Stadt will Tische und Stühle aufarbeiten und verkaufen. Vorbild ist “Stilbruch“ in Hamburg. Sozialkaufhaus am Gutenbergring schließt Ende Januar.

Norderstedt. Das Sozialkaufhaus in Norderstedt muss Ende des Monats schließen. Das Jobcenter kann die Ein-Euro-Jobber nicht mehr bezahlen, die im Kaufhaus für gebrauchte Möbel und Kleidung am Gutenbergring die Arbeit erledigen. 45 Arbeitslose sind dort für durchschnittlich drei Monate im Einsatz, um sich für die Rückkehr ins Berufsleben fit zu machen. "Die Kürzungen des Bundes bedeuten für uns erhebliche Einschnitte", sagt Michael Knapp, Leiter des Jobcenters in Kaltenkirchen, das übergeordnet für die Ein-Euro-Jobber im Norderstedter Sozialkaufhaus zuständig ist.

Von 2010 auf 2011 habe der Bund die Mittel um 30 Prozent gekürzt, in diesem Jahr fielen weitere 20 Prozent weg. Der Etat sei von 8,9 Millionen Euro im Vorjahr auf aktuell 7,3 Millionen Euro geschrumpft. Da seien die 20 000 Euro pro Monat für das Wiedereingliederungs-Projekt in Norderstedt nicht mehr drin.

Die Stadt kann und will nicht in die Bresche springen. Sie will selbst ein Kaufhaus für gebrauchte Möbel eröffnen. Der Unterschied: Im Sozialkaufhaus werden ausrangierte, aber gut erhaltene Tische, Stühle und Kommoden nur an Menschen mit wenig Geld ausgegeben, die ihre Bedürftigkeit nachweisen müssen. "Da der Betrieb staatlich subventioniert wird, ist ein freier Verkauf nicht möglich", sagt Knapp. Den peilt aber die Stadt an, die vor allem den Umweltgedanken verfolgt. Wiederverwerten statt wegschmeißen lautet die Devise.

Einen Partner haben die Norderstedter auch schon im Auge: "Stilbruch" in Hamburg - in zwei Filialen verkauft das Unternehmen alles, was zum und in den Haushalt gehört. Geschäftsführer Jörg Bernhard hat das Erfolgskonzept noch kurz vor Weihnachten im Umweltausschuss den Norderstedter Politikern vorgestellt, Fragen beantwortet und Zustimmung registriert.

"Ich gehe davon aus, dass sich das Modell auf Norderstedt übertragen lässt", sagt der "Stilbruch"-Chef. Eine wesentliche Säule ist die Sperrmüllabfuhr auf Abruf, die in Norderstedt vor einem Jahr eingeführt wurde und von den Bürgern gut angenommen wird. In Hamburg sind die Müllwerker mit zwei Fahrzeugen unterwegs, in einem werden unbrauchbare Möbel gepresst, im anderen mitgenommen, was noch Abnehmer findet. "Wichtig ist, dass wir hier das Monopol haben und alle Teile, die die Müllabfuhr einsammelt, bei uns landen", sagt Bernhard. Zweites Standbein sind die Recyclinghöfe, die "Stilbruch" die Möbel liefern, die die Hamburger bringen. In Norderstedt gibt es einen Recyclinghof an der Oststraße, den die Stadt zusammen mit dem Wege-Zweckverband des Kreises Segeberg betreibt. Der müsste zustimmen.

"Wir haben die Hoffnung, dass das auch in Norderstedt klappen könnte",

Das Gebrauchtmöbel-Kaufhaus müsste sich allerdings selbst finanzieren und ohne städtische Zuschüsse auskommen, sagen die Norderstedter Politiker. Martin Sandhof, Leiter des städtischen Betriebsamtes, hatte eine Kalkulation präsentiert, die diese Voraussetzung erfüllt. Das gesamte Projekt werde aus den Abfallgebühren finanziert, die Gebühren würden dafür nicht erhöht. Sandhof geht davon aus, dass die Kosten für die Sperrmüllentsorgung sinken. Der Verkauf der aufgemöbelten Stühle, Schränke und Tische bringe Einnahmen. Zusätzlich sollen die Erlöse aus dem Einsammeln von Altkleidern, Altpapier und Altmetall für das Kaufhaus eingesetzt werden. Was in den Sammelcontainern landet, hat sich in den letzten Jahren zu einem Geschäft für die Stadt entwickelt, da der weltweite Bedarf an Rohstoffen ständig wächst.

"Stilbruch" hat bewiesen, dass das Kaufhaus für Möbel, Kleidung, Porzellan, Fahrräder, Schallplatten und alles andere, was ein Haushalt so braucht, funktioniert. Im vorigen Jahr haben die 64 Mitarbeiter 2,5 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Die Kunden sind gut gemischt, Studenten und Menschen mit schmalem Haushaltsbudget gehören ebenso dazu wie besser situierte Bürger. Angefangen haben Bernhard und sein Team vor gut zehn Jahren mit Ein-Euro-Jobbern. Nachdem die Mittel für die Erwerbslosen im Vorjahr in Hamburg gekürzt wurden, wurden alle fest angestellt, sind aus Arbeitslosen Berufstätige geworden.

"Wir haben die Hoffnung, dass das auch in Norderstedt klappen könnte", sagt Michael Knapp vom Jobcenter, der gerne einige Ein-Euro-Jobber im neuen Gebrauchtmöbel-Kaufhaus unterbringen würde. Das könnte funktionieren, wenn Gemeinnützigkeit hergestellt wird, indem Käufern mit wenig Geld Rabatt gewährt wird.

"Stilbruch" jedenfalls hat den Norderstedtern Unterstützung zugesagt. "Wir würden bei der Einrichtung des Kaufhauses helfen und die Mitarbeiter schulen", sagt Bernhard.