Entgegen den Erwartungen machte die Biogasanlage in Ellerau Verluste. Nun muss die Gemeinde einen Teil des Defizits wieder ausgleichen.

Kreis Segeberg. Elleraus Bürgermeister Eckart Urban (SPD) muss ein Projekt retten, das eigentlich Gewinne für seine Gemeinde abwerfen sollte. Die Biogasanlage hat ein gewaltiges Minus produziert. Bis Ende 2010 hat es sich auf knapp 790.000 Euro summiert. Für dieses Jahr, so hat Urban den Gemeindevertretern mitgeteilt, kommen nochmals rund 100.000 Euro dazu. Nun muss er ein Konzept erarbeiten, wie das Defizit in den nächsten fünf Jahren abgebaut werden kann.

Ein überraschendes Ergebnis, gelten Biogasanlagen doch allgemein als rentabel. Zwar ist die Produktion von Strom und Wärme überwiegend aus Mais ökologisch umstritten und wird von Naturschützern kritisiert, aber an der Wirtschaftlichkeit gab es bisher kaum Zweifel. "Die Anlagen laufen. Sorgen machen uns eher die Betriebe, die mit Feststoffen wie Mist oder Kompost arbeiten", sagt Dirk Wietzke, Energieberater bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein.

Schon der Bau der Anlage verteuerte sich um gut eine Million Euro

Doch in Ellerau gibt es seit dem Start der Biogasanlage im Herbst 2007 Schwierigkeiten. Der Bau wurde gut eine Million Euro teurer, auch, weil ein zweiter Motor angeschafft wurde. Damit stimmte die Kalkulation nicht mehr, schon damals hatte die FDP gewarnt: "Wenn die Investitionen steigen, gehen auch die Kapitalkosten um ein Drittel auf 80 000 Euro hoch", rechnete FDP-Chef Hans Bihl vor. Allein dadurch würde aus dem vorhergesagten jährlichen Gewinn in Höhe von 42 000 Euro ein Verlust in gleicher Höhe. Zudem sei der Erlös von 160 000Euro pro Jahr aus dem Wärmeverkauf nicht gesichert. Die Kunden, die ins Neubaugebiet hinter dem Hochhaus ziehen und mit der Heizenergie aus der Biogasanlage beliefert werden sollen, fehlten noch.

"Die Aussage, dass die Anlage ihre Investitionen in fünf Jahren zurückverdient hat und dann der Gemeinde Erträge einbringt, entbehrt jeder kaufmännischen Grundlage", sagte Hans Bihl im Sommer 2007. Dafür müssten die geplanten Gesamterlöse in Höhe von 841 000 Euro pro Jahr komplett zur Tilgung eingesetzt werden. Es wäre kein Geld vorhanden, um Kapitalzinsen, Unterhalt und die Biomasse zu bezahlen.

Im Herbst 2007 lief die Anlage an und produzierte gleich ein Minus von 381 000 Euro - nicht verwunderlich, musste doch der Mais fürs ganz Jahr gekauft werden. Erst im April 2008 wurde Volllast gefahren, auch dieses Jahr schloss mit einem Minus ab. Im Vorjahr traf die Ellerauer das Bilanzmodernisierungsgesetz, die Neuregelung vergrößerte den Schuldenberg um weitere 115 000 Euro. Die Betreiber stellten fest, dass der Motor am Freibad, der im Sommer die Energie für das Aufheizen des Wassers liefern soll, keine volle Leistung brachte, was weitere 55 000 Euro minus bedeutete.

Die Ursachen für die Schwäche des Motors ließen sich nicht klären

"Der Mangel hat sich leider auch in den zurückliegenden Monaten eingestellt. Die Ursachen sind vielfältig, sie konnten auch nach umfangreichen Gesprächen mit Lieferanten und Hersteller nicht eindeutig geklärt werden", sagt Urban, der inzwischen auch Vorsitzender der Kommunalbetriebe Ellerau (KBE) ist. Der gemeindeeigene Betrieb ist zuständig für Biogas, Nahwärme, Telekommunikation, Wasser, Abwasser, das Freibad und den Bauhof.

Nun wird der Generator überholt, steht rund drei Wochen still. Das bedeutet, so Urban, für dieses Jahr einen Verlust von 100 000 Euro, sodass sich das Gesamtdefizit auf rund 900 000 Euro belaufen werde. Allerdings stecken in der Bilanz auch die Kosten für das Freibad, das pro Jahr ein Minus von 150 000 bis 200 000 Euro einfährt. Auch diese Befürchtung der FDP hat sich bewahrheitet: Das Neubaugebiet hinter dem Hochhaus an der Königsberger Straße ist langsamer voll gelaufen als erwartet. Rund 60 Prozent der Bauflächen sind verkauft.

"Wir sind da wohl etwas zu optimistisch rangegangen", sagt der Bürgermeister, der aber die Chance sieht, die Anlage langfristig in die Gewinnzone zu steuern. KBE habe einen neuen Wartungsvertrag abgeschlossen und gehe davon aus, dass die Anlage künftig störungsfrei und effizienter arbeiten wird. Die Erlöse aus dem Wärmeverkauf sollen steigen. Neben weiteren Häusern und Wohnungen im Neubaugebiet werden auch die Seniorenwohnanlage und die neue Kita ans Nahwärmenetz angeschlossen. Urban geht davon aus, dass die Biogasanlage künftig rund 50 000 Euro pro Jahr abwerfen wird.

Bis dahin soll die Gemeinde einspringen und von 2012 bis 2017 den Verlust mit 80 000 Euro pro Jahr mindern, denn KBE sitzt die Landesverordnung für Kommunalunternehmen im Nacken. Darin heißt es: Ein nach fünf Jahren nicht getilgter Verlustvortrag kann durch Abbuchung von den Rücklagen ausgeglichen werden. Zwar reichen die 80 000 Euro pro Jahr dafür nicht, aber: "Wir setzen damit schon mal ein deutliches Zeichen, sodass der Wille zum Abbau des Defizits sichtbar wird", sagt Urban. Ob und wie die Summe gezahlt wird, wird im Finanzausschuss geklärt.

Das Bürger-Forum will die Anlage aus dem Kommunalbetrieb herauslösen

Peter Groth vom Bürger-Forum plädiert für einen radikalen Schnitt: "Am besten, wir zahlen die Summe auf einen Schlag und lösen die Biogasanlage und das Freibad aus dem KBE heraus." So würde verhindert, dass Gewinne und Verluste zwischen den einzelnen Sparten hin und her geschoben würden. Groth teilt Urbans Optimismus nicht: "Ich glaube, dass die Biogasanlage auf Dauer kein Plus, sondern ein leichtes Minus erwirtschaften wird", sagt er.