Norderstedter Hilfsorganisation KBA nimmt am Sonnabend einen Hubschrauber in Betrieb. Dessen Einsatz ist allerdings umstritten

Norderstedt. Die Retter der Norderstedter Hilfsorganisation KBA kommen demnächst auch aus der Luft. Ab Sonnabend ist auf dem Flugplatz Hartenholm bei Bad Bramstedt der neue Notarzteinsatzhubschrauber (NEH) des Vereins startklar und einsatzbereit. Der NEH soll bei lebensbedrohlichen Verletzungen und Erkrankungen als schneller Zubringer für den Notarzt dienen. Die Maschine im typischen KBA-Design ist erst der zweite NEH, der in Deutschland im Einsatz ist. Ein weiterer NEH sorgt für den luftgestützten Notarzttransport in Bad Doberan (Mecklenburg-Vorpommern).

Der Hubschrauber mit dem Funkrufnamen KUNO-SH-01 wird nicht - wie herkömmliche Rettungshubschrauber - für den Transport von Patienten eingesetzt, sondern die schnelle Notarztversorgung besonders im ländlichen Raum Schleswig-Holsteins und in den Ferienregionen gewährleisten.

Kuno soll immer dann aufsteigen, wenn ein mit Notarzt besetztes Auto für einen Einsatz nicht zur Verfügung steht oder die Anfahrt zu lange dauern würde. Im Kreis Segeberg ist die Aufteilung bislang klar: Der KBA ist für die Versorgung mit Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) in der Stadt Norderstedt zuständig. Den Rest des Kreisgebietes deckt der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes ab. Der KBA hält ein NEF bereit, beim Roten Kreuz sind es drei.

Besonders während der Sommermonate sei der Bedarf an Notärzten groß, weil sich wegen der Urlaubsaison deutlich mehr Menschen in Schleswig-Holstein aufhalten als zu anderen Jahreszeiten, sagt KBA-Chef Michael Vollmer. Zum Einsatzgebiet des Hubschraubers vom Typ BO 105 sollen das nördlichste Bundesland, der Nordwesten Mecklenburg-Vorpommern sowie der Norden Niedersachens gehören.

"Die Einsätze sind grundsätzlich von den Krankenkassen zu zahlen", sagt Vollmer. Ein Einsatz mit einer kurzen Strecke schlage mit ca. 600 Euro zu Buche. Der Einsatz eines Rettungswagens kostet 575 Euro. Wird ein Rettungstransporthubschrauber gerufen, betragen die Kosten mehrere 1000 Euro.

"Wir finanzieren das Projekt vor", sagt Vollmer. Förderer und Sponsoren unterstützen die Bereitstellung des Hubschraubers, die zunächst bis Ende September befristet ist. Dann will der KBA auswerten, ob der fliegende Notarzt auch künftig unterwegs ist. Die Zahl der Einsätze vorherzusagen sei schwierig, sagt Vollmer. Er rechnet mit zwei bis drei Flügen pro Tag. "Alle Leitstellen sind informiert, dass der NEH ab Sonnabend einsatzbereit ist", sagt der KBA-Chef.

Ob jedoch die Rettungsleitstellen, in denen die 112-Notrufe auflaufen, den Hubschrauber alarmieren werden, ist noch offen. Die Rettungsleitstelle Norderstedt, die den gesamten Rettungsdienst im Kreis Segeberg koordiniert, darf laut einer Anweisung des Kreises Segeberg den Hubschrauber nicht einsetzen. Dieses Verbot bestätigte ein Sprecher der Stadtverwaltung der Norderstedter Zeitung. Andere Kreisverwaltungen in Schleswig-Holstein haben offenbar ähnliche Anweisungen an die Disponenten verschickt.

Zwar liegt dem KBA eine Zulassung des Luftfahrtbundesamtes vor. Auch Personal und Ausstattung entsprechen den gesetzlichen Anforderungen. Doch die für den öffentlichen Rettungsdienst verantwortlichen Kreise argumentieren mit Formalien. Der NEH sei kein Luftrettungsmittel im Sinne des Rettungsdienstgesetzes, hieß es in der Kreisverwaltung. Von einem generellen Verbot, den Hubschrauber einzusetzen, könne man jedoch nicht sprechen: "Es gibt von jeder Regel eine Ausnahme." Diese Einschätzung werde auch vom Sozialministerium in Kiel geteilt. Dort sieht man indes keine Probleme beim Einsatz des Hubschraubers. "Der Betrieb ist nicht genehmigungspflichtig", sagte Ministeriumssprecher Christian Kohl.

Die letzte Entscheidung, wann Kuno gerufen wird, dürfte damit ab Sonnabend bei der Einsatzleitstelle liegen. Der Disponent, der den Notruf annimmt und den Einsatz koordiniert, muss sich einerseits an die Vorgabe des Kreises Segeberg halten, den KBA-Hubschrauber nicht zu rufen. Andererseits steht er im Extremfall vor einem rechtlichen Problem: Verzichtet er auf einen Alarm für den Hubschrauber, obwohl der Notarzt per Auto viel länger unterwegs wäre, könnte er sich der unterlassenen Hilfeleistung schuldig machen. Auch für die Folgeschäden durch eine verspätete medizinische Versorgung müsste er möglicherweise die Verantwortung übernehmen.

"An diesen Kollegen bleibt der Konflikt hängen", hieß es im Rahaus der Stadt Norderstedt, die im Auftrag des Kreises Segeberg die Rettungsleitstelle betreibt.