Die Harksheider Kleingärtner nehmen ihre umstrittene Migrantenquoten-Idee zurück. Die Stadt bietet Hilfe beim Neubeginn an.

Norderstedt. Erleichterung ist in den Worten von Norderstedts Stadt-Sprecher Hauke Borchardt am Freitagmorgen zu spüren: "Wir sind sehr zufrieden mit diesem Ergebnis. Es ist ein eindeutiges Votum gegen die Migrantenquote." Schon in den Tagen vor der entscheidenden Sondersitzung der Harksheider Kleingärtner von der Anlage am Kringelkrugweg hatte Borchardt immer betont, dass der Stadt nur die juristische Auseinandersetzung mit dem Verein bleibe, wenn deren Mitglieder nicht zur Vernunft kämen. Der Image-Schaden für die Stadt Norderstedt ist so schon groß genug. "Immerhin wird Norderstedt derzeit bundesweit mit Ausländerfeindlichkeit in Verbindung gebracht", sagt Borchardt. Nicht auszudenken, wenn nun auch noch der Albtraum einer monatelangen juristischen Auseinandersetzung über die Kündigung des Pachtvertrages der Anlage hinzugekommen wäre.

Doch die unappetitlichste Affäre des Jahres in Norderstedt um eine mögliche Migrantenquote bei der Vergabe von Parzellen in der Kleingartenanlage Kringelkrugweg fand am Donnerstagabend sein vorläufiges Ende. Auf dem stockdüsteren Kringelkrugweg, im vom Regen aufgeweichten Boden vor dem Maschendrahtzaun der Anlage, traten sich die Kamerateams und Reporter gegenseitig auf die Füße. Ein sichtlich entnervter Kleingarten-Vorsitzender Gerd Kühl ließ keinen auf das Kleingartengelände, der nicht zum Verein gehörte, blaffte die Pressevertreter an und beschwerte sich bei der Polizeistreife, ob er sich diese "unverschämte Belagerung des Eingangs seines Vereinsgeländes gefallen lassen müsse" - was der Beamte mit einem freundlichen Ja beschied.

Etwa 60 Harksheider Kleingärtner - darunter auch einige aus der Schwester-Anlage am Gelände der Landesgartenschau - versammelten sich schließlich in ihrem Vereinshaus zwischen den Parzellen und ließen die Vernunft und Einsicht walten. Sie distanzierten sich von der Umfrage unter ihren Mitgliedern, die diese über Nacht in der breiten Öffentlichkeit als ein Haufen uneinsichtiger Ausländerfeinde erscheinen ließ. Einstimmig beschlossen die Laubenpieper, dass es die von einer Mehrheit unter ihnen gewünschte Quote für Russen, Türken, Araber oder andere Migranten auf den 73 Parzellen am Kringelkrugweg nicht geben wird. Man habe eingesehen, dass die Umfrage eine Dummheit gewesen sei und entschuldige sich bei allen Migranten.

Und nun ist alles gut? Noch lange nicht. "Uns ist schon klar, dass allein durch das Heben der Hand bei der Abstimmung sich nicht automatisch auch etwas in den Köpfen verändert", sagte Borchardt. Er unterstellt den Kleingärtnern nicht pauschal, ausländerfeindlich zu sein oder braunes Gedankengut zu pflegen. "Es gibt eine Menge unausgesprochener Erwartungen und es müssen sprachliche Barrieren überwunden werden", sagt Borchardt.

Am Donnerstagabend vor dem Zaun der Anlage gab es aber auch Kleingärtner, die ihren Unmut über Ausländer im Verein deutlich aussprachen. Eine Dame, die zusammen mit ihrem Mann seit 33 Jahren eine Parzelle am Kringelkrugweg hat: "Mit ist es ja egal, ob einer weiß, schwarz, gelb oder braun ist. Aber wir haben hier Regeln, an die muss sich jeder halten." Ihr Mann ergänzt, dass es nicht angehen könne, wenn die Ausländer Baumaterial anschleppten und ihre Lauben geräumig ausbauen wollten - ganz entgegen dem Kleingartengesetz. Warum die Kleingärtner erwarteten, dass an solchen Verstößen eine Migrantenquote etwas ändern würde, bleibt ihr Geheimnis.

Ein junger Mann, der während der Sitzung das Tor der Anlage hütet, damit Ungeladene draußen bleiben, resümiert besonnen: "Dieser Verein ist ein Spiegel der Gesellschaft - so wie die meisten Vereine. Es gibt solche und solche. Die meisten pflegen ihre Parzellen ohne Probleme als Nachbarn." Ein aufgebrachter Kleingärtner erregt sich vor den Kameras, dass die ganze Sache eigentlich Privatangelegenheit des Vereins sei und niemanden zu interessieren habe. "Der, der das Protokoll der Sitzung an den Oberbürgermeister weiter gegeben hat, der müsste den Kleingarten verlassen!"

Doch Hauke Borchardt ist froh, dass die Abstimmung publik wurde. "Wenn das Ganze etwas Gutes hat, dann dies, dass sich jetzt etwas ändert." Auf die frisch gekürte Integrationsbeauftragte Heide Kröger kommt nun gleich zu Beginn ihrer Amtszeit ein großer Brocken an Vermittlungsarbeit zu. In Abstimmung mit der Stadt wird sie dem Verein Hilfestellung bei der Lösung seiner Probleme helfen. Als Vorbild für die Harksheider könnten die Gartenfreunde in Friedrichsgabe herhalten. Der Vorsitzende des Kleingärtnervereins, Max Stammerjohann, geht mit seinem Vorstand schon lange einen sehr integrativen Weg, verweist auf einen Migrantenanteil von über 30 Prozent und auf etliche Migranten im Vorstand.

Nicht zuletzt will Norbert Franke, der Präsident des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde, an der Wende zum Guten am Kringelkrugweg beteiligen. "Gerade in Schleswig-Holstein gibt es gute Beispiele für multikulturelles Miteinander im Kleingarten. Daran können sich die Harksheider Gartenfreunde orientieren." Die Einladung des Vereins, in einem Jahr wieder vorbeizuschauen - um nach dem Rechten zu sehen - nahm Franke dankend an.