Hamburger Politiker und Anliegergemeinden fordern eine Elektrifizierung der AKN bis nach Kaltenkirchen. Hamburg würde davon profitieren.

Kreis Segeberg. 2018 könnte die erste S-Bahn bis Kaltenkirchen oder sogar darüber hinaus fahren. Das klingt zunächst noch recht utopisch, aber am Wochenende wurden zwei entscheidende Schritte in diese Richtung getan: Der Verkehrsausschuss der Hamburger Bürgerschaft hat am Freitag einstimmig die Elektrifizierung der AKN gefordert. Am Sonnabend haben die Anliegergemeinden der AKN außerdem eine Resolution verabschiedet, in der ebenfalls eine Elektrifizierung der heutigen AKN-Strecke und eine Integration dieser Strecke in das Hamburger S-Bahn-Netz gefordert wird.

Resolutionen und Forderungen sind noch weit entfernt von Entscheidungen, die auf höherer Ebene getroffen werden müssen. Aber sie zeigen deutlich, wohin der Zug möglichst noch in diesem Jahrzehnt rollen soll: Die Entwicklungen im gewerblichen und wohnlichen Bereich machen eine Verbesserung des Schienenangebotes nötig. Ob eine elektrifizierte Bahn, die eines Tages durch den Kreis Segeberg rollen könnte, von der S-Bahn Hamburg GmbH oder von der AKN betrieben wird, ist noch unklar. Aber der zu erwartende Effekt wäre vermutlich enorm. Davon gehen zumindest alle Beteiligten aus, weil es auch ein gutes Beispiel gibt: Der in den letzten Jahren erfolgte Ausbau der Strecke von Eidelstedt über Henstedt-Ulzburg nach Kaltenkirchen war schließlich ein großer Erfolg. Durch diese Verbesserung des Leistungsangebotes wurden die Fahrgastzahlen fast verdoppelt.

Die CDU-Landtagsfraktion hatte am Wochenende Vertreter aller AKN-Anliegergemeinden im Gebäude der AKN an der Rudolf-Diesel-Straße in Kaltenkirchen zusammengebracht, um zu informieren und sie gemeinsam auf eine Linie zu bringen. Herausgekommen ist dabei eine Resolution, die deutlich macht, wie ernsthaft die Elektrifizierung dieser Vorortbahn gefordert wird. Der schleswig-holsteinische Landtag hatte bereits das Tempo vorgegeben und eine ähnliche Resolution einstimmig verabschiedet, in Hamburg scheinen die politischen Verhältnisse nach dem Beschluss des Verkehrsausschusses auch klar zu sein. Diese Willenserklärungen alleine reichen aber noch nicht aus, um auch die Bundesregierung von dem Vorhaben zu überzeugen. "Aber es ist ein Signal an Berlin, dass in der Region Einigkeit herrscht", sagte der Landtagsabgeordnete Peter Lehnert, der zur Veranstaltung im AKN-Gebäude eingeladen hatte.

+++ Breite Front für die Verlängerung der S-Bahn +++

Tamara Zieschang, Staatssekretärin im Kieler Wirtschaftsministerium, zählt die Elektrifizierung der AKN neben dem Bau der A 20 und dem Ausbau der A 7 zu den Verkehrsschlüsselprojekten in diesem Jahrzehnt. Überzeugungsarbeit müsse, trotz des Beschlusses im Verkehrsausschuss am Freitag, noch beim Hamburger Senat geleistet werden; denn die Elektrifizierung der AKN stehe in Konkurrenz zum Bau der U-Bahnlinie 4. "Wir müssen da noch etliche Gespräche führen", sagte die Staatssekretärin. Nach Einschätzung von Volker Dornquast, Staatssekretär im Kieler Innenministerium, würde aber auch Hamburg von einer Elektrifizierung der AKN profitieren: "Auch auf den Hamburger Straßen würde der Verkehr abnehmen, weil die Pendlerströme schon längst auch in Richtung Schleswig-Holstein gehen."

Die Bundesregierung gibt sich mit Absichtserklärungen allerdings nicht zufrieden. Der volkswirtschaftliche Nutzen muss anhand bestimmter Indikatoren nachgewiesen werden - und das möglichst schnell. Denn 2019 ist das letzte Jahr, in dem Regionalisierungsmittel vom Bund zur Verfügung gestellt werden. Die Landesverkehrs-Servicegesellschaft wird demnächst eine "standardisierte Bewertung" in Auftrag geben, in der ein unabhängiges Beratungsbüro die anzunehmenden Kosten der Elektrifizierung mit der zu erwartenden Fahrgaststeigerung ebenso in Beziehung setzt, wie die umweltfreundliche Veränderung bei einem Umstieg von Diesel auf Strom. Das Ergebnis ist mit dem volkwirtschaftlichen Nutzen des Projektes gleichzusetzen. Das Gutachten soll noch 2012 vorliegen.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Gero Storjohann will den Forderungen aus der Region Nachdruck verleihen: Beim Treffen der schleswig-holsteinischen Parlamentarier-Landesgruppe Ende Januar mit Bundesverkehrsminister Ramsauer will er dieses Thema ansprechen und das Projekt der Elektrifizierung auf einer Strecke von 30 Kilometern vorstellen.

Die Kosten für eine Elektrifizierung der AKN von Eidelstedt in Richtung Norden werden mir 50 Millionen Euro beziffert. AKN-Aufsichtsratsvorsitzender Günter Meienberg geht von einem dreijährigen Genehmigungsverfahren und einer zweijährigen Bauzeit aus. Bei einer Realisierung des Projektes würde der Strom ab Eidelstedt über eine 1500-Volt-Oberleitung fließen.

Die Anliegergemeinden machen in ihrer Resolution auch deutlich, dass eine Nahverkehrsverbindung von Kaltenkirchen nach Bad Bramstedt und Neumünster erforderlich ist - zum Beispiel durch eine Taktverdichtung.