Torsten Thormählen geht gestärkt in die Stichwahl. Karin Honerlah hofft auf die Stimmen der SPD-Wähler

Henstedt-Ulzburg. Die auf Großleinwand im voll besetzten Ratssaal projizierte Computeruhr zeigte am Sonntag Punkt 18.42 Uhr an, da war Runde eins ab- und Runde zwei eingeläutet. In diesem Moment drehte sich Bürgermeisterkandidat Torsten Thormählen sichtlich erleichtert nach hinten um. Dort saß derjenige, den Thormählen als Verwaltungschef von Henstedt-Ulzburg beerben möchte - und den nicht wenige politische Beobachter weiterhin für den Strippenzieher im konservativen Lager halten: Ex-Bürgermeister Volker Dornquast (CDU), seit Herbst Staatssekretär im Kieler Innenministerium. Gerade war das Ergebnis aus dem ersten von zehn Wahlbezirken übermittelt worden. Im Bereich Beckersberg hatten 465 Wähler für den von der CDU ins Rennen geschickten Thormählen gestimmt, was dem parteilosen Ellerauer 42,47 Prozent bescherte.

Wie in der Gesamtabrechnung auch kam Karin Honerlah (WHU) am Beckersberg mit 29,86 Prozent der Stimmen auf Rang zwei. Als um 19.21 Uhr das Endergebnis der Bürgermeisterwahl vermeldet wurde, standen (wie berichtet) für Thormählen 42,42 Prozent (4161 Stimmen) zu Buche, für Lokalmatadorin Honerlah 26,17 Prozent (2567 Stimmen). Am Sonntag, 9. Mai, kommt es zur Stichwahl.

Bis kurz vor der Wahl war Thormählen, 2. Stadtrat in der Norderstedter Verwaltung, als großer Favorit gehandelt worden. Es folgte der Eklat in der Form, dass der örtliche CDU-Parteichef Wolfgang Horstmann im CDU-Heftchen über die anderen Kandidaten ablästerte. Thormählen distanzierte sich von diesem Beitrag, nicht aber von seinen Unterstützern aus dem konservativen Lager: "Man darf nicht generell in Frage stellen, was gut funktioniert hat." Und doch: "Ich konnte nicht einschätzen, wo ich stand", sagte Thormählen am Sonntagabend, "mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden". Ob ihn die Debatte um die Horstmann-Äußerungen die mögliche absolute Mehrheit und damit den Sieg im ersten Durchgang gekostet habe? "Es macht keinen Sinn, darüber zu spekulieren", so Thormählen. Er sei, wie fast alle, davon ausgegangen, dass es zur Stichwahl kommt.

42,4 Prozent zu 26,2 Prozent - die Stichwahl also eine klare Sache für Thormählen? Keineswegs, geht es nach dem Stimmungsbild des Wahlvolks im Rathaus. "Das wird kein Selbstgänger für Thormählen", verkündete stellvertretend ein Zuschauer. So sieht es (natürlich) auch Kontrahentin Karin Honerlah. "Das sieht gut aus", verkündete die WHU-Fraktionsvorsitzende mit Blick auf die Ergebnisse. Sie sei sich sicher, am 9. Mai auch einen Großteil der Stimmen zu bekommen, die in Durchgang eins für SPD-Mann Christian Carstensen abgegeben worden waren. Auch Thormählen glaubt, dass die Wähler derjenigen, die in Runde eins ausgeschieden sind, eine wichtige Rolle spielen: "Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Carstensen-Wähler geschlossen zu Honerlah überwechseln."

Überhaupt betont Thormählen, zwar von der CDU unterstützt zu werden, aber Bürgermeister aller Menschen sein zu wollen: "Mein Vorteil ist: Ich war viele Jahre Bürgermeister in Ellerau. Und habe dabei bewiesen, dass ich unparteiisch war." Sein wichtigstes Ziel für die kommenden Wochen sei, "die Bürger zu motivieren, nochmals zur Wahl zu gehen. Allen muss klar sein: Die Wahl ist noch nicht entschieden!"

Seine politische Gegnerin indes glaubt, dass die Welle der Empörung wegen der Scharfmacherei durch den CDU-Vorsitzenden noch lange nicht abgeebbt ist, und warnt: "Die CDU sollte sich hüten, den Ton weiter zu verschärfen!" Erhöhen will sie die optische Wirkung im Wahlkampf: Demnächst werden Honerlah-Plakate im A-0-Format aufgehängt.

"Ich habe alles gegeben, aber die Bürger haben mir nicht ihre Stimme gegeben", klagte Christian Carstensen. Neunzig Minuten nach Schließung der Wahllokale stand der 37 Jahre alte SPD-Kandidat im "Henstedter Hof" vor einem Häufchen enttäuschter SPD-Genossen und suchte nach Erklärungen: "Wie konnte das passieren? Ich habe als einziger neue Themen auf den Tisch gebracht." Ihm hatten 392 Stimmen gefehlt, um an Karin Honerlah vorbei in die Stichwahl gegen Thormählen einzuziehen. 2176 Stimmen (22,18 Prozent) reichten letztlich jedoch nicht.

"Vorbei ist vorbei", sagte Carstensen. "Morgen früh werde ich beim Chef der Personalabteilung in der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde anrufen und anfragen, ob ich am 1. Juni wieder meinen Job als Verkehrsexperte antreten darf. Auf keinen Fall werde ich woanders in einen Wahlkampf ziehen."

Die Niederlage in Henstedt-Ulzburg hatte dem engagierten Wahlkämpfer, der 4500 Haushalte besuchte, sichtlich schwer getroffen. Als einziger Bewerber erschien er am Sonntag auch nicht im Rathaus, wo Bürgervorsteher Carsten Schäfer den Verlierern mit netten Worten und einem Blumenstrauß über ihren Frust hinwegzuhelfen versuchte. Der Erste Bürger freute sich darüber, dass es nicht ganz knapp geworden war, dass die Wähler also für "klare Verhältnisse" (Schäfer) gesorgt hätten. Die anderen beiden Verlierer stellten sich dem für sie erschütternden Wahlergebnis vor Ort. Der parteilose Kandidat Jens Iversen war sogar einer der ersten Besucher im Ratsaal. Er beobachtete das Geschehen von der dritten Reihe aus und war hinterher einigermaßen sprachlos: Nur 677 Bürger (6,7 Prozent) hatten ihm ihre Stimme gegeben. "Ich bin enttäuscht", sagte Iversen. "Diese Wahl trug jedoch eindeutig politischen Charakter, und deshalb war ich als parteiunabhängiger Kandidat chancenlos."

FDP-Bewerber Klaus-Peter Schroeder hatte noch kurz vor dem Öffnen der Wahllokale versucht, die Sympathie der Wähler auf seine Person zu lenken. Er hatte frühmorgens durch fleißige Helfer insgesamt 1000 Tüten mit je zwei frischen Brötchen an Henstedt-Ulzburger Haushalten verteilen lassen.

Dem Kreistagsabgeordneten und FDP-Fraktionsvorsitzenden aus Norderstedt half das aber wenig. Er erhielt nur 229 Stimmen (2,33 Prozent). "Ich bin ganz schön abgewatscht worden."