Sina Woldmann und Mareike Ehlers stellen heute die Gemeinschaftsschule Rhen am Schäferkampsweg in der Gemeinde Henstedt-Ulzburg vor

Für Hausmeister Michael Becker ist der Kunstraum ein echter Dorn im Auge. Er stört ganz einfach seinen Ordnungssinn. Oberflächlich betrachtet mag der Mann Recht haben: Der Anblick ist gewöhnungsbedürftig. Und jemandem, der in der Schule für die Ordnung zuständig ist, kann ein solcher Raum schon auf den Magen schlagen. Aber Herr Becker steht mit seiner Meinung so ziemlich alleine da. Jammern und klagen hilft hier nicht weiter: Die Schüler lieben diesen Fachraum im ersten Stock der Gemeinschaftsschule Rhen. Tatsächlich lagern hier gefühlte 1000 Kunstwerke von 1000 jungen Künstlern: Der Raum ist ein äußeres Zeichen dafür, dass der Kunstunterricht in der Schule sehr ernst und wichtig genommen wird. In einer Kunstwerkstatt sieht es nun mal so aus. "Alle Schüler lieben den Kunstunterricht", sagt Sina Woldmann, 16, aus der Klasse 10b. Und alle Schüler lieben Verbindungslehrerin Susanne Heuer, die für das durchaus noch überschaubare Chaos im Raum verantwortlich ist. Sie ist für den Kunstunterricht an der Schule zuständig.

Wie ernst dieser Unterricht genommen wird, ist in der Schulaula zu besichtigen. Dieser leicht überdimensioniert wirkende Raum mit Hallencharakter liegt gleich hinter dem Eingang und ist bestückt mit allerlei Kunstwerken aus eigener Schülerwerkstatt. Generationen von Schülerinnen und Schülern finden hier noch freie Ausstellungsflächen für ihre Kunstwerke.

Die große Aula ist der Mittelpunkt der Schule, aber sie wird zu wenig genutzt

Sina Woldmann und Mareike Ehlers, 15, sind die Sprecherinnen der Schülerschaft - beide haben die Aufgabe übernommen, die Rhener Schule am Schäferkampsweg vorzustellen. Der Rundgang beginnt in der Aula. Zwangsläufig, weil kein Weg drumherum führt. Aber die lichtdurchflutete Aula wird nach Ansicht der beiden Schülerinnen noch zu wenig genutzt. Zwar läuft jeder Schüler pro Tag bestimmt zehnmal durch diesen Raum, offiziell wird er bei Zeugnisvergaben oder Weihnachtsfeiern genutzt. Da geht noch mehr, glauben die Schülersprecherinnen. Aber egal: Wer die Schule zum ersten Mal betritt, ist beeindruckt von der Wucht dieses Raumes mit den hohen Fensterfronten auf der Nord- und Südseite. Oberhalb des Saales laufen Galeriegänge zu den Klassenzimmern und Fachräumen.

Überhaupt wird die 1999 erbaute Schule durch viele Glasflächen optisch aufgewertet. Das sieht gut aus, stellt Schüler und Lehrer aber auch vor Probleme: Die Klassenräume sind alle nach Westen ausgerichtet, sodass die Sonne in den Sommermonaten ihre Kraft ungebremst ausbreiten kann. "Es kann schon sehr heiß werden", sagen die beiden Schülersprecherinnen. "Das lässt sich schwer ändern." Aber ansonsten lassen sie nichts auf ihre Schule kommen. Sina zum Beispiel verlässt die Schule vor den Sommerferien für immer. Sie und viele ihrer Klassenkameraden wechseln dann zur Norderstedter Moorbekschule, um das Abitur zu machen. Ein bisschen trauert sie jetzt schon: "Hier ist alles so klein, überschaubar und familiär." Und Mareike ergänzt: "Hier kennt wirklich jeder jeden."

Die Lehrer können alle Schüler direkt mit ihren Namen ansprechen

Tatsächlich sieht auch Schulleiterin Claudia Rückert die überschaubare Größe der Schule als einen unschätzbaren Vorteil. Die Lehrer können alle Schüler direkt mit Namen ansprechen und behalten die meisten von ihnen von der fünften bis zur zehnten Klasse im Blick. "Jeder von uns aus dem Kollegium weiß, wie die Kinder ticken", sagt Susanne Heuer, die jeden Morgen mit Begeisterung zur Arbeit geht. Das bedeutet auch, dass Kinder auf der sozialen Ebene gut aufgefangen werden können - der "familiäre Touch" zeichnet diese Schule aus.

