Spectrum-Kino zeigt am Sonntag “Gran Torino“ mit Clint Eastwood. Danach wird Gottesdienst gefeiert

Norderstedt. Kinomacher Adriano Antico ist bekannt für seinen schier unerschöpflichen Fundus an Kreativität. Und der Norderstedter Kinomacher holt gern Partner ins Boot, um seine Ideen zu realisieren. In diesem Fall kooperiert er mit einer Institution, die ihre Botschaften normalerweise in eigens dafür gebauten Gotteshäusern verkündet. Doch am kommenden Sonntag tauschen Norderstedter Pastoren die Kanzel gegen den Kinosaal.

Sie verlegen den Gottesdienst ins Spectrum-Kino und zeigen den Film "Gran Torino", einen mehrfach ausgezeichneten Klassiker mit Hollywood-Ikone Clint Eastwood als Hauptakteur und Regisseur. Eastwood mimt den Koreakrieg-Veteran Walt Kowalski. Nach dem Tod seiner Frau ist ihm wenig geblieben: Dosenbier auf der Veranda in Detroit und ein mächtig motorisierter 1972er Ford Gran Torino in der Garage. Gläubig ist er nicht, stattdessen ein Rassist, der Einwanderer nicht ausstehen kann. Fatal, zieht doch nebenan eine asiatische Großfamilie ein.

Der Ausländerfeind opfert sein Leben für einen asiatischen Jungen

Walt sieht seine Vorurteile bestätigt: Der Nachbarsjunge Thao versucht, Kowalskis Kleinod auf vier Rädern zu stehlen. Kowalski erwischt ihn und zwingt ihn, seine Schuld bei ihm abzuarbeiten. Der alte Mann und der Junge freunden sich nicht nur an, der Zyniker setzt sich für ihn ein, opfert schließlich sogar sein Leben.

Der Film spielte 269 Millionen Euro ein, wurde zu Eastwoods größtem kommerziellen Erfolg und zu einem bewegenden Gesellschaftsdrama, das prima in die Passionszeit passt, wie Christina Duncker sagt. Die Pastorin der Kirchengemeinde Harksheide hat den kirchlichen Ausflug ins Kino organisiert, stellvertretend für die Norderstedter Kirchengemeinden, die die ungewöhnliche Aktion mittragen. "Der Film ist ein Appell, Fremdheit und Fremde nicht zu akzeptieren, sondern sie aufzunehmen, sich vor sie zu stellen, wenn es nötig ist", sagt die Seelsorgerin. Die Freundschaft zwischen den so ungleichen Menschen entwickelt eine solche Tiefe, dass der einstige Ausländerhasser schließlich sogar sein Leben für den asiatischen Nachbarsjungen opfert.

Eastwood zeige, dass der Weg nicht voneinander weg, sondern nur aufeinander zuführen könne - eine Botschaft, die gerade in Norderstedt aktuell sei. Die Stadt hatte Ende 2010 bundesweit Negativschlagzeilen geschrieben, nachdem die Kleingärtner vom Kringelkrugweg in Harksheide eine Migrantenquote beschlossen und nach massivem Protest auch der Stadtvertreter und des Oberbürgermeisters wieder zurückgenommen hatten. Da sei eine Botschaft, wie sie "Gran Torino" vermittle, besonders wichtig. "Und der Film kann die Aussagen, die uns als Kirche wichtig sind, ganz anders rüberbringen als jede Predigt", sagt Christina Duncker.

Der Film stelle Fragen, die bei der Diskussion um die Integration von Migranten eine wichtige Rolle spielten: Wie können wir die Gräben zwischen Menschen überwinden? Welche Opfer bringen wir für unsere Freundschaften? Was können wir gegen den Hass tun, der nach neuesten Untersuchungen auch in unserer Gesellschaft nicht nur in rechtsextremen Randgruppen lebendig ist?

Außerdem sei das Kino ein Ort, der Generationen verbindet. Die Hemmschwelle, einen Kinosaal zu betreten, sei deutlich geringer als die, durch einen Kircheneingang zu gehen. "Daher hoffen wir natürlich, mit dem ungewöhnlichen Ort für einen Gottesdienst auch die Menschen zu erreichen, die normalerweise sonntags nicht zu uns kommen", sagt die Pastorin. Die Anfangszeit von 11 Uhr sei bewusst so gewählt, dass auch diejenigen, die am Sonnabend länger feiern und am Sonntag später aufstehen, kommen könnten. Und wie es sich für ein Leinwand-Erlebnis gehöre, gibt es auch Popcorn und Cola. Diese Zugaben müssten die Zuschauer allerdings wie immer selbst bezahlen, der Eintritt zum cineastischen Gottesdienst hingegen ist frei.

"Eine Band wird spielen, wir werden beten und singen"

Und auf die üblichen kirchlichen Rituale müssten die Besucher auch nicht verzichten: Vor dem Filmstart soll es einen gottesdienstlichen Vorspann geben. "Eine Band wird spielen, wir werden singen und beten", sagt die Norderstedter Pastorin. Zehn bis 15 Minuten wird das Procedere laut Zeitplan dauern, ehe dann Clint Eastwood das Wort hat. Nach dem Film haben die Zuschauer die Möglichkeit, über den Inhalt und die Botschaft zu diskutieren. Den Abschluss wird wieder ein kurzer gottesdienstlicher Abspann bilden.

"Als Herr Antico auf uns zugekommen ist, haben wir das Angebot gern angenommen", sagt Christina Duncker. Damit biete sich die Chance, Menschen anzusprechen, die der Kirche und dem Glauben sonst distanziert gegenüberstehen. "Wir erwarten nicht, dass nach dem Film die Zahl der Gemeindemitglieder sprunghaft steigt. Unser Ziel ist aber schon erreicht, wenn der Kinosaal voll ist", sagt die Pastorin. Einen Versuch sei der Gottesdienst im Kino allemal wert. Und bei guter Resonanz ist eine Wiederholung nicht ausgeschlossen.