Weil Plätze für die Jüngsten fehlen, müssen Eltern nur noch maximal 230 Euro pro Monat zahlen, so viel wie für einen regulären Vollzeit-Krippenplatz.

Norderstedt. "Aufräumzeit, alle Kinder räumen auf" - Susanne Oehme und Katharina Dennstedt singen ihre Aufforderung. Und die Kinder folgen wie die Jungen und Mädchen dem Rattenfänger von Hameln, sortieren ihr Spielzeug in die Regale, packen die Bücher in die Kiste, ganz ohne Murren erledigen sie eine Aufgabe, die sonst meist erheblichen Widerstand hervorruft. Acht Kinder zwischen eineinhalb und zweieinhalb Jahren betreuen die beiden Norderstedterinnen gemeinsam im Haus von Susanne Oehme.

Die beiden sind zwei von 98 Tagesmüttern in Norderstedt, Henstedt-Ulzburg und Ellerau, die für den Verein Tagespflege arbeiten und etwa 200 Kinder betreuen, 171 sind bis zu drei Jahre alt - bei den Jüngsten könnten das schon bald deutlich mehr werden, denn seit Anfang des Jahres zahlt die Stadt Eltern, die Kinder bis zu drei Jahren von einer Tagesmutter betreuen lassen, Zuschüsse. "Väter und Mütter bezahlen für diese Betreuungsform nur noch genauso viel wie für einen Krippenplatz", sagt Angelika Stark, pädagogische Leiterin beim Verein Tagespflege.

Die Tagesmütter bekommen nach wie vor ihr Geld, Stadt zahlt Differenz

Der Vollzeit-Krippenplatz in Norderstedt kostet 230 Euro. Diese Summe müssen Eltern auch zahlen, wenn sie ihr Kind mehr als 37 Stunden pro Woche in die Obhut einer Tagesmutter geben. Die bekommt nach wie vor zwischen drei und 4,50 Euro pro Stunde maximal, so Angelika Stark, 520 Euro im Monat bei einer Betreuung von 40 Stunden im Monat. Die Differenz übernimmt die Stadt. Mit diesem Projekt betritt Norderstedt Neuland: "Mir ist nicht bekannt, dass es ein solches Modell sonst noch irgendwo im Norden gibt", sagt die Diplom-Sozialpädagogin vom Verein Tagespflege.

Die Stadt hat den Vergütungssatz an die Kreisrichtlinie angepasst, damit im gesamten Kreis Segeberg einheitliche Regelungen gelten. Bisher mussten die Eltern ohne Finanzspritze der Stadt auskommen, wenn sie die Leistungen einer Tagesmutter in Anspruch genommen haben. Und da bilden, so Soziadezernentin Anette Reinders, 520 Euro eher die untere Grenze. Nach wie vor schließen aber die Eltern einen privatrechtlichen Vertrag mit der Tagesmutter und können auch das Entgelt einvernehmlich festlegen. 520 Euro sind die Obergrenze für die städtische Förderung.

Stadt lässt sich die Neureglung 295 000 Euro im Jahr kosten

Die Neuregelung bedeutet zusätzliche Ausgaben im Haushalt der Stadt Norderstedt. Sie muss die Lücke zwischen den Einnahmen aus den Elternbeiträgen und den Ausgaben für die Tagesmütter schließen. Die Gleichstellung der Tagesmütter mit den Kita-Gebühren bedeutet eine zusätzliche Belastung von 295 000 Euro pro Jahr.

Auf der anderen Seite helfen die Tagesmütter, eine Lücke zu schließen: Ab 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf Betreuung von Kinder zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr. Und um diesem Anspruch gerecht zu werden, muss die Stadt in den nächsten gut eineinhalb Jahren noch rund 200 Krippenplätze schaffen: "Da sind uns die Tagesmütter eine wichtige Hilfe", sagt Anette Reinders.

Weiter sehen die neuen Richtlinien vor, dass die Tagesmütter ihr Geld künftig von der Stadt bekommen. Bisher standen die Mütter und Väter in der Pflicht, ihre Tagesmutter zu entlohnen, was nicht immer reibungslos geklappt hat. Es ist, so die Dezernentin, in der Vergangenheit gelegentlich mal vorgekommen, dass Eltern nicht oder nicht rechtzeitig gezahlt haben. Das wolle die Stadt durch die neue Regelung verhindern und dafür sorgen, dass die Tagesmütter regelmäßig und pünktlich ihr Geld bekommen.

Wird das Kind zwischen 30 und 37 Stunden pro Woche betreut, entspricht das einer Dreiviertel-Betreuung in einer Krippe, für die 161 Euro im Monat anfallen. Auch die weiteren Elternbeiträge für weniger Betreuungszeiten decken sich mit den Kita-Gebühren. Wie bei den Kita-Gebühren gilt auch für die Tagespflege die Sozialstaffel - Eltern mit knappem Budget zahlen nicht die vollen Beiträge. Gleichzeitig sieht die neue Satzung Zuschüsse für die Kranken- und Pflegeversicherung der Tagesmütter, mehr Urlaub und eine verschärfte Überprüfung der Eignung vor.

Die haben Susanne Oehme, 30, und Katharina Dennstedt, 27, schon nachgewiesen. Die beiden Norderstedterinnen haben sich im Qualifizierungs-Kursus kennengelernt. Wer in Norderstedt als Tagesmutter arbeiten will, muss sich vorher in einem 160 Unterrichtsstunden umfassenden Kursus die nötigen Kenntnisse aneignen (s. Info-Kasten) und eine Prüfung ablegen.

"Wichtig ist uns, dass die Tagesmütter so arbeiten wie die Erzieherinnen in den Kitas und die Kinder sprachlich, motorisch und kognitiv optimal fördern", sagt Angelika Stark. Susanne Oehme und Katharina Dennstedt erfüllen diese Ansprüche mit Leichtigkeit. Freundlich, fröhlich und geduldig gehen sie auf ihre acht Schützlinge ein. Sieben Jungen und ein Mädchen. Trotz der männlichen Dominanz geht es äußerst harmonisch und friedlich zu. "Die Kinder lieben Rituale", sagt Susanne Oehme. Den Morgenkreis mit dem Kasper, der in Fingerform aus dem Ärmel von Katharina Dennstedt lugt und mit der Hexe seine fingerfertigen Abenteuer erlebt. Und dann einfach aufstehen und zur Tagesordnung übergehen ist nicht: "Die Sonne begrüßen", ruft Lasse. Also wieder hinsetzen, Blick zum Fenster und die Sonne herbeisingen.

Susanne Oehme und Katharina Dennstedt lieben ihren Job

"Mir hätte nichts Besseres passieren können", sagt Susanne Oehme. Die Notarfachangestellte wollte nach der Geburt ihrer Kinder zurück in den Beruf, fand aber keinen Krippenplatz für ihre inzwischen dreijährigen Zwillinge. Sie begann mit Babysitten, ehe sie sich vor eineinhalb Jahren entschloss, als Tagesmutter zu arbeiten. Ähnlich verlief der Weg von Katharina Dennstedt. Die gelernte Fleischereifachverkäuferin ist ebenfalls begeistert vom neuen Job. "Natürlich gibt es auch schwierige Momente, wenn beispielsweise die Trotzphase einsetzt, aber insgesamt ist das ein toller Job", sagen die beiden.