Öffentliche Toiletten sind rar. GALiN will, dass alle Bürger WCs in Cafés und Restaurants kostenlos nutzen können. Stadt entschädigt Gastwirte.

Norderstedt. Viele kennen das Problem: Man bummelt gemütlich durch die Innenstadt oder das Einkaufszentrum und spürt plötzlich Druck auf der Blase. Kein WC weit und breit. Öffentliche Toiletten sind rar, gerade mal wieder zerstört, in ekligem Zustand und natürlich oft gerade nicht da, wo man sie bräuchte. In das nur wenige Meter entfernte Café oder Restaurant mag man nicht gehen, man ist ja schließlich kein zahlender Gast.

Die Grün Alternative Liste in Norderstedt (GALiN) will nun Erleichterung schaffen. Sie beantragt, die "nette Toilette" in Norderstedt einzuführen: Gastronomen stellen ihre Toiletten kostenlos allen zur Verfügung, die ein dringendes Bedürfnis haben. Schilder (s. Foto) an den Eingangstüren mit der entsprechenden Aufschrift weisen auf den besonderen Service gerade für Nicht-Gäste hin.

Geld soll Gastronomen für erhöhten Reinigungsaufwand entschädigen

Im Gegenzug bekommen Händler und Gastwirte, die sich an der Aktion beteiligen, einen Zuschuss von der Stadt. Das Geld soll die Anbieter für den erhöhten Reinigungsaufwand entschädigen. "Die Stadt spart im Gegenzug erhebliche Kosten für weitere, städtische öffentliche Toiletten", heißt es im Antrag der GALiN für die nächste Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Verkehr am Donnerstag, 1. März. 50- bis 60 000 Euro hatte die Stadtverwaltung als Kosten für eine Nasszelle aus Metall genannt, als vor sieben Jahren um das Klohäuschen am Harksheider Markt gestritten wurde. Außerdem funktioniere die Selbstreinigung meist nur ungenügend, hatte Baudezernent Thomas Bosse damals als Argument gegen die Standardvariante und für das steinerne Häuschen genannt.

"Wir haben in Norderstedt zu wenige öffentliche Toiletten. Mit dem neuen Konzept können wir zum einen den städtischen Haushalt entlasten und zugleich den Stadt- oder Einkaufsbummel entspannter gestalten", sagt GALiN-Fraktionschefin Maren Plaschnick. Unsere Kontrollfahrt am Wochenende ergab: Sechs Toilettenhäuschen stehen den Norderstedtern im Stadtgebiet zur Verfügung. Sie stehen auf dem Platz an der Langenhorner Chaussee nahe dem Verkehrsknoten Ochsenzoll, am ZOB Garstedt, am ZOB Glashütte, am Harksheider Markt auf dem Rathausmarkt und am ZOB Norderstedt-Mitte. Aber: Das WC an der Langenhorner Chaussee war genauso verschlossen wie das auf der hinteren Seite des Ticket-Verkaufshäuschens vor dem Rathaus. In Friedrichsgabe gibt es zurzeit kein kommunales WC. Das soll aber demnächst auf dem großen Spielplatz im Neubaugebiet Frederikspark aufgestellt werden.

Es kommt vor, dass Toilettenbesucher dumm angemacht werden

Die Zahl der allgemein zugänglichen Toiletten könnte sich sprunghaft erhöhen, wenn die Gastronomen mitspielen. "Das ist eine begrüßenswerte Idee. Ich mir gut vorstellen, dass das gut bei den Bürgern ankommt", sagte Rajas Thiele, Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft Mehrzwecksäle Norderstedt und damit neben der "TriBühne" auch verantwortlich für die Gastronomie im "Meilenstein" neben dem Rathaus, der allerdings schon jetzt auch alle diejenigen zur Toilette lässt, die nichts verzehren.

"Das ist aber nicht selbstverständlich. Es kommt auch immer wieder vor, dass die Toiletten-Gäste von Gastwirten dumm angemacht werden", sagte Kurt Barkowsky, stellvertretender Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes im Kreis Segeberg und Cafébetreiber in Kaltenkirchen - die Stadt hat die "nette Toilette" im vorigen Frühjahr schon eingeführt - mit Erfolg. "Aus städtischer Sicht kann ich nur sagen: Wir sind zufrieden", sagte Martin Poschmann, Sprecher der Kaltenkirchener Stadtverwaltung. Entstanden sei die das Konzept, da das öffentliche WC am Markt immer wieder zerstört wurde, und die Stadt ständig investieren musste, um die Schäden zu beseitigen. "Da wir ohnehin zu wenige Toiletten hatten und Kosten senken wollten, haben wir nachgedacht und uns dann für das neue Konzept entschieden", sagte Barkowsky.

Die Stadt hat die Gastronomen angeschrieben, vier machen mit

Die Stadt hat die Gastronomen angeschrieben, vier entschlossen sich zum Mitmachen, auch im Rathaus können die Bürger kostenlos die Toiletten benutzen. Noch sind alle dabei: "Für uns ist das kein Problem. Im Gegenteil: Viele bedanken sich, wenn sie wieder rausgehen", sagte Nicole Möller von "Hellas Grilleck". Auch in Barkowskys Café "Cappuccino" funktioniert der Toilettenbesuch reibungslos.

Auch hier wird der Service mit einem "Danke schön" quittiert, mancher gönnt sich nach dem Toilettengang auch noch ein koffeinhaltiges Heißgetränk. "Die meisten sind froh, dass sie nun ohne schlechtes Gewissen bei uns das WC benutzen können", sagt der Gastronom. Schwierig werde es allerdings bei Festen: Da die Besucher die "nette Toilette" inzwischen verinnerlicht hätten, bildeten sich dann lange Schlangen. Da müssten die Veranstalter in jedem Fall in die Pflicht genommen werden, mobile Toiletten aufzustellen.

Ob es die "nette Toilette" auch in Norderstedt geben wird, müssen die Politiker am 1. März entscheiden.