Betrunkene Besucher der “Costa Kiesa“ randalieren in der Heidestraße. Die Anlieger leben in ständiger Angst

Tangstedt. Diesen Abend wird der sportliche wirkende Mann aus dem Tangstedter Ortsteil Wilstedt-Siedlung wohl niemals vergessen "Mein Leben hat sich verändert", sagt Uwe S. (Name von der Redaktion geändert), der von einer Gruppe Jugendlicher brutal zusammengeschlagen wurde.

Montagabend gegen 20.15 Uhr biegt Uwe S.. mit seinen Inlineskates von der Harksheider Straße in die Heidestraße ein und trifft dort kurz vor dem Ortsschild auf eine Gruppe junger Frauen und Männer, von denen einer bereits vorher eine Flasche auf die Straße geworfen hatte. Der Mann will auf seinen Inlinern an den offensichtlich Angetrunkenen vorbeifahren, als sich plötzlich zwei Männer auf ihn stürzen, ihn umreißen und beginnen, mit Füßen und Fäusten auf ihn einzuschlagen. Uwe S,. hält schützend die Hände mit den Schutzhandschuhen vor den Kopf und versucht, wieder auf die Beine zu kommen. Das misslingt, weil die Schläger sofort gegen seine Füße treten, um ihn am Boden zu halten. Der Schlag- und Tritthagel geht weiter, bis ein Auto hält und ein kräftiger Mann aussteigt. Anschließend hält noch ein weiterer Autofahrer und steigt aus. Erst dann lassen die beiden Täter von ihrem Opfer und gehen zusammen mit der ganzen Gruppe zur etwa 200 Meter entfernten Bushaltestelle.

"Die Schläger waren bereit, mich zu töten", sagt Uwe L., dessen Körper mit Prellungen übersät ist. Auch nach Tagen steht er noch sichtlich unter Schock. "In meinem Kopf verspüre ich einen leichten Druck, das kommt wahrscheinlich daher, dass meine Handschuhe die Schläge und Tritte blockiert haben und der Kopf deshalb nur indirekt getroffen wurde." Der Helfer, der zuerst am Tatort erscheint, bestätigt, dass die Täter wahrscheinlich weiter hemmungslos auf den am Boden Liegenden eingeschlagen hätten. Er und der andere Helfer haben Zivilcourage bewiesen und Uwe S. gerettet. "Ich hatte Angst und stand unter Adrenalin", sagt der "Ersthelfer"

Der Hauptschläger hatte viel Alkohol getrunken

Die Szene an der Heidestraße entwickelt sich weiter. Als Uwe S. und seine Helfer bemerken, dass der Bus mit den inzwischen eingestiegenen Tätern abfahren will, stoppen sie ihn und informieren den Busfahrer. Der wartet, bis die Polizei eintrifft und die Gang, bei der es sich offensichtlich um junge Deutsch-Russen handelt, aus dem Bus holt. Der Hauptschläger aber türmt vorher. Er wird kurz darauf von einer Polizeistreife an der Gabelung Heidestraße/Waldstraße festgenommen. Wie festgestellt wird, hat er viel Alkohol getrunken: 1,86 Promille ergibt der Alcotest.

Auswüchse dieser Art hat es im Bereich der Bushalte Heidestraße in Wilstedt-Siedlung bisher noch nicht gegeben. Sie sind der Höhepunkt einer Entwicklung, die von den Bewohnern der Heidestraße und der Waldstraße mit großer Sorge beobachtet wird. Junge Leute kommen tagsüber mit dem Bus an und gehen anschließend in Richtung "Costa Kiesa", um dort am Wasser einen Sommertag zu verbringen. Bei der abendlichen Rückkehr sind viele von ihnen angetrunken, Müll landet in den Vorgärten, Zäune werden beschädigt, es wird in die Hecken uriniert. Nicht nur für die unmittelbaren Anlieger ist das unerträglich, auch andere Bewohner aus Wilstedt-Siedlung trauen sich zu später Abendstunde nicht mehr an dieser Stelle vorbei.

Die Gemeinde Tangstedt und das Amt Itzstedt kennen die Probleme der Anlieger. Ihre bisherigen Bemühungen, die Situation zu ändern, waren nur zum Teil erfolgreich. Immerhin hat die Gemeinde Tangstedt einen privaten Sicherheitsdienst beauftragt, freitags, sonnabends und sonntags von 20 bis 24 Uhr rund um den Badesee für Ordnung zu sorgen. Eine andere Lösung scheiterte bisher an den Bedenken, der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH): Die Verlegung der Bushaltestelle. Dafür nämlich sind rechtlich besondere räumliche Voraussetzungen nötig, außerdem darf der Fahrplan nicht gefährdet werden. Aber gerade gestern bekam Bürgermeister Dr. Hans-Detlef Taube einen entscheidenden Hinweis der Verkehrsgesellschaft: Wahrscheinlich wird die Haltestelle etwa 50 Meter von der Harksheider Straße entfernt an der Heidestraße eingerichtet. Direkt an der Harksheider Straße dürfe es auch Sicherheitsgründen keine Haltestelle geben.

Sollte es tatsächlich zur Verlegung der Bushaltestelle kommen, könnten die Anwohner aufatmen. Johanna Holowaty wohnt gegenüber der jetzigen Haltestelle und findet die Zustände unhaltbar: "Bei uns wird Dreck über den Zaun geworfen, der Postbriefkasten an der Straße wurde demoliert, und vor allem ist es sehr laut."

Wenn die Polizei kommt, sind die Jugendlichen schon wieder weg

Noch stärker betroffen ist eine Familie, die direkt an der Bushaltestelle wohnt. Herumgeisternde Jugendliche auf dem Grundstück, Lagerfeuer vor dem Zaun, angezündet mit vom Hof entwendetem Holz, in den Garten geworfene Flaschen und Schläge gegen den kleinen Hund - das alles kann die Familie, die ihren Namen aus Angst vor Repressalien lieber nicht veröffentlichen lassen möchte, kaum noch verkraften. "Wenn die Polizei kommt, sind die Jugendlichen schon wieder verschwunden, und wenn die tagsüber Streife fahren, ist natürlich gar nichts zu sehen." Festgestellt hat die Familie, dass die Beeinträchtigungen stärker geworden sind, seitdem der Baggersee in Norderstedt wegen der Landesgartenschau nicht mehr frei genutzt werden kann.