Harald Hattendorf ist Stadtvertreter in Norderstedt. Er repräsentiert die grünen Wähler unter den 75 000 Einwohnern der Stadt. Als Politiker und Vertreter der grünen Politik hat er eine besondere Vorbildfunktion. Muss er nun zurücktreten, wegen einer Schlägerei auf offener Straße, wegen eines schwachen Moments, einer "eskalierten, idiotischen Lappalie"?

Selbstverständlich muss er zurücktreten.

Es geht um die Integrität eines Mandatsträgers und den Respekt vor einem Mandat. Nun denkt jeder an Margot Käßmann, die betrunken über eine rote Ampel fährt und sofort ihren Ratsvorsitz in der Evangelischen Kirche in Deutschland aufgegeben hat. Nicht hätte aufgeben müssen, sondern aufgegeben hat. Trotz menschlichen Fehlverhaltens ist sie heute ein Star der Kirche.

Im Fall von Harald Hattendorf geht es um ein Stadtvertreter-Mandat. Auch bei ihm liegt menschliches Fehlverhalten vor. Er hat sich glaubwürdig entschuldigt und Besserung gelobt, seine Strafe akzeptiert. Die Fakten und das Gesetz nötigen ihn nicht, sein politisches Mandat abzugeben.

Harald Hattendorf sieht nicht wie Käßmann, dass sein Mandat durch sein persönliches Fehlverhalten Schaden nehmen könnte.

Er sieht sich als Privatperson und als Stadtvertreter in getrennten Welten. Die Privatperson wurde verurteilt, der Stadtvertreter hat sich nichts zu Schulden kommen lassen.

Das ist eine moralische Schizophrenie, die sich auch ein ehrenamtlicher Stadtvertreter dieser Stadt nicht leisten kann.