Sisyphos lässt grüßen: Von der zeit- und geldaufwendigen Suche nach 640 Klebebildchen für das Panini-WM-Album

Norderstedt. Christos Patsatzoglou, ein Grieche aus Piräus, am 19. März 1979 geboren, 1,82 Meter groß und 73 Kilogramm schwer, spielt Fußball für Omonia Nikosia auf Zypern. Bis vor zwei Wochen hat dieser Mann in meinem Leben keine Rolle gespielt. Er war mir egal. So was von. Soll er doch kicken, da unten auf dieser zweigeteilten Insel im Mittelmeer.

Was Pasta - nein, Psatsa - verdammt, Patsatzoglu und mich nun plötzlich zu einer Schicksalsgemeinschaft macht, uns quasi zusammenkleben lässt auf Gedeih und Verderb, ist dieses 640 Sammelbildchen umfassende Kompendium zum Stelldichein der Fußball-Elite am Kap der gute Hoffnung: Das WM-Album von Panini zur FIFA-Weltmeisterschaft in Südafrika.

Christos Patsatzoglou hat in diesem Album die Nummer 169. Er spielt in der griechischen Nationalmannschaft als Verteidiger. Gefühlte 600 Tütchen mit jeweils fünf Sammelbildchen zu 60 Cent habe ich jetzt schon aufgerissen. Aber Patsa, wie ich ihn jetzt mal jovial gekürzt nennen möchte, war nicht drin.

Christos Patsatzoglou, Grieche, Nummer 169, verzweifelt gesucht

Ich verzweifle. Ich habe Patsa gegoogelt. 215 000 Einträge habe ich gefunden. Sogar Bilder von ihm. Aber keins davon war zum Aufkleben. Ich könnte ja verstehen, wenn es mir nicht gelänge, Lionel Messi (Fußball-Gott, Argentinien) oder Christiano Ronaldo (Fußball-Adonis, Portugal) nicht zu erwischen. Die habe ich aber sogar doppelt doppelt, also je zweimal zu viel. Stattdessen mangelt es mir an einem unaussprechlichen Helenen. Abends kann ich nicht schlafen und zähle Patsatzoglous, die über einen Zaun springen.

Es sind Schicksale wie diese, die die Gebrüder Giuseppe und Benito Panini aus Modena bewusst in Kauf nahmen, als sie zur Fußballweltmeisterschaft 1970 das erste Sammelalbum herausgaben und Generationen von Fußballverrückten mit Sammel-Tick zu Abhängigen machten. Menschen, die ihre Lebenserwartung mit der Anzahl der erlebbaren Fußballweltmeisterschaften berechnen, rennen seither alle vier Jahre zum Kiosk, wo der "Tütchendealer" mit einem hämischen Grinsen auf sie wartet.

Kinder müssen tauschen, Berufsjugendliche können kaufen

Kinder, die nur ihr lächerliches Taschengeld auf der Naht haben, können die Anzahl der Tütchen pro Woche an einer Hand abzählen. Wie schön ist es hingegen, berufsjugendlicher Erwachsener zu sein, der einfach mal so ganz nebenbei beim Zeitungskauf zehn Tütchen Panini ordert. 6 Euro - was soll's.

Trotzdem bekommen die Panini-Knirpse ihre Alben alle vier Jahre schneller voll als ich. Im Grunde sind die Knirpse SC Freiburg und ich Real Madrid. Während ich so bräsig wie Real-Boss Florentino Péres mein Geld zum Fenster raus werfe und tatsächlich glaube, dass ich mir alle Spieler, die ich brauche, zusammenkaufen kann, machen die Knirpse gute Jugendarbeit und zeigen, dass Geld nicht alles ist. Sie tauschen untereinander, bis die letzte Lücke im Album beklebt ist. Dabei werden die unterschiedlichsten Regeln aufgestellt. Etwa, dass "Glitzis", also die mit einem schillernden Hologramm unterlegten Abzeichen der einzelnen Landes-Fußballverbände, immer zwei zu eins getauscht werden. Und für einen Messi muss man schon mal zwei Chilenen auf den Tisch legen.

Für Berufsjugendliche wie mich wird die Sammelwut dann zum Zeitproblem. Schließlich kann ich meinem Arbeitgeber nur schwer klar machen, dass ich zur großen Pause mal eben auf den Schulhof zum Tauschen muss. Und mit dem Kaufen von Tütchen kann das so auch nicht weitergehen. Ich habe eine Statistik gelesen, wonach erst der Kauf von mehr als 1100 Panini-Tütchen Vollständigkeit wahrscheinlich macht.

Erst nach dem Kauf von 1100 Tütchen ist das Album voll - vielleicht

Also bleibt mir nur das Wochenende und eine Tausch-Börse! Bitte kommt am Sonnabend alle zum Herold Center! Zur Tauschbörse der Norderstedter Zeitung (siehe Text rechts). Ich habe einen ganzen Packen Doppelte und möchte sie loswerden. Und hier kommen die Nummern: Die Doppelnull, 7, 15, 16, 19, 26, 48, 52, 82, 88, 97, 149, 154, 169, 200, 229, 233, 246, 253, 264, 269, 277, 287, 290, 303, 308, 318, 322, 329, 341, 359, 360, 374, 378, 458, 459, 460, 473, 482, 486, 493, 496, 500, 525, 544, 548, 552, 558, 561, 609, 619, 621, 623, 624, 625, 636 und diese Coca-Cola-Klose-Torjubelbilder, die mir aber eher egal sind, weil sie nicht echt Panini sind.

Special Price: Wer einen Christos Patsatzoglou hat, bekommt von mir zwei beliebige andere Buffer seiner Wahl! Versprochen!