Die Gewerkschaft will das Rotes Kreuz an den Verhandlungstisch zwingen. Eine Akutversorgung für alle soll in jedem Fall sichergestellt werden.

Kreis Segeberg. Im Rettungsdienst des Kreises Segeberg stehen die Zeichen auf Streik. Die Gewerkschaft Ver.di droht dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) mit einem Ausstand, um einen Tarifvertrag durchzusetzen. Dabei geht es den Beschäftigten zunächst nicht um die Höhe der Vergütungen und die Arbeitsbedingungen, sondern darum, dass sich das DRK überhaupt mit der Gewerkschaft an einen Tisch setzt und Gespräche führt. Gewerkschafter Norbert Vahl droht mit einem "Erzwingungsstreik".

Langfristiges Ziel des Arbeitskampfes soll eine bessere Bezahlung der 120 Mitarbeiter bei der DRK-Rettungsdienst gGmbH sein. Die gemeinnützige Gesellschaft ist für den Kreis Segeberg mit Ausnahme der Stadt Norderstedt zuständig. Sie sind mit Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeugen unterwegs und helfen Menschen in akuten medizinischen Notlagen. Außerdem übernehmen sie Einweisungen in Krankenhäuser und Verlegungen.

+++ Rätselhaftes Verhalten +++

Ver.di-Sprecher Vahl ist optimistisch, die Forderung nach einem Tarifvertrag durchsetzen zu können: "Unser Organisationsgrad liegt bei fast 90 Prozent." Voraussetzung für einen Streik sei eine Urabstimmung, bei der 75 Prozent der Befragten Arbeitsniederlegungen zustimmen müssten. Vahl: "Das kann sehr schnell gehen." Schon in zwei bis drei Wochen könne es losgehen.

Sollte es zum Streik kommen, bleibe die Sicherheit der Bürger gewährleistet, sagte Vahl. Denkbar seien beispielsweise Störungen bei geplanten Krankentransporten, aber auch Notvereinbarungen, um den Rettungsdienst für die Akutversorgung aufrechtzuerhalten. "Die Kollegen werden ihrer Verantwortung gerecht werden", sagt Vahl. "Wir können Sand ins Getriebe streuen, werden aber nicht die öffentliche Ordnung gefährden." Von dem Erfolg eines Arbeitskampfes ist der Gewerkschafter fest überzeugt. Es stelle sich nicht die Frage, ob der Tarifvertrag komme, sondern wann.

Vahl spricht von Dumpinglöhnen im Rettungsdienst. Trotz einer 48-Stunden-Woche müssten manche Retter ihr Gehalt mit Wohngeld und Hartz IV aufstocken. Der Gewerkschafter will für seine Mitglieder eine Erhöhung von mindestens 200 Euro durchsetzen.

DRK-Vorstand Stefan Gerke hat inzwischen akzeptiert, dass er seinen Mitarbeitern mehr Geld zahlen muss. Da das Personal immer knapper werde, werde er in diesen Tagen über eine Erhöhung der Vergütungen sprechen. Das DRK habe bereits eine neue Vergütungstabelle vorbereitet. "Dass wir nicht verhandeln wollen, ist Quatsch", sagt Gerke.

Einig sind sich jedoch Vorstand, Aufsichtsrat und das DRK-Präsidium, dass sie nicht mit der Gewerkschaft über einen Tarifvertrag verhandeln werden. "Wir wollen eine adäquate Vergütung", sagt Gerke. "Aber nicht mit einem Ver.di-Vertrag." Gerke bezeichnete Tarifverträge mit der Gewerkschaft als "nachteilig". Diese Sicht teilen nach seinen Angaben auch andere DRK-Kreisverbände und der Landesverband.

+++ 15 Rettungswagen für den Kreis Segeberg +++

Die älteren Beschäftigten beim DRK-Rettungsdienst erhalten ihre Bezüge auf der Basis einer Vereinbarung, die mehr als zehn Jahre alt ist. Gerke räumt ein, dass die Konditionen für später hinzugekommene Kollegen schlechter sind. Der aktuelle Stundenlohn liegt etwa bei 13 Euro. Gerke begründet die unterschiedlichen Zahlungen damit, dass die alten Vergütungen nicht refinanzierbar seien.

Für die Finanzierung des Rettungsdienstes sind die Krankenkassen zuständig. Gewerkschafter Vahl ist zuversichtlich, dass die Versicherungen die Übernahme höherer Personalkosten nicht ablehnen können, wenn die Zahlungen auf einem Tarifvertrag basieren.

Beim Norderstedter KBA sei ein Haustarif gültig, sagt Geschäftsführer Michael Vollmer. Von seinen 250 Mitarbeitern sind zwischen 30 und 50 Kollegen inklusive Aushilfen fürs Retten zuständig. Für sie liege eine Vergütungstabelle vor, die "unstrittig" sei.

Dritter Rettungsdienstanbieter im Kreis ist der ASG mit zwei Fahrzeugen, die zur Wache Lentföhrden bei Bad Bramstedt gehören. "Wir zahlen in Anlehnung an die Tarifordnung für den öffentlichen Dienst", sagt ASG-Chef Bernd Peters, der sich für eine angemessene Bezahlung einsetzt, da sich immer weniger Menschen für einen Job im Rettungsdienst interessieren.

Ver.di-Sprecherin Sabine Dass bezeichnete Tarifverträge im Rettungsdienst als "nicht ungewöhnlich". Entsprechende Verträge bestünden beispielsweise im Kreis Stormarn sowie bei der Rettungsdienst-Kooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH), zu der die Kreise Dithmarschen, Pinneberg, Rendsburg-Eckernförde und Steinburg gehören.

"Besonders mit dem Roten Kreuz haben wir immer wieder Probleme", sagt Sabina Dass.