Bernd Bassler hat die Operation überstanden. Nun will er anderen helfen und hat mit dem DRK eine Selbsthilfegruppe gegründet.

Ellerau. "Wenn ich das überstehe, möchte ich anderen etwas geben, ihnen helfen, mit ihrem Schicksal umzugehen." Bernd Bassler hat überlebt, hat den Magenkrebs besiegt und löst jetzt sein Versprechen ein. Der Ellerauer gründet zusammen mit Marlies Schlüter eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die mit Krebs leben müssen oder mussten. Angesiedelt ist die neue Gesprächsgruppe unter dem Dach des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Ellerau. "Als Herr Bassler mich gefragt hat, ob wir mitmachen, habe ich sofort Ja gesagt", sagt Barbara Dill, Vorsitzende im DRK-Ortsverband Ellerau.

Der Krebs zeigte nicht sofort seine ganze Bösartigkeit. "Die Blutwerte waren nicht in Ordnung. Ich habe mir aber zunächst keine Sorgen gemacht, mich dann aber doch in der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg untersuchen lassen", sagt der Betroffene, der lange in Norderstedt gelebt hat und erst kurz vor Ausbruch der Erkrankung nach Ellerau gezogen ist. Magen- und Darmspiegelung blieben zunächst ohne Befund. Dann stellten die Ärzte doch Krebs fest, eine Diagnose, die den agilen Mann wie ein Schlag mit dem Vorschlaghammer traf, mitten aus dem Leben riss, aus einem Berufsalltag, den ein prall gefüllter Terminkalender bestimmte, aus einer intakten Familie mit Frau und erwachsenen Kindern.

Das war vor gut einem Jahr. Es blieb nicht bei einem Befund, der sofort das Gedankenkarussell in Gang setzte, die Pläne für das sanfte Hineingleiten in den Ruhestand über den Haufen warf. "Es war auch noch eine seltene Krebsart, über die man wenig weiß", sagt Bassler. Die Nachricht steigerte die Angst vor der Zukunft. Er wurde sofort ins Albertinen-Krankenhaus nach Hamburg eingeliefert, schnell operiert. Mit dem Leben hatte er abgeschlossen oder sah sich als Pflegefall und wunderte sich, als er aus der Narkose aufwachte und sich noch immer in der realen Welt befand.

Die Mediziner setzten eine künstliche Schlinge als Magenersatz ein

Die Rückkehr bedeutete, sich von vielem zu verabschieden, was vorher selbstverständlich war. Die Mediziner hatten Magen, Zwölffingerdarm und Bauchspeicheldrüse entfernt. Wo normalerweise Brot, Kartoffeln und Gemüse nach dem Passieren der Speiseröhre weiterverarbeitet werden, hatten die Ärzte eine künstliche Schlinge als Magenersatz eingesetzt. "Das bedeutet acht kleine Mahlzeiten pro Tag", sagt Bassler, den der Krebs fast 40 Kilo gekostet hat. Er ist zu 100 Prozent schwerbehindert, der Körper ist schwach, Muskeln und Kreislauf sind nicht mehr belastbar, an Arbeit ist nicht zu denken, nach einer Stunde am PC streikt der Organismus.

Die Schmerzen kommen regelmäßig, die Seele wird ebenso oft von Tiefs heimgesucht. "Ich bin manchmal so fertig, dass ich niemanden sehen möchte", sagt der 62-Jährige. Und dann die ständige Angst vor jedem Arztbesuch. Ist alles in Ordnung, gibt es einen Rückfall, beginnt die Prozedur von vorn?

"Nach der Kur bin ich in ein tiefes Loch gefallen", sagt Bassler. Er musste lernen, dass er sich nicht mehr so bewegen kann wie er will, die Langsamkeit entdecken. Ausgerechnet er, ein Mann, dem es nie schnell genug ging, der in der Kommunalpolitik immer temperamentvoll für seine Anliegen wie günstige Bauplätze für junge Familien gestritten hat. Er muss sich seit der Krankheit in Geduld üben. "Das ist das Unwort schlechthin für mich", sagt der Ellerauer. Ganz langsam versucht er, seinen geschwächten Körper zu stärken. Schwimmen und Radfahren in kleinen Dosen, das geht.

Seine Familie nehme Rücksicht, aber er könne und wolle nicht ständig verlangen, dass sich das Leben aller an ihm ausrichte. "Wer eine solche Erkrankung nicht selbst erlebt hat, kann zwar versuchen zu verstehen, wie es Krebspatienten geht. Aber ein Gesunder wird das nie so mitfühlen können wie Betroffene", sagt DRK-Chefin Dill. Eine Gruppe von Menschen mit ähnlicher Krankengeschichte sei als Ventil ideal. Ängste und Sorgen los- und von anderen verstanden werden, "einfach alles rauslassen, den Frust, die Verzweiflung, die Wut, Gefühle, mit denen man nicht immer den Partner behelligen will". Bassler und seine Mitstreiterin wollen helfen, Depressionen vorzubeugen und Krebspatienten ihren Lebensmut zurückzugeben.

Doch es geht auch um ganz praktische Lebenshilfe: "Ich musste auch erst lernen, dass wir zu ermäßigten Preisen mit der Bahn fahren können oder nur ein Prozent in der Apotheke zuzahlen müssen und nicht zwei", sagt Bassler. Er habe im Krankenhaus jüngere Krebspatienten kennengelernt, die sich um ihre Existenz sorgten. 18 Monate gebe es Krankengeld, dann Hartz IV - und dann? Auch solche Themen sollen in der Gruppe besprochen, bei Bedarf Referenten eingeladen werden.

Auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe hat Bassler nicht viel gefunden. "In der Umgebung gibt es keine Gruppen, die nächste in Norderstedt", sagt der Betroffene, der daraufhin die Initiative ergriffen hat und sich selbst schulen lassen will. Die Gruppe startet auf jeden Fall, drei Frauen hätten sich schon gemeldet.

Die Gruppe trifft sich jeden zweiten und vierten Donnerstag im Monat

Bei Bedarf und genügend Teilnehmern könne der Gesprächskreis auch geteilt werden. "Männer und Frauen haben oft unterschiedliche Krebsleiden, über die sie vielleicht lieber mit ihren Geschlechtsgenossen und -genossinnen sprechen möchten", sagt Bassler. Jeden zweiten und vierten Donnerstag im Monat wird sich die Runde treffen, erster Termin ist Donnerstag, 10. Mai, ab 17 Uhr im Ellerauer DRK-Haus an der Moortwiete 70a.