Der 600 Kilo schwere Brocken steht an der Ecke Essener Straße/In de Tarpen , der Grenze zu Hamburg. Ein Stein wiegt ca. 600 Kilo.

Norderstedt. Stein für Stein komplettieren Hobby- und Profi-Historiker die Norderstedter Geschichte. Das vorerst letzte Puzzle-Teil ist aus Granit und wiegt rund 600 Kilo - der Grenzstein Nummer 23 steht wieder an seinem angestammten Platz. Joachim Grabbe, der es sich mit anderen zum Ziel gesetzt hat, die Reihe der steinernen Grenzposten Stück für Stück zu komplettieren, Mitstreiter Gerd Meincke, Stadtpräsidentin Kathrin Oehme und Baudezernent Thomas Bosse enthüllten den Granitblock in einer kleinen Feierstunde an der Ecke Essener Straße/In de Tarpen, da wo der Grenzfluss Tarpenbek Hamburg und Norderstedt voneinander trennt.

Der Stein ist der erste auf dem heutigen Norderstedter Gebiet und Teil einer Kette mit 33 Grenzsteinen, die vom Eimsbütteler Marktplatz bis nach Ulzburg-Süd reicht. Mit den Granitbrocken markierte Dänenkönig Christian VII. Ende des 18. Jahrhunderts sein Herrschaftsgebiet, das vom Eimsbütteler Markt bis nach Ulzburg-Süd, über Quickborn-Heide, Bilsen, Quickborn-Himmelmoor, Seeth-Eekholt, Elmshorn und weiter an der Krückau entlang bis an die Pinnau reichte, ehe es westlich von Wedel auf die Elbe traf, die die südwestliche Grenze markierte.

Die Grenze verlief entlang der Ulzburger Straße, mal westlich, mal östlich davon

"Die östliche Grenze, die die Herrschaft Pinneberg vom Gut Tangstedt trennte, verlief entlang der Ulzburger Straße, sprang mal etwas nach Westen, mal nach Osten", sagt Erwin Möller, der das Langenhorn-Archiv betreibt und sich auch mit der Norderstedter Geschichte bestens auskennt. Auf dem heutigen Norderstedter und Henstedt-Ulzburger Gebiet standen acht Hauptgrenzsteine mit den Nummern 26 bis 33, die durch zwölf Nebengrenzsteine mit den Bezeichnungen "a-m" ergänzt wurden. Die Steine mit den Nummern 26, 31, 32 und 33 sind aufgespürt, der Stein mit der Nummer 29 kam im vorigen Jahr an seinen Platz neben der Filiale der Sparkasse Holstein an der Ulzburger Straße 453 zurück. Die Nummer 33 haben Möller und Wolfgang Burmester, Betreiber des Schnelsen-Archivs, Ende Januar an der Industriestraße in Henstedt-Ulzburg eingeweiht.

Allerdings haben Oehme, Grabbe, Bosse und Meincke nicht das Original enthüllt. "Das ist leider verschwunden", sagte Grabbe, der für den Ersatz zuständig ist und die Granitblöcke bearbeitet. Die rund 1,30 Meter hohen Rohlinge bekommt er geliefert, er greift dann zu Hammer, Meißel und schwarzer Farbe, um die Steine mit der Original-Inschrift zu versehen. "Für einen Stein brauche ich einen Tag", sagt Grabbe, der seit 2005 sein Ziel verfolgt, die steinernen Zeugen der Geschichte wieder ins Blickfeld zu rücken.

"Gerade in unserer globalisierten und virtuellen Welt ist es wichtig, dass die Menschen und vor allem die Kinder was zum Anfassen haben und Historie ganz konkret erleben können", sagte der Hamburger Historiker Hans-Walter Hedinger, der als "Urvater der Grenzsteine" gilt und die Geschichte der Granitblöcke in einem Buch aufgeschrieben hat.

Der Stein stand ursprünglich an der Garstedter Tarpenfurt

HP steht für die Herrschaft Pinneberg, C7 für Dänenkönig Christian VII., 1802 dokumentiert das Jahr, in dem der Stein gesetzt wurde, und die Nummer benennt den Platz in der Reihe der Grenzposten. Der Stein Nummer 23 stand ursprünglich an der Garstedter Tarpenfurt auf holsteinischem Gebiet. Im Grenzprotokoll von 1856 wird er noch als vorhanden erwähnt. Grabbe vermutet, dass die steinerne Markierung bei einer der vielen Tarpenbek-Regulierungen während des vorigen Jahrhunderts verschwunden ist. Auch die Grenzsteine mit den Nummern 27, 28 und 30 gelten als verschollen.

Doch die Ersatzblöcke liegen schon auf dem Norderstedter Bauhof. Sie sollen noch dieses Jahr an ihren ursprünglichen Standorten entlang der Ulzburger Straße aufgestellt werden. Allerdings ist es nicht leicht, neue Grenzmarkierungen zu beschaffen: "Granitsteine sind enorm beliebt und gefragt. Aber durch gute Kontakte kommen wir immer wieder an die Steine ran", sagt Möller.

Er und seine Kollegen stoßen aber auch auf andere Schwierigkeiten. Zwar sind die Grenzsteinforscher Dauergäste im Landesarchiv von Schleswig-Holstein und haben den Grenzverlauf beim ständigen Studium historischer Karten verinnerlicht. "Aber damals hat man die Standorte der Grenzsteine nicht auf den letzten Meter genau eingetragen. Der Maßstab kam erst gegen 1870 zum Einsatz", sagt Möller.

Gelegentlich hätten die Landwirte die Steine auch versetzt und behauptet, der mehrere Hundert Kilo schwere Brocken habe schon immer dort gestanden. Doch da gibt es, so Möller, untrügliche Indizien. Als Standort-Zeugen sind beim Setzen der Grenzsteine Glasscherben und Holzkohle mit in die Erde gekommen, so lasse sich der Ursprungsplatz jederzeit eindeutig nachweisen.

Schon im 17. Jahrhundert grenzte sich die Herrschaft Pinneberg gegen die umliegenden Dörfer und Gemeinden ab. Damals rammten die Arbeiter Holzpfähle in den Boden. Doch mit der Zeit verrotteten die Pfähle, sie wurden durch die unverwüstlichen Granitsteine ersetzt.

Die Grenze knickt nach Langenhorn ab und kehrt mit Nummer 26 zurück

Der Stein Nummer 23 ist der erste auf Norderstedter Gebiet. Die Grenze knickt dann nach Langenhorn ab - Stein Nummer 26 steht dann wieder auf Norderstedter Gebiet. Er befindet sich auf einem Privatgrundstück nordwestlich der Kreuzung Ulzburger Straße/Wiesenstraße, etwa 52 Meter von der Straße entfernt. Nummer 29 wurde 2010 an ihren Stammplatz an der Ulzburger Straße 453 zurückgebracht, der 31. Stein steht östlich der Ulzburger Straße, südlich der Hausnummer 558.

Allerdings stehen die neuen Grenzmarkierungen historisch unkorrekt: Die Inschrift müsste zur ehemaligen Herrschaft Pinneberg zeigen. Doch die Steine werden jetzt so aufgestellt, dass die Bürger die Inschrift lesen können. "Die Grenzsteine bieten Anstöße zur Rückbesinnung", sagte Baudezernent Bosse, der den Initiatoren für ihr ehrenamtliches Engagement dankte.