Eine Glosse von Heike Linde-Lembke

"Freude schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligthum!" Womit Friedrich Schiller seine berühmte Ode einleitete, was Ludwig van Beethoven zum Thema seiner ebenso berühmten neunten Symphonie wählte, löst im und ums Norderstedter Rathaus herum immer wieder helle (!) Freude aus.

In silbrigen Tönen pingelt das Glockenspiel seit 3. März 1988 an der Rathaus-Fassade Oden, Hymnen und Lieder. Hinter der Backstein-Mauer liegt der Plenarsaal, und bei manchen Entscheidungen des hohen Gremiums schleicht sich das Gefühl ein, die Damen und Herren lassen sich vom "feuertrunken" des Schiller-Textes leiten.

Viermal am Tag erklingt das liebliche Geläute, um 9, 12, 15 und 18 Uhr. Halt: Um 15 Uhr spielt das Glockenspiel nur donnerstags, zur Erbauung der Marktbesucher. "Ich kann das nicht mehr hören", seufzt es denn auch zwischen Äpfeln, Brot, Käse, Wurst und Zitronen. "So ein Glockenspiel erwarte ich an Fachwerkhäusern, aber hier ist das eher komisch", grinst ein Gast am Currywurst-Stand.

33 Weisen hat Musikprofessor Adolf Detel für die 24 Glocken arrangiert. Beispielsweise "Leise rieselt der Schnee" (fällt diesmal aus) oder ein Wiegenlied von Franz Schubert (wenn's hinter der Fassade hoch hergeht). Lieder wie "Alle Vögel sind schon da" und "Der Mai ist gekommen" werden jetzt programmiert. Damit sie den Frühling rechtzeitig einläuten. Pingeling, klingeling...