Am 6. November wählen Kaltenkirchener einen neuen Bürgermeister. Wir haben die fünf Kandidaten zu Hause besucht. Heute Hanno Krause.
Unterm Dach geht es bunt und laut zu. Die neunjährige Fenja und ihre drei Jahre jüngere Schwester Janeke haben die Legosteine herausgekramt und bauen einen Zirkus. Eine wackelige, aber durchdachte Konstruktion entsteht zwischen Kuschelpferdchen und Sitzsack auf dem Teppich, der unter den farbigen Steinen kaum noch zu erkennen ist. Sogar über den Eintritt für den Zirkusbesuch haben sich die Mädchen Gedanken gemacht.
"Hier oben ist Chaos erlaubt", sagt Hanno Krause und hockt mittendrin. Der Mann mit der streng geformten Brille, der oft zurückhaltend (manche sagen: steif) wirkt, kann sich für diese Action unterm Dach des Einfamilienhauses in Ahrensburg begeistern. "Meine Familie ist mir wichtig", sagt mit einem liebevollen Lächeln der Mann, der in Kaltenkirchen Bürgermeister werden will. "Hier entspanne ich mich." Man sieht es ihm an.
Im Ahrensburger Rathaus leitet Krause eine Abteilung mit 100 Mitarbeitern
In diesen Wochen sehen Fenja, Janeke und seine Lebensgefährtin Elke ihren Hanno jedoch nur selten. Im Ahrensburger Rathaus leitet er eine komplette Abteilung mit 100 Mitarbeitern und ist verantwortlich für Bildung, Sport, Kultur und soziale Einrichtungen. Nach Feierabend und am Wochenende fährt der 47-Jährige nach Kaltenkirchen und macht Wahlkampf, besucht Betriebe, stellt sich öffentlichen Diskussionen, geht auf den Wochenmarkt und zu Volksfesten, lädt zu Fahrradtouren ein und berät sich mit seinen Parteifreunden von der CDU, die ihn als Kandidaten und Nachfolger des abgewählten Stefan Sünwoldt ins Rennen geschickt haben. Ein streng getakteter Tagesablauf - das Chaos muss sich aufs Kinderzimmer beschränken.
Krause legt Wert darauf, kein CDU-Bürgermeister zu werden und ist sich dabei mit seinen Parteifreunden einig. "Ein Bürgermeister soll parteiübergreifend arbeiten", habe ihm der Kaltenkirchener Ortsverband zu verstehen gegeben, als Krause nach den Anforderungen für das Amt fragte. Seine Parteizugehörigkeit ist auf seiner Homepage nur in Nebensätzen zu entdecken.
Der Mann ist vom Fach und stellt selbstbewusst sämtliche Zeugnisse auf seine Homepage. "Ich möchte das Unternehmen Verwaltung leiten", sagt Krause, der auf Teamarbeit, intensive Kommunikation und - ganz der Managertyp - klare Strukturen im Arbeitsalltag setzt. Ob es um Schulen, Kindergärten oder Kultur geht - für Krause sind Zielvorgaben, Überprüfung von Zwischenergebnissen und am Ende die Bilanz unverzichtbar: "Jeder kennt seine Verantwortung", sagt Krause. "Am Ende wird knallhart abgerechnet."
Hanno Krause war in der DDR nicht aufmüpfig, aber kritisch
"Wenn ich etwas anfange, dann mache ich das sehr ernsthaft", sagt Hanno Krause über sich, der in einer Kleinstadt in Mecklenburg aufwuchs, früh seine Begeisterung für den Sport entdeckte und es bis zu den DDR-Meisterschaften der Sportschützen brachte. Außerdem spielte er Volleyball, schwamm, ließ sich zum Schiedsrichter ausbilden und übernahm mit 16 Jahren seine erste kleine Führungsposition als Übungsleiter.
"Ich habe den Staat als Diktatur erlebt und mich wie in einem Käfig gefühlt", sagte Krause, der nie Mitglied einer politischen Organisation in der DDR war. Krause war nicht aufmüpfig, aber kritisch mit dem Mut und der Wut eines jungen Mannes. Als er Ende der 80er-Jahre nach dem Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee an der Uni Rostock Agrarwissenschaften studierte, traf sich Krause mit anderen Studenten zur Gesprächen über Systemfehler. "Da war eine Menge Angst im Spiel", sagt er. Jeder Teilnehmer der Gesprächsrunden wusste, dass das Studium beendet gewesen wäre, wenn der Machtapparat von den geheimen Runden erfahren hätte. Sein Diplom absolvierte Krause mit der Note 1.
Zwei Eigenschaften bestimmten sein Leben, als die DDR unterging: seine Bodenständigkeit und sein Wille, die Entscheidungen über sein Leben selbst zu treffen. Krause blieb in seiner Heimat Mecklenburg, begann ein weiteres Studium und verließ die Uni Rostock als Betriebswirt. Danach zog es ihn in die Verwaltung. "Wichtig war mir, dass ich mit Menschen zu tun hatte", sagt Krause, der 2004 nach Ahrensburg ging, aber seiner Heimat in Mecklenburg-Vorpommern immer noch tief verbunden ist. Bilder des Städtchens Warin zieren seine Facebook-Seite. Freunde und sein Vater leben dort.
Dass auf seine Lebenspartnerin Elke und ihre Töchter Fenja und Janeke innerhalb weniger Monate ein weiterer Umzug zukommt, wenn Hanno Krause am 6. November Bürgermeister in Kaltenkirchen wird, hat sie akzeptiert. Erst im vergangenen Jahr hatten sich die Sozialpädagogin aus Schwaben und der geschiedene Verwaltungsmann aus Ahrensburg kennengelernt.
Nach acht Monaten zogen die beiden in Ahrensburg zusammen und leben seitdem zur Miete in dem Einfamilienhaus. "Es war Liebe auf den ersten Blick", sagt Elke mit einem strahlenden Lächeln. "Uns war sehr schnell klar, dass wir eine gemeinsame Zukunft planen wollen." Verheiratet sind die beiden nicht. "Noch nicht", sagt Elke, die im Kreis Stormarn in einem Frauenhaus arbeitet.
Krause radelt schon mal 80 Kilometer durchs Grüne, schwimmt und läuft
Und womit beschäftigt sich Hanno Krause, wenn er sich nicht um Verwaltung und Familie kümmert, und wenn der Wahlkampf vorüber ist? Er malt Aquarelle oder mit Acryl. "Ich mache das sehr leidenschaftlich", gesteht er. "Manchmal vergesse ich dabei komplett die Zeit."
Auch dem Sport ist er treu geblieben, allerdings außerhalb eines Vereins, da er regelmäßige Trainingstermine kaum einhalten kann. Und so setzt sich Hanno Krause aufs Crossrad, brettert schon mal 80 Kilometer durchs Grüne, schwimmt anschließend 1000 Meter und läuft danach noch eine Runde. "Ab und zu muss ich mich auspowern", sagt der Kandidat. "Danach geht es mir besser."
Morgen stellt sich Hanno Krause den Jungwählern vor. Hierfür lädt der Politiker für 19 Uhr zu einer Informations- und Gesprächsrunde ins Bürgerhaus (Friedenstraße 9). Dort präsentiert Krause zunächst sein Konzept für die Jugend, ehe die Anwesenden die Möglichkeit haben, eigene Vorstellungen in die Diskussion einzubringen.
