Landwirte im Kreis fahren mindestens 30 Prozent weniger Gerste ein. Carsten Piehl hat trotzdem Freude am Dreschen

Kreis Segeberg. Es rattert und knattert. Gerstenkörner fliegen kreuz und quer. Der große Mähdrescher brettert über das hügelige Feld - am Steuer sitzt der 32-jährige Getreidebauer Carsten Piehl aus Heiderfeld. Er ist einer der Ersten im Kreis, die schon jetzt auf den Getreidefeldern unterwegs sind, um die Ernte einzufahren.

Piehl drückt einen gelben Knopf, es ertönt ein Piepton: "Das ist das Zeichen für den Treckerfahrer, dass er hierher kommen soll", sagt er im lauten Ton, um die Motorengeräusche zu übertönen. Links neben ihm kommt ein roter Traktor angefahren, Piehl drückt den grünen Knopf - die soeben gedroschenen Gerstenkörner werden nun mit Hochdruck in den Anhänger des Treckers katapultiert. Und weiter geht die Fahrt. "So geht das den ganzen Tach", sagt Piehl mit norddeutschem Akzent.

Er macht seinen Beruf leidenschaftliche gerne. Jetzt, in der Ernte-Zeit müsse man zwar enorm früh aufstehen und teilweise mehr als zwölf Stunden dreschen. Aber: "Es ist toll, die Ergebnisse von einem ganzen Jahr Arbeit vor sich zu sehen". Schade nur, dass die diesjährige Getreide-Ernte im Segeberger Raum "ziemlich mies" ausfällt. Getreidebauer Piehl schätzt, dass er am Ende Einbußen von etwa 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr haben wird. Jens-Walter Bohnenkamp, Vorsitzender des Vereins landschaftlicher Fachhochschulabsolventen Bad Segeberg und Kaltenkirchen, sagt: "Hochgerechnet auf alle Betriebe haben wir sogar Einbußen bei der diesjährigen Ernte von 40, in Einzelfällen sogar bis zu 60 Prozent."

Es ist nicht nur die Gerste, die derzeit hohe Verluste aufweist: "Wir werden in allen Bereichen ein Minus von mindestens 30 Prozent haben", so Carsten Piehl. Beim Weizen und Raps beispielsweise. So ein schlechtes Jahr habe es lange nicht gegeben.

Schuld daran ist natürlich das Wetter: Weil es im Oktober vergangenen Jahres zu viel geregnet hat, als die Saat auf den Feldern verteilt wurde. Weil der Winter zu früh zu kalt und es im April und Mai zu heiß und zu trocken war. Weil es jetzt im Juli nicht warm genug ist - deshalb könne keine gute Ernte eingefahren werden. "Das Wetter hat uns Getreidebauern eindeutig einen Strich durch die Rechnung gemacht", sagt Piehl. Immerhin seien die Getreide-Preise momentan ganz gut - und der Großmarkt sei immer ein sicherer Abnehmer. Zumindest für die Gerste, die oft weltweit als Schweinefutter vermarktet wird.

Bauer Piehl hofft, dass die Ernte im kommenden Jahr wieder besser wird

In all den Jahren hat Piehl jedenfalls gelernt, mit dem Wetter zurechtzukommen und mit der Natur im Einklang zu leben. Wenn er morgens aus dem Fenster schaut, beobachte er zunächst den Wind: "Wenn der aus Osten kommt, bleibt das Wetter beständig". So wie heute. Es ist einigermaßen trocken, Sonne und Wolken wechseln sich ab. Der Wetterdienst hat zwar Regen angesagt, aber Piehl weiß: "Es wird nicht regnen, sodass ich in Ruhe dreschen kann". Und tatsächlich bleibt es trocken. Der Heiderfelder nimmt einen großen Schluck Kaffee aus der Thermoskanne - damit halte er sich den ganzen Tag über wach. Die daneben liegende Butterdose ist bereits leer: "Da war selbst gemachter Butterkuchen mit Johannesbeeren drin. Der war echt lecker", sagt er und lächelt. Er glaube, dass das nächste Ernte-Jahr wieder besser wird. Auch da freue er sich schon wieder drauf. Ein positiver Nebeneffekt sei nämlich: Während der Ernte nimmt der 32-Jährige meistens fünf bis zehn Kilo ab - weil er halt den ganzen Tag nur auf den Feldern rund um seine Heimat auf Achse sei und selten zum Essen komme. Trotzdem genießt er diese Zeit, in der er rosafarbene Sonnenaufgänge aus seinem Mähdrescher und rote Sonnenuntergänge über den Feldern Segebergs beobachten kann.

Langweilig wird ihm nie, wenn er von frühmorgens bis spät in die Nacht über die Felder juckelt. Nicht mal Radio läuft bei ihm im Drescher - und der alte Kassettenspieler findet eh keine Verwendung mehr. "Es ist wichtig, dass ich die Motoren um mich herum wahrnehme. Sonst höre ich ja nicht, wenn irgendwas kaputt ist". Er guckt nach links und rechts. Überprüft, ob er auch tatsächlich die Spur hält. Auf dieser Strecke nimmt er nur die Hälfte der Gerste mit - "Mein Hänger ist voll. Wenn ich jetzt Vollgas gebe, schaffe ich es nicht mehr bis zum Trecker". Der steht mittlerweile auf der anderen Seite des Feldes. Wartet auf neue Ladung. Piehls Mähdrescher ruckelt langsam dahin. "Jo, das is ja wieder gut gelaufen, ne", sagt er zufrieden und fährt die nächste Runde übers Feld.