Der Hospiz-Verein Omega in Norderstedt sucht Menschen, die andere auf ihrem letzten Weg begleiten können

Norderstedt. Für Ursula Kaltenthaler, 74, hat der Tod etwas von seiner Bedrohlichkeit verloren. "Falls ich mal keine Schmerzen erleiden muss und nicht dement werde, dann gibt mir der Gedanke Trost, am Ende meines Lebens nicht allein sein zu müssen."

Die Norderstedterin kennt den Tod und seine vielen Gesichter. 36 Jahre lang arbeitete sie als Krankenschwester in Hamburg und im schweizerischen Basel. Sie lernte die Ohnmacht kennen, die den Menschen im Angesicht des Todes befällt. "Als Jungschwester stand ich hilflos vor den Zimmern der Patienten, die ihre Todes-Diagnose bekommen hatten und traute mich nicht rein", sagt Ursula Kaltenthaler.

Über die Hospiz-Bewegung lernte sie, dass nur Herz und Gefühl über die Ohnmacht hinweg helfen. Dass Menschen, die sich mit dem Tod abfinden müssen, Beistand und ein offenes Ohr, aber auch Normalität im Umgang benötigen. Natürlich erfordert das Kraft. Aber die hatte Ursula Kaltenthaler.

Als sie 1993 aus dem Beruf schied, suchte sie sich ein Ehrenamt und stieß auf die Norderstedter Hospizgruppe Omega. Seit 1999 begleitet Ursula Kaltenthaler Frauen und Männer auf ihrem letzten Weg, und sie kümmert sich um deren Angehörige, damit die im oftmals quälend langen Prozess des Verlustes eines geliebten Menschen mal den Kopf frei kriegen können.

"Ich bin für den Sterbenden so etwas wie ein Neutrum zwischen den Mitgliedern der Familie und den Freunden", sagt die 74-Jährige. Oft bekomme sie viel Vertrauen geschenkt, erfahre vieles, wovon der oder die Sterbende nicht mal den engsten Vertrauten etwas erzählt, nur um niemanden zu sehr zu belasten. "Sterbehilfe ist sehr intim", sagt Kaltenthaler. Etwa 70 Menschen zählen zur Norderstedter Omega-Gruppe. 15 davon sind aktive Sterbebegleiter. Der Verein ist immer auf der Suche nach neuen Mitstreitern. Den Umgang mit Schwerstkranken und Sterbenden muss aber jeder zunächst erlernen. Am Sonnabend, 29. Januar 2011 startet der Verein Omega einen Kursus, der an neuen Abenden und zwei Wochenenden den Teilnehmern die nötigen Grundlagen für die ehrenamtliche Arbeit vermittelt. Die Diplom-Psychologin Kirsten Hansen vom Hamburger Hospiz im Helenenstift schult die Wahrnehmung und Kommunikation der angehenden Sterbebegleiter und befähigt sie, im Umgang mit Grenzen und der Trauer die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Sterbebegleiter können junge und alte Menschen sein. "Vorkenntnisse sind nicht nötig", sagt Ursula Kaltenthaler. Sieht man von der Notwendigkeit ab, dass die Anwärter seelisch gefestigt und physisch gesund sein müssen, um die Kraft für die schwere Aufgabe aufbringen zu können. "Viele machen den Kursus auch nur, weil ihnen im privaten Umfeld ein Sterbefall droht und sie einfach gut vorbereitet sein wollen", sagt Kaltenthaler. Der Kursus endet am 31. Mai 2011. Danach folgt eine Praxis-Phase, die dann letztendlich über die Eignung des Kandidaten entscheidet. Ursula Kaltenthaler: "Manche springen nach der Praxisphase auch wieder ab."

Aber vielen geht es auch so, wie dem Mitglied der Omega Gruppe, das sich anonym über seine Erfahrungen äußert. "Als meine Großmutter im Sterben lag, gestand sie meiner Mutter ihre große Angst. Über Tod und Sterben hatte man in unserer Familie nie gesprochen. Wie enttäuscht muss sie gewesen sein, als meine Mutter ausweichend antwortete: ,Das wird schon!' Mir wurde klar: Ich möchte es anders machen."

Im Kursus bei Omega hat das heutige Mitglied des Vereins erlernt, wie das geht. "Es fällt mir nun viel leichter, nicht auszuweichen, auch wenn ich unsicher bin, was ich sagen oder tun soll. Ich konnte bei den Betroffenen bleiben und sie ein Stück des Weges begleiten.

Wenn auch die Anlässe traurig sind, gibt es doch Lachen und heitere Stunden. All dies bereichert mich. Ich möchte es nicht mehr missen. Ich weiß, auch das Lebensende gehört zum Leben."

Infos und Anmeldung zu dem Kursus gibt es bei der Omega-Leiterin Friederike Kühnemund unter Telefon 040/525 25.09 oder unter omeganorderstedt@gmx.de per Email. Schulungsorte sind das Rathaus und das DRK-Haus.