Anwohner der Paintball-Anlage in Henstedt-Ulzburg fordern den sofortigen Stopp des Spielbetriebes

Henstedt-Ulzburg. "Wir fühlen uns hier wie im Kriegsgebiet." Der markige Satz von Zimmerermeister Jens Schümann passt zum martialischen Szenario, das sich buchstäblich vor der Tür des Henstedt-Ulzburgers abspielt. "Die sind hier eingefallen wie die Besatzungstruppen." "Die", das sind die Paintball-Spieler, die auf dem im Frühling eröffneten Freiluft-Spielfeld am Kirchweg, direkt gegenüber dem Haus von Familie Schümann, ihrem ohnehin öffentlich umstrittenen Hobby nachgehen. Während die Betreiber der Open-Air-Paintball-Anlage im Gewerbegebiet der Großgemeinde für den Großkampftag am Wochenende rüsten, wenn Deutschlands beste Paintball-Spieler zu Spieltagen der 1. und 2. Bundesliga in Henstedt-Ulzburg erwartet werden, hat eine Gruppe Anwohner inzwischen den "sofortigen Stopp des Spielbetriebs" von der Gemeindeverwaltung gefordert!

Mehrere Anlieger des Kirchwegs hatten (wie berichtet) bereits im vergangenen Jahr versucht, die Ansiedlung des Freizeitbetriebs zu verhindern und sogenannten Drittwiderspruch bei der Bauaufsicht des Kreises Segeberg eingelegt - allerdings vergeblich. Die Kritiker von damals sehen sich heute in ihren Befürchtungen bestätigt. Lang ist ihre Liste der Vorwürfe, die von durch Paintball-Spieler zugeparkte Einfahrten über Betrunkene, die Anwohner "anmachten" und bis in die Nacht grölten, und "nackte Männer", die sich für alle sichtbar umzögen und wuschen, bis zur harschen Anschuldigung reichen, ein Junge, 15, aus der Nachbarschaft sei außerhalb der Anlage beinahe von einer der Farbkugeln getroffen worden! "Die Kugel ist ihm direkt an der Nase vorbei geflogen, nicht auszudenken, wenn er am Kopf getroffen worden wäre", sagt Anwohnerin Andrea Kallenbach, die Mutter des Jungen.

Der Betreiber spricht mit Blick auf die Kritiker von "Rufmord"

"Ausgeschlossen!" Wie Daniel Doray, einer der Betreiber der Paintball-Anlage im Gespräch mit der NZ erklärte, sei es "technisch vollkommen ausgeschlossen", dass aus den Luftdruckwaffen abgefeuerte Farbkugeln nach außen fliegen. Die Spielfelder sind mit großen Fangnetzen, auch nach oben, versehen, das Gelände zudem von einem Zaun abgegrenzt. "Wir haben nach diesem Vorfall alles überprüft, es gab aber keine Lücken in den Netzen", sagt Doray.

Der Betreiber spricht mit Blick auf die Kritiker von "Rufmord". Man habe alle Auflagen erfüllt, einen zusätzlichen Lärmschutzwall errichtet - und stets versucht, ein gutes Verhältnis zu den Anwohnern aufzubauen. "Wir haben mit unserer Anlage schon viele Tausend Menschen glücklich gemacht", sagt der Betreiber und verweist auch darauf, dass man mittlerweile einen Auszubildenden eingestellt und annähernd 20 freie Mitarbeiter aus der Region beschäftige. "Wir achten auch darauf, dass im Umfeld alles in Ordnung ist", betont Doray. Darauf, dass zum Beispiel die Teilnehmer an Junggesellenabschieden nach dem Paintballspiel betrunken durchs Gewerbegebiet zögen, habe man aber keinen Einfluss. Auf der Sportanlage selbst gelte striktes Alkoholverbot.

Derweil sind die Anwohner nach eigenen Worten mit den Nerven am Ende. "Wir finden keine Ruhe mehr", sagt Frauke Schümann, "unsere Tochter traut sich nicht mehr vor die Tür, weil manchmal schon mittags betrunkene Gruppen rumlaufen". Handwerksmeister Schümann spricht ebenso wie sein Nachbar, Malermeister Thomas Kallenbach, von einer auch geschäftsschädigenden Situation für ihre Betriebe. Als Hohn empfinden es die Gewerbetreibenden, dass Manja Biel, in Henstedt-Ulzburg zuständig für die Wirtschaftsförderung, selbst auf der Paintball-Anlage gespielt und für sie geworben habe.

Diverse Schreiben der Kritiker sind mittlerweile bei der Gemeindeverwaltung aktenkundig, auch die Polizei war bereits wiederholt vor Ort. Die Gemeinde ist unter anderem schriftlich aufgefordert worden zu prüfen, ob der Wert der zulässigen Geräusch-Immission von 65 dbA nicht überschritten werde. Die Anlieger bemängeln vor allem, dass ein lautstarker Laubpuster, mit dem auf den Paintball-Spielfeldern die Kugelreste zusammengefegt werden, "teilweise über Stunden" im Einsatz sei.

Gemeinde will "ordnungsbehördlich relevante Sachverhalte" prüfen

Bislang erhielten die Kritiker von der Gemeinde zur Antwort, man werde "die ordnungsbehördlich relevanten Sachverhalte prüfen". Sollte es sich um Ordnungswidrigkeitstatbestände handeln, werde ein Verfahren eingeleitet, so die Verwaltung.

Auf Anfrage der NZ sagte der Bürgermeister von Henstedt-Ulzburg, Torsten Thormählen: "Was uns bisher vorliegt, reicht nicht aus, um einen genehmigten Spielbetrieb einzustellen." Die genannten Vorwürfe werde man prüfen, wobei man andere Behörden wie die Gewerbeaufsicht und die Bauaufsicht hinzuziehe. Thormählen sieht eine "generelle Problematik", die entstehe, wenn die Interessen von Anwohnern in Gewerbegebieten mit dem Betrieb von Firmen kollidierten. "Natürlich wissen wir, dass dies hier kein reines Wohngebiet ist", kontert Andrea Kallenbach, "aber es ist eben auch kein Industriegebiet".

Neuerdings interessiert sich auch Holger Böckelmann vom Nabu für die Paintball-Anlage - weil sich immer wieder Vögel in den großen Netzen verfangen sollen.