, aus der eine Fernsehdokumentation entstehen soll. Anna Renk: "Wir haben Terrabytes." Sie führt bereits Gespräche mit Arte, dem NDR und will vielleicht auch ZDFneo ansprechen.

Bevor die Reise im April begann, sah der Plan allerdings anders aus. Anna Renk wollte die Tour als Fernsehjournalistin begleiten - mehr nicht. Als sie die Anmeldung sah, hatten die Kumpels und Mitfahrer Ole und Stefan die 29-Jährige als Teammitglied angemeldet. Damit gab es kein Zurück mehr. Sechs Männer und Frauen, zwei alte Opel Astra und ein Volvo - das waren die Rubberducks, zu Deutsch: Gummienten. Der Name soll an einen aufrechten amerikanischen Truckerfahrer erinnern, der als Rubberduck alias Kris Kristoffersen in dem Film "Convoy" durch die USA juckelte.

Anna Renk war plötzlich mittendrin, saß selbst am Opel-Steuer und vergaß ihre größten Bedenken. "Ich bin nämlich kein Camping-Typ", sagt sie. "Doch das hat sich schnell geändert." Auf dem Weg über den Balkan und die Türkei in den Orient schlief sie in einfachen Pensionen, bei gastfreundlichen Familien oder in einem Zelt, das nachts schnell an einer georgischen Landstraße aufgeschlagen wurde, wenn der Crew die Augen zufielen. Die tägliche Dusche war unterwegs nirgends gewährleistet.

Die Kamera war immer dabei und zeichnete Erlebnisse auf, die ihr Fernweh für immer entfacht haben. Die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Menschen an der Strecke wird Anna Renk nie vergessen. Passanten sprachen das Team mit den gelben Overalls an, luden die Männer und Frauen zum Essen ein und telefonierten mit Bruder oder Onkel, wie die Rubberducks am schnellsten das nächste Etappenziel erreichen. In Tiflis schliefen und feierten Anna Renk und ihre Freunde bei einer wildfremden Familie. "Ich war überwältigt", sagt sie mit begeisterter Stimme. Nur einmal musste die Crew auf einen Campingplatz ausweichen. "Halb so schlimm", sagt die Journalistin heute.

Kurz vor dem Ziel wurde es dann für die Gummienten-Mannschaft doch noch einmal eng. Ein Plattfuß konnte sie nicht erschüttern, aber der Qualm, der 500 Kilometer vor Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, aus einem Astra aufstieg. "Jetzt isser hin", sagte Anna Renk. Nachdem sie jedoch frisches Öl in die Eingeweide des Opels geschüttet hatte, lief der Wagen wieder. "Spontane Selbstheilung", glaubt die Journalistin.

Anna Renk betont, dass die Tour von Bayern nach Baku nicht nur für die persönliche Gaudi gedacht war, sondern auch wohltätigen Zwecken dienen sollte. Viele Teams hatten sich mit Kleidung eingedeckt, die während der Fahrt an Straßenkinder verteilt wurde. Die Fahrzeuge blieben kostenlos in Baku und sollen Kleinunternehmern helfen, ihre Existenz zu sichern.

In Baku musste sich das Team gegen korrupte Polizisten schützen

Baku war der einzige Ort der Reisen, wo dem Rubberduck-Team nicht mehr zum Spaßen zumute war. "Wir haben den Polizeistaat deutlich gespürt", sagt Anna Renk, die sich mit ihrem Team gegen korrupte und stehlende Polizisten schützen musste.

Die zweieinhalb Wochen lange Tour würde sie sofort noch einmal machen, sagt Anna Renk. "Aber nicht nach Aserbaidschan." Auch das Organisationskomitee hat das Land für die Rallye im kommenden Jahr gestrichen und favorisiert Jordanien. Allerdings ist noch offen, welche Folgen der Bürgerkrieg in Syrien auf die Routenplanung haben wird.

Wie in den Vorjahren startet die Anmeldung zur Allgäu-Orient-Rallye am 7. Juli um 3:33 Uhr auf der Homepage www.allgaeu-orient.de . Wer dabei sein will, muss schneller sein als auf jeder Piste zwischen Oberstaufen und Baku: Im Jahr 2011 war die Rallye bereits nach 2,8 Sekunden ausgebucht.