Neue Gesellschaft nimmt ihre Arbeit in Bad Segeberg auf. Mit einem Mini-Budget soll die Wirtschaft in der Region angekurbelt werden

Kreis Segeberg. Die Wirtschaft im Kreis Segeberg floriert. Aber nicht überall: Norderstedt, Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen - das sind die "Boomtowns", in denen sich das Ansiedlungskarussell immer schneller dreht. Nordport, Nordgate heißen die Schlagworte, die für eine Entwicklung stehen, die rasanter kaum sein könnte. Andere Gebiete im Kreis Segeberg, vor allem im Norden und im Nord-Osten, sind von dieser Entwicklung weitgehend abgeschnitten. Auch das ist ein Grund für die Gründung der Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft für den Kreis Segeberg (WKS), die nach heftigen Geburtswehen offiziell am 1. April ihre Arbeit aufnimmt. Inoffiziell wird die Gesellschaft bereits verwaltet. Davon allerdings hat bisher kaum jemand etwas bemerkt.

Der Start hätte holperiger kaum sein können. Schon längst hätte die Gesellschaft ihre Arbeit aufnehmen sollen und damit die WEP (Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft für die Kreise Pinneberg und Segeberg) ablösen sollen. Von der nämlich hat sich der Kreis Segeberg zum 1. November 2011 getrennt. Mit dem Kieler Agrarökonomen Ulrich Graumann, 56, wird jetzt zwar ein Geschäftsführer präsentiert, doch der weiß noch nicht, wo er sitzen wird, wenn er am 1. April seinen neuen Job antritt: Es gibt derzeit noch keine angemieteten Räume, sondern nur grobe Vorstellungen von einer Art "Haus der Wirtschaft" irgendwo in Bad Segeberg. Auch die Industrie- und Handelskammer Lübeck wird dort ein Büro einrichten.

Mit einem Jahresbudget von 500 000 Euro kann Graumann allerdings keine großen Sprünge machen. Das Geld stammt aus einer jährlichen Dividende, die der Kreis Segeberg über seine E.on-Hanse-Aktien einnimmt. Von diesem Geld werden auch die Gehälter gezahlt. WKS-Aufsichtsratsvorsitzender Bernd Jorkisch, zugleich Vize-Präses der Industrie- und Handelskammer Lübeck, spricht denn auch vorsichtig von einem "sportlichen Budget".

Die Gesellschaft an sich hat ihre Arbeit bereits am 1. Oktober 2011 aufgenommen und wird aus der Kreisverwaltung heraus geleitet. Bis April bleibt Ulrich Graumann noch Geschäftsführer des Kieler Innovations- und Technologiezentrums, will sich nach Feierabend aber bereits um Kontakte im Kreis Segeberg bemühen. Einerseits kann der künftige Geschäftsführer aus dem Vollen schöpfen, weil es bereits viele Fachleute auf dem Gebiet der Wirtschaftsförderung im Kreis Segeberg gibt, andererseits weiß er auch, dass die Grenzen abgesteckt und die Pfründe verteilt sind. Ulrich Graumann sieht seine Aufgabe denn auch zunächst in einem Abtasten und Vorfühlen. Kontakt aufnehmen zu Wirtschaftsförderern steht zunächst in seinem Arbeitsplan. Dann: Aktivitäten zusammenführen, Synergien nutzen und die Wirtschaft im Kreis Segeberg voranbringen. Weil es in der Region Norderstedt und entlang der A 7 bis hinauf nach Bad Bramstedt kaum etwas voranzubringen gibt, muss der WKS-Geschäftsführer sehen, dass er vor allem auch die ärmeren Gebiete des Kreises Segeberg im Auge hat.

"Die WKS wird keine Konkurrenz zu bestehenden Wirtschaftsförderungseinrichtungen", sagt Ulrich Graumann. Eine Art "Logistik-Drehscheibe" in einer Boomregion Europas solle die neue Gesellschaft werden. "Wir müssen in großen Zusammenhängen denken", sagt Landrätin Jutta Hartwieg. Die WKS solle Ansprechpartner für potenzielle Investoren sein, "die Adresse" im Kreis Segeberg wird Chancen für den ländlichen Raum öffnen, um die bestehende Disparität im Kreis Segeberg aufzulösen. Selbst Grundstücke vermarkten soll die WKS allerdings nicht.