Beim Tag des brandverletzten Kindes im Herold-Center gab es Erste-Hilfe-Tipps von einer erfahrenen Kinderkrankenschwester

Norderstedt. Heike Brost hält die Tasse in der rechten Hand. Das Kleinkind wiegt sie auf ihrem linken Unterarm. Und dann passiert es. Sie wackelt mit der rechten Hand, ein wenig des Inhalts der Tasse, vielleicht gerade so viel wie ein Schluck, tritt über den Tassenrand und ergießt sich über die Brust des Babys.

Wäre die Flüssigkeit nicht kaltes, blau gefärbtes Wasser, sondern heißer Kaffee, Tee oder Kakao, und würde es sich bei dem Baby in ihrem Arm nicht um eine Puppe, sondern um ein echtes Kind handeln, dann wäre es eines von mehr als 30 000 Kindern unter 15 Jahren, die in Deutschland jährlich mit Verbrennungen und Verbrühungen ärztlich versorgt werden müssen. Etwa 6000 Kinder verletzen sich so schwer, dass sie stationär behandelt werden müssen. Und die Folgen, die die verbrühte oder verbrannte Haut für Kinder bedeuten, sind oft lebenslang.

Die Kinderkrankenschwester Heike Brost vom Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg demonstriert am Mittwoch im Herold-Center, wie schnell es zu schlimmen Verbrühungen kommen kann. Und die beiden Rettungsassistenten ,Jens Berlin und Bernhard Gregor vom KBA Norderstedt zeigen, wie Eltern Erste Hilfe leisten können. Die Demonstration ist Teil des Programms des "Tages des brandverletzten Kindes". Der Norderstedter Verein Paulinchen hat ihn ins Leben gerufen und wurde damit zu einem von 365 "Ausgewählten Orten" im bundesweiten Wettbewerb "Deutschland - Land der Ideen" (siehe Bericht rechts). Jedes Jahr soll am 7. Dezember bei Präventions-Veranstaltungen im ganzen Land an die heißen Gefahren erinnert werden, die im Alltag den Kindern drohen. Heiße Getränke, der Wasserkocher, die Kerzen, Herdplatten oder die heiße Backofentür. "Die weitaus meisten Unfälle passieren im Haushalt", sagt Jens Berlin vom KBA.

Es sind nicht eben viele Menschen, die im hektischen, vorweihnachtlichen Einkaufstrubel im Herold-Center stehen bleiben und sich die Demonstration anschauen. Das mangelnde Interesse an Erster Hilfe nach Unfällen ist Teil des Problems. Das Sprichwort vom Kind, das in den Brunnen gefallen ist und vom dann einsetzenden Geschrei - es passt hier wie selten. Dabei könnte das Wissen um das richtige Verhalten nach Unfällen für die nötige Ruhe im Ernstfall sorgen. "Neben den Schmerzen ist das ganze Drumherum der Situation für die Kinder traumatisch", sagt Jens Berlin. Eltern, die Ruhe bewahren und dem Kind Geborgenheit bieten, sind wünschenswert. "Wir lassen bei thermischen Verletzungen die Kinder im Arm der Eltern und leiten sie lediglich bei der Ersten Hilfe an", sagt Berlin.

Für Heike Brost sind Verbrühungen oder Verbrennungen Alltag im Kinderkrankenhaus. "Wir haben laufend schwere und minderschwere Fälle zu behandeln", sagt Brost. Sie kennt die Verwunderung der Eltern, die nicht für möglich gehalten hatten, dass ein Schluck Kaffee oder Tee so schwere Verletzungen bei Kindern anstellen kann. Bei den kleinen Opfern bleibt vernarbte Haut zurück, die nicht mehr mit wächst. Bis aus den Kindern Erwachsene geworden sind, muss die Haut ständig durch Operationen angepasst werden - ein langer Leidensweg. Ganz zu schweigen von den psychischen Folgen, unter denen die durch thermische Verletzungen entstellten Kinder leiden.

"Die Eltern haben schwere Probleme damit, ihre Schuldgefühle zu überwinden. Im Wilhelmstift arbeiten wir deswegen mit Psychologen zusammen, die sich auch in der Krise um die Eltern kümmern", sagt Heike Brost.