Spannendes Pilotprojekt für Migranten: Sie verbessern in einem Kombi-Kursus ihr Deutsch und werden gleichzeitig berufsbezogen gefördert.

Norderstedt. Sie schreibt "Untersch", zögert, wischt das "sch" wieder weg und vollendet das Wort "Unterstüzung". Ein "t" fehlt, verständlich, Elisa Doku kommt aus Albanien, wo es eine exakte Entsprechung des deutschen Wortes ebenso wenig gibt wie in Mexiko. Sagt Hypatia Figaroa, die Mexikanerin lernt zusammen mit Elisa Doku Deutsch in einem Kursus, den die Volkshochschule (VHS) erstmals in Norderstedt anbietet: "Praxis Deutsch und Berufseinstieg - ein großer Schritt zur Integration" heißt das Projekt, das seit Januar läuft.

Sechs Monate lang verbessern 18 Frauen und vier Männer ihren Wortschatz, ihre Grammatik, ihr Sprachverständnis und ihren schriftlichen Ausdruck. "Mit der kombinierten Vermittlung von Sprache und berufsbezogenen Kompetenzen wollen wir einen Teufelskreis durchbrechen, der die Integration erschwert", sagt Norderstedts VHS-Leiter Klaus Bostelmann. Laut Integrationsbericht der Bundesregierung leben in Deutschland rund 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. 15,8 Prozent von ihnen sind arbeitslos, doppelt so viele wie im Bundesschnitt.

"Gezielter Sprachunterricht, ergänzt durch Schlüsselkompetenzen wie EDV-Kenntnisse, fachkundigen Umgang mit Medien und Betriebspraktika erleichtert den Teilnehmern den Einstieg ins Arbeitsleben und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben", sagt Bostelmann, der das Pilotprojekt gemeinsam mit dem Job-Center und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf die Beine gestellt hat.

"503 Arbeitslose im Kreis Segeberg haben einen Migrationshintergrund. Wir haben daraus diejenigen gezielt ausgewählt und angeschrieben, die für einen ersten Durchlauf besonders geeignet erschienen", sagt Hans-Joachim Gabriel, zuständiger Teamleiter im Job-Center Norderstedt. Wer das Angebot nutzen wollte, musste entweder den Integrationskursus erfolgreich abgeschlossen haben oder sonst ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen. "Wichtig sind zudem eine hohe Motivation und Durchhaltevermögen", sagt Gabriel. Sechs Monate lang fünf Tage die Woche jeweils von 8 bis 13.45 Uhr speichern die Teilnehmer unablässig neue Informationen. "Wenn da jemand nur jedes dritte Mal kommt, ist das rausgeschmissenes Geld", sagt Gabriel.

Die Mischung ist bunt, multikulti, sagt Elisa. Neben ihr und Hypatia sind Türken dabei, viele stammen aus dem russischen Sprachraum. Hausfrauen machen genauso mit wie Facharbeiter und Männer und Frauen mit Hochschulabschluss.

"Ich habe schon viel gelernt, und ich will noch viel mehr lernen", lautet die erste Bilanz von Elisa Doku. Sie ist Diplom-Geologin, mit ihrem Mann vor zwei Jahren nach Norderstedt gekommen. Auch Hypatia Figaroa kam vor zwei Jahren der Liebe wegen hierher, ihr Mann ist Deutscher. Auch sie hat einen Hochschulabschluss, ist Diplom-Biologin. Doch die Abschlüsse werden hier nicht anerkannt. "Da ist allerdings viel in Bewegung, damit Migranten leichter einen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt bekommen können", sagt Gabriel. Zumindest können die Teilnehmer des neuen Kurses sich zusätzlich qualifizieren und bekommen ein Zertifikat.

Die Organisatoren wie auch Hypatia Figaroa und Elisa Doku setzen vor allem auf das Praktikum. Vier Wochen werden sie zum Ende des Lehrgangs in die Arbeitswelt hineinschnuppern - und vielleicht auch gleich einen Job finden: "Wir sind froh über jeden, der uns vorzeitig verlässt", sagt VHS-Chef Bostelmann. Damit das passiert, werden die Teilnehmer individuell betreut. "Wir helfen bei der Bewerbung und bringen die Unterlagen auf den aktuellen Stand", sagt Projektleiterin Cornelia Ascher.

Sie hofft, dass es weitere Kurse gegen wird, die gleichermaßen Sprach- und Berufskompetenzen vermitteln. "Das hängt natürlich auch vom Erfolg des Pilotprojektes ab", sagt Hans-Joachim Gabriel vom Job-Center. Fest steht: Hypatia Figaroa und Elisa Doku wollen auf jeden Fall möglichst schnell einen Job finden, der ihren Qualifikationen entspricht.