Rosel Thalau leitete fast 30 Jahre lang einen Lebensmittelladen in Westerrade. Dort hat sie viel Klatsch gehört - und aufgeschrieben.

Wiemersdorf. Es war ihre Schwiegermutter, die des Nachts von Sievershütten quer durchs Land auf die Reeperbahn fuhr, im Schlepptau zwei gestandene Männer, um den Sohn aus den Fängen böser "Kiez-Räuber" zu retten. Spielsüchtig war dieser Sohn, Dresche bezog er. Aber auch sein Bruder und der Verwalter des Hofes der Bauersfrau wurden übel zugerichtet. Rosel Thalau beschreibt diese Szenerie anschaulich in natürlicher Art und mit einem verwunderten Schmunzeln über die Naivität der Akteure.

Die nächtliche Bauernposse auf der Reeperbahn, die wir heute veröffentlichen (siehe unten), liegt rund 20 Jahre zurück, denn Rosel Thalau hat seit 20 Jahren keine Geschichten mehr geschrieben. Dafür hütet sie ihre insgesamt 68 Erzählungen wie einen Schatz. "Das sind peinliche und lustige Geschichten über Erwachsene", sagt die 74-Jährige. Besonders stolz ist sie auf ihre "Kindermund"-Sammlung - einiges daraus ist auch in den Wiemersdorfer "Dörpsgeschichten" erschienen.

Rosel Thalau ist eine zufriedene Rentnerin. Sie hat Ehemann Reinhard, den sie 1995 heiratete, ein Haus in Wiemersdorf, einen großen Garten, ihre Puppen und ihre Hobbys. Sie näht Puppenkleider, bastelt Grußkarten und verkauft beides auf Weihnachtsbasaren in der Umgebung von Wiemersdorf. Bei den Puppenkleidern zeigt die gelernte Textilfachverkäuferin viel Fantasie. "Außerdem koche ich gern", sagt Rosel Thalau.

Seit 15 Jahren ist sie Rentnerin. Fast 30 Jahre lang leitete sie ein Lebensmittelgeschäft in Westerrade: "Dort habe ich auch die Geschichten gehört und habe sie dann aufgeschrieben." An der Kasse lagen immer Zettel und Stifte für schnelle Stichworte und Notizen. Nach Feierabend entstanden daraus ihre lustigen Geschichten. "Ich muss das gehört oder selbst erlebt haben, ich kann mir nichts ausdenken", verrät Thalau, warum sie heute keine Geschichten mehr schreibt. Ab und zu dichtet sie noch ein paar Verse für Geburtstage und andere feierliche Anlässe. "Ich muss immer was tun", sagt Rosel Thalau und zupft zufrieden das Kleid einer der vielen Puppen in Form.