Auch Amtsinhaber Sven Diedrichsen, gegen den ein Disziplinarverfahren läuft, tritt an

Wahlstedt. In der Stadt Wahlstedt wird am Sonntag, 11. März, der Bürgermeister gewählt. Und es ist kein normaler Vorgang, der dort über die Bühne geht. Einerseits gibt es einen kreisweit bekannten Kandidaten: Andreas Beran, 58, Kreisvorsitzender der SPD und Landtagsabgeordneter, will Verwaltungschef werden. Andererseits sitzt der jetzige Amtsinhaber Sven Diedrichsen, 51, der sich zur Wiederwahl stellt, auf einem heißen Stuhl: Landrätin Jutta Hartwieg hat gegen den Bürgermeister in dieser Woche ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Dritter Kandidat ist der Wahlstedter Matthias Bonse, 50, von der CDU.

Riskantes Abenteuer für Wahlstedt und Bad Segeberg

Amtsinhaber Sven Diedrichsen ist durch die Vorgänge um das Spaßbad "FehMare" am Südstrand von Fehmarn in die Schlagzeilen geraten. Dabei geht es um seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Mittelzentrumsholding (MZH) Wahlstedt, Betreiber des 2009 eröffneten Bades. Sven Diedrichsen hatte mit der Stadt Fehmarn den Betreibervertrag über das "FehMare" geschlossen. Die MZH Wahlstedt war aus der europaweiten Ausschreibung als Sieger hervorgegangen. Die Holding erhielt das 13,5-Millionen-Euro-Bad für eine symbolische Pacht von 100 Euro im Jahr plus Mehrwertsteuer, arbeitete dafür aber auf eigenes Risiko. Die Mittelzentrumsholding verpflichtete sich, das Bad 15 Jahre lang zu betreiben.

Inzwischen hat sich das riskante Abenteuer der Städte Wahlstedt und Bad Segeberg zu einem Fass ohne Boden entwickelt. Das Bad erwirtschaftet 600 000 Euro Defizit pro Jahr. Wahlstedt und Bad Segeberg haben auf der Ostseeinsel innerhalb von knapp drei Jahren mehrere Millionen Euro verloren. Der eigentlich auf 15 Jahre geschlossene Vertrag (plus Optionen von zweimal fünf Jahren) soll rückwirkend zum 1. Januar 2012 aufgehoben werden.

Aufkommen müssen dafür die Gesellschafter, das sind die Stadt Segeberg und die Stadt Wahlstedt. Im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes wurde die Frage aufgeworfen, warum die Steuerzahler im Raum Segeberg die Defizite auf der Ferieninsel Fehmarn zahlen sollen. Eine befriedigende Antwort gibt es darauf offenbar nicht. Im November 2011 wurden die Geschäftsführung des "FehMare" fristlos entlassen.

Geschäftsführer war Wahlstedts Bürgermeister Sven Diedrichsen, Prokurist Björn Pasternak, beide von der Mittelzentrumsholding Wahlstedt. Ebenfalls im November hatte die Holding Strafanzeige wegen Untreue gegen Diedrichsen gestellt.

Sven Diedrichsen wird Missmanagement vorgeworfen

Es geht nicht darum, dass Diedrichsen Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet haben könnte, ihm wird aber Missmanagement und eine zögerliche Herausgabe von Akten vorgeworfen. Dieser Vorwurf wird auch dem früheren Holding-Prokuristen Björn Paternak gemacht. Dabei geht es um die entscheidende Frage, wer die Klausel zugelassen hat, nach der die Holding die "FehMare"-Verluste in unbegrenzter Höhe übernimmt. Die Stadtvertretungen von Bad Segeberg und Wahlstedt fühlen sich übergangen. Sven Diedrichsen beruft sich auf Beschlüsse des Aufsichtsrats, die er ausführen musste.

Vor diesem brisanten Hintergrund wird am Sonntag in der 9200-Einwohner-Stadt der Bürgermeister gewählt. Sven Diedrichsen ist seit 14 Jahren Amtsinhaber - abgesehen von seinem "FehMare"-Abenteuer ist er im Ort ein beliebter Verwaltungschef.

Der CDU-Kandidat Matthias Bonse ist in Wahlstedt ebenfalls ein bekannter Mann. Der Regionalvertriebsleiter eines Elektronik-Konzerns ist dort seit 2000 Stadtvertreter für die CDU. Andreas Beran, der SPD-Kandidat, hat in Hamburg eine Ausbildung als Diplom-Verwaltungsfachwirt absolviert. Sein Handicap: Er kommt als einziger Kandidat nicht aus Wahlstedt. Beran wohnt in Kaltenkirchen.