Als die Realschule Rhen in Betrieb genommen wurde, stand sie allein auf einem Feld am Schäferkampsweg. Inzwischen ist das Jugendzentrum auf dem Schulgelände hinzugekommen, derzeit werden in der Nachbarschaft der Schule Einfamilienhäuser gebaut. Die Realschule ist im vergangenen Jahr zur Gemeinschaftsschule geworden - aus der Abseitsschule ist längst eine Schule mittendrin geworden. Und sie ist allseits anerkannt. Das beweisen die Anmeldungen: Es ist Schulleiterin Claudia Rückert etwas peinlich, dass nicht alle angemeldeten Schüler berücksichtigt werden können. 100 Anmeldungen sind zu viel für diese dreizügige Schule. "Es freut uns natürlich, dass wir so beliebt sind", sagt Claudia Rückert. "Aber für das nächste Schuljahr musste jedes vierte Kind abgelehnt werden."

Warum ist die Gemeinschaftsschule Rhen so gefragt? Claudia Rückert fallen dazu mehrere Punkte ein: Die begeisterte und begeisternde Lehrerschaft, die gute Lage, das schöne Gebäude und die gute Ausstattung. "Wir machen Schule für die Kinder vor Ort und sehen ganz genau hin, was die Schüler hier brauchen." Eine Besonderheit sind auch einige Wahlpflichtkurse an der Gemeinschaftsschule Rhen. So können die Schüler der neunten und zehnten Klassen sich für Spanischunterricht entscheiden. Wer mehr über den Wirtschaftskreislauf erfahren möchte, kann sich für den Wahlpflichtkursus "Rund ums Geld" entscheiden.

Ein beliebter Treffpunkt für Schüler und Lehrer ist das "Kleine Hungerloch"

Das alles hört sich euphorisch an. Claudia Rückert weiß das selbst. Aber die beiden Schülersprecherinnen widersprechen ihr nicht: Sie gehen gerne in diese Schule und freuen sich zum Beispiel über die Lernwerkstatt mit der kleinen Fachbücherei. "Hier können sich die Schüler zurückziehen und in Ruhe arbeiten", sagt Mareike Ehlers. "Auch die unteren Klassen nutzen diese Möglichkeit." Beliebter Treffpunkt ist auch das "Kleine Hungerloch": Das ist ein kleiner Kiosk an der Schule, der seinen Namen einst von den Schülern selbst bekam. Durch ein vielfältiges Angebot hat das "Kleine Hungerloch" einen hohen Zulauf. Es werden unter anderem pro Tag von zwei Müttern etwa 230 verschiedene Brötchen, heiße Würstchen und Getränke verkauft. Insgesamt 37 Mütter und Väter sind hier ehrenamtlich tätig.

Häufiger Gast an der Schule ist Sabine Rutten, die Landeskoordinatorin für "Deutsch als Zweitsprache (DaZ)". Denn an dieser Schule wird auf die Sprachbildung geachtet: Frau Rutten berät die Lehrkräfte, wie sie Schüler sprachlich besser unterrichten können. Dabei geht es nicht nur um ausländische Kinder, sondern auch um solche, bei denen eine offensichtliche sprachliche Armut zu erkennen ist. "Es gibt allgemein leider eine Zunahme von Kindern, die einen mangelnden Wortschatz haben und darüber hinaus viele grammatikalische Fehler begehen", sagt Sabine Rutten. "Das sind Kinder aus spracharmen Familien."

Für Claudia Rückert ist das auch ein Grund für die Beliebtheit ihrer Schule: Beratung und Unterstützung von außerhalb. Sie bescheinigt ihrem Kollegium eine Arbeit auf "hohem Level". Allen zusammen gelinge es, die Leistungsgrenzen der Schüler hinauszuschieben, um vielen von ihnen einen Übertritt zur gymnasialen Oberstufe zu ermöglichen. Das funktioniert so gut, dass aus den jetzigen zehnten Klasse der größte Teil der Schüler tatsächlich zum Gymnasium wechselt.