Die Laienmusiker des Norderstedter Sinfonieorchesters sollen Gebühren zahlen, fordern GALiN, SPD, FDP und Die Linke

Norderstedt. Normalerweise verbreitet ein Orchester Harmonie. Doch wegen des Norderstedter Sinfonieorchesters herrschen zurzeit starke Dissonanzen zwischen den politischen Parteien. Die Mitglieder des Orchesters sollen neun Euro Gebühren pro Monat dafür bezahlen, dass sie im Orchester mitwirken. Es sei denn, sie belegen Kurse an der Musikschule Norderstedt, unter dessen Dach das Sinfonieorchester spielt, und zahlen dafür Gebühren.

Aufs Pult brachten die Fraktionen von GALiN, Die Linke, SPD und FDP die Gebührenerhebung bei der letzten Sitzung des Kulturausschusses. Das Thema wurde furios diskutiert, die Entscheidung auf die Kulturausschuss-Sitzung am Donnerstag, 24. März, vertagt (18.15 Uhr, Rathaus).

Sollten die vier Fraktionen für die Gebühren stimmen, befürchten die Kulturstiftung Norderstedt und die CDU, dass sich die Mitglieder aus Norderstedts symphonischen Laienorchester verabschieden. Schließlich gibt es nebenan in Hamburg renommierte Laienorchester wie das Haydn-Orchester und das Orchester '91, in denen ohnehin einige der Norderstedter Amateurmusiker mitspielen. Gebührenfrei.

"Niemand von uns hat beschlossen, ein Sinfonieorchester in unserer Stadt zu gründen, das allein durch die Gebühren anderer Musikschülerinnen und -schüler und den städtischen Zuschuss finanziert wird", sagt Maren Plaschnick (GALiN). Die Vorsitzende des Kulturausschusses brachte das Thema aufs Pult. Das Fach "Orchester" sei ein Ergänzungsfach und dafür seien Gebühren fällig, wenn kein anderes Fach gebucht sei. Das Orchester könne sich aber gern "von der Musikschule unabhängig machen", sagt Plaschnick, beispielsweise als gemeinnütziger Verein. "Wir können und wollen uns kein auf 50 Mitglieder aufgestocktes Sinfonieorchester leisten", fordert Plaschnick. "Dieser Luxus ist in Zeiten knapper Kassen schon fast dekadent zu nennen", sagt die GALiN-Frau.

"Theatervereine erheben auch Beiträge", sagt Miro Berbig, Fraktionschef der Norderstedter Linken. Die Mitglieder würden in ihrem Orchester an einem Instrument weitergebildet und sollten dafür zahlen.

"Wir werden eine Gebührenerhebung mit der Musikschule und mit der Kulturstiftung Norderstedt abstimmen", sagt Marlis Krogmann, FDP-Stadtvertreterin. "Wir haben innerhalb der Fraktion noch Gesprächsbedarf, aber Musiker von außen sollten Gebühren zahlen", sagt Kulturausschussmitglied Emil Stender (SPD).

"Die CDU ist gegen die Gebührenerhebung für Musiker, die keinen Musik-Kursus an der Musikschule belegen und damit kein Entgelt zahlen, denn wir befürchten, dass die Musiker dann das Orchester verlassen - und das wäre sein Ende", sagt Friedhelm Voß, stellvertretender Vorsitzender des Kulturausschusses. Außerdem erziele das Orchester durch die Einnahmen aus Eintrittsgeld für zwei Konzerte im Jahr 50 Prozent seiner Kosten für die Musikschule. "Das Orchester kostet der Stadt jährlich 20 000 Euro, 10 000 Euro spielt es durch die Konzerte wieder ein", sagt Voß. Die Kosten entstehen unter anderem durch Notenmaterial, Honorare und Gema-Gebühren. "Auch die anderen Norderstedter Orchester werden von der Stadt mit bis zu maximal 50 Prozent bezuschusst", sagt Voß. Dazu würde das Symphonische Blasorchester ebenso gehören wie die Feuerwehrkapellen.

"Eine Gebührenerhebung würde das Orchester kaputt machen", sagt Dirigent Frank Engelke. Das bereits 1948 als "Instrumentalgruppe der VHS Garstedt" gegründete Orchester sei ohnehin in einem fragilen Zustand, und vor allem die gerade gewonnenen jungen Musikerinnen und Musiker, die teilweise Anfahrten von Bad Segeberg oder gar Bad Bevensen auf sich nehmen, würden sofort wieder aussteigen. "Wir brauchen aber genau die Mischung von langjährigen und erfahrenen Mitgliedern und den neuen und jungen Musikern, um Qualität zu bieten", sagt Engelke.

Viele Musiker würden dem Orchester nicht nur ihre lange, oft kostspielige Ausbildung und ihr Talent zur Verfügung stellen, sondern auch ihre kostbaren Instrumente. "Sie stellen ihr Können in den Dienst des Orchesters, damit es ein Renommier-Ensemble für Norderstedt wird", sagt Engelke. Es ginge nicht nur darum, neun Euro im Monat zahlen zu müssen, sondern ums Prinzip, von Laien-Musikern ein Entgelt für Auftritte zu verlangen, die dem Orchester und der Stadt zugute kommen.

"Wenn wir zahlen müssen, steigen wir aus", sagen Annette und Hans-Werner Leopold (Viola und Geige) mit ihren Töchtern Wiebke Hagen (Geige) und Ulrike Last (Flöte) entschieden. Hans-Werner Leopold ist zudem Konzertmeister des Orchesters. Es ginge der Familie nicht um neun Euro pro Monat. Sondern ums Prinzip. "Wir erhalten keinen Unterricht. Im Gegenteil, wir erbringen eine Leistung", sagt Leopold.

Auch das Ehepaar Annemarie (Cello) und Klaus Frormann (Viola) legt dann die Instrumente hin: "Wenn wir für die Leistung, die wir für das Orchester erbringen, zahlen sollen, gehen wir woanders hin", sagt Frormann. Die Probenarbeit sei aufwendig, die Instrumente kostspielig. Auch die Frormanns befürchten das Aus des Orchesters.