Norderstedter Filmproduzent Helge Heggblum dokumentiert Hilfsprojekt des Vereins Sonnenwasser in Brasilien

Als der Norderstedter Filmproduzent Helge Heggblum und sein Freund Fritz Strohecker Anfang Juni durch den brasilianischen Dschungel zum Volk der Deni reisten, litten Tausende Menschen in Deutschland an einer gefährlichen Mutation des EHEC-Erregers. Die Hochleistungsmedizin eines modernen Industrielandes wurde mobilisiert, um die lebensgefährliche Durchfallerkrankung zu bekämpfen. Die Epidemie mit mehr als 40 Toten war wochenlang das am meisten diskutierte Thema. Als vor sechs Jahren eine Durchfallepidemie Dutzende Angehörige der 1500 Deni und des Nachbarstammes Canamari in Brasilien tötete, waren sie hilflos und auf sich allein gestellt. Nur wenige Menschen erfuhren von der Katastrophe mitten im Regenwald. Der tödliche Keim kam aus dem Fluss Rio Xeirua, der einzigen Trinkwasserquelle des kleinen Volkes.

Erwachsene und Kinder waren bereits an den Folgen der Durchfälle gestorben

Gerade mal 7000 Euro hat es Jahre später gekostet, das kleine indigene Volk zu retten, das in einem der entlegendsten Regionen Amazoniens lebt. Filmemacher Heggblum war drei Wochen unterwegs, um die ebenso preiswerte wie erfolgreiche Hilfe mit seiner Kamera zu dokumentieren. "Ein grandioses Erlebnis", sagt der 36-Jährige, der sich in Norderstedt mit seiner Firma HH-Film niedergelassen hat.

Die Geschichte der Hilfe für die Deni und die immer wiederkehrenden Epidemien durch verseuchtes Trinkwasser aus dem Fluss begann mit einem Hilferuf der Urwaldbewohner. Verzweifelt baten sie im Jahr 2005 den deutschen Geistlichen Walter Sass um Hilfe, der sich seit Jahrzehnten als "Indio-Pastor" um die bedrohten Völker im Amazonas-Gebiet kümmert, ihnen das Lesen und Schreiben beibringt und notdürftig versucht, medizinische Hilfe zu organisieren. Die Hilfe musste schnell kommen: Mehrere Erwachsene und Kinder waren bereits an den Folgen der Durchfälle gestorben.

Ein großer Fortschritt , doch nicht jedes Deni-Dorf war versorgt

Sass nahm Kontakt mit dem Nationalen Forschungsinstitut Amazoniens (INPA) in der brasilianischen Metropole Manaus auf, wo der deutsche Wissenschaftler Roland Vetter auf eine gleichermaßen einfache wie wirkungsvolle Idee kam: Er kombinierte eine handelsübliche Wasseraufbereitungsanlage, die zum Beispiel in Wohnmobilen und Yachten eingesetzt wird, mit moderner Solartechnik. Das Prinzip: Solarstrom pumpt Flusswasser in die Aufbereitung. Dort sorgt UV-Licht für Keimfreiheit. Seit 2008 steht die erste Pilotanlage bei den Deni und sichert die Versorgung mit keimfreiem Wasser. Ein großer Fortschritt für die Indios, doch nicht jedes Deni-Dorf war damit versorgt.

Die lange Reise ins Amazonas-Gebiet konnte beginnen

Hilfe für die Menschen in weiteren Dörfern kam aus Schleswig-Holstein. Der pensionierte Fernsehjournalist Fritz Strohecker, 73, aus Schwedeneck bei Kiel kannte von seinen Reportagen in Südamerika sowohl den Indio-Pastor Sass als auch das Institut in Manaus, wo die rettende Idee entstand, Wasser im Dschungel mit ultraviolettem Licht zu reinigen. Strohecker war von Idee, mit simpler Technik das Überleben der Menschen zu sichern, begeistert. Er gründete im Jahr 2010 den Verein Sonnenwasser, der sich zum Ziel setzte, Menschen mit sauberem Trinkwasser zu versorgen. Er sammelte Spenden, bis genug Geld zusammengekommen war, um die nächsten Anlagen für die Deni zu installieren. Allein 16 000 Euro hatte die Bingo-Umweltlotterie gestiftet.

Die lange Reise ins Amazonas-Gebiet konnte beginnen: Am 25. Mai starteten Strohecker und Heggblum in Richtung Manaus, flogen von dort in die 800 Kilometer entfernte Kleinstadt Carauari, stiegen auf ein Boot um und fuhren 60 Stunden zunächst auf dem Rio Jurua, dann auf den Rio Xeirua ins Gebiet der Deni. Dann ging alles sehr schnell. Mit einer Motorsäge und Macheten bauten Arbeiter das Gerüst für die Aufbereitungsanlage, installierten Pumpe, Solartechnik und die UV-Anlage. "Schlicht und robust" - so beschreibt Heggblum das Prinzip der Anlage, die ohne Chemie auskommt und etwa 400 Liter pro Stunde entkeimt. Auch das Abkochen des Wassers ist nicht notwendig.

"Unten kam absolut keimfreies Trinkwasser heraus"

Zum Schluss installierten die Arbeiter den Wasserhahn. "Unten kam absolut keimfreies Trinkwasser heraus", sagt Heggblum, der jeden Arbeitsschritt mit seiner Kamera dokumentierte und die Chance nutzte, Impressionen im Urwald zu filmen. Jeden Morgen saß er am Ufer, ließ sich von den Sonnenaufgängen berauschen, begleitete die Deni bei ihrer Arbeit und lernte, dass in dieser Gegend Amazoniens der Regenwald noch intakt ist. Für die lange Rückreise nutzten die Männer aus Deutschland selbst das Wasser aus der UV-Anlage. Sie füllten ihre Kanister und genossen in der tropischen Hitze das klare, keimfreie Wasser.

"Die Deni sind ein Garant dafür, dass der Regenwald erhalten bleibt", sagt Heggblum. Die Deni betreiben eine Ackerwirtschaft, die dem Urwald nicht schadet. Haben sie ein Feld bewirtschaftet, suchen sie sich eine neue Fläche, damit der Wald den nicht mehr genutzten Acker zurückerobern kann. Sie genießen einen Autonomiestatus in ihrer Heimat. Wer das kleine Volk besuchen will, muss eine Genehmigung beantragen und sie auf einem Wachboot auf dem Fluss vorweisen. "Ohne triftigen Grund kommt dort keiner vorbei", sagt Heggblum.

Nach dem Erfolg der Wasseraufbereitung bei den Deni hat Roland Vetter vom INPA-Institut in Manaus 60 weitere Anlagen im Amazonas-Gebiet installiert. Auch andere Gegenden auf dem Globus kämen für den Einsatz der UV-Geräte in Frage, meint Strohecker. "Die Technik kann weltweit eingesetzt werden, auch bei Naturkatastrophen", sagt der Journalist. Eine Anfrage aus Mali liegt dem Verein bereits vor. Außerdem pflegt sein Verein erste Kontakte nach Indien.

Der Film, den Heggblum gedreht haben, soll im August auf DVD erhältlich sein. Außerdem will er den Streifen in regionalen Kinos zeigen. Die Einnahmen sollen dem Verein zugutekommen. Um Kinder und Jugendliche über die Probleme der Trinkwasserversorgung zu informieren, sind weitere Aufführungen in Schulen geplant.