Hauptschüler werden auf das Leben vorbereitet: Die Bürgerstiftung Henstedt-Ulzburg hilft Schülern beim Start ins Leben. Sie finanziert bereits zum zweiten Mal eine Image-Schulung.

Henstedt-Ulzburg. Keine leichte Aufgabe für Frederike und Fabian: Die Gäste haben am festlich gedeckten Tisch Platz genommen und warten auf den Beginn des Essens. Großer Teller, kleiner Teller, tiefer Teller, kleines Glas, großes Glas, Messer, Gabel, Suppenlöffel, Dessertlöffel, Brotkorb. Was jetzt? Wasser für den Herrn rechts, Wein für den Herrn links! Aber bitte nicht stumm bleiben, Small Talk ist angesagt. Leicht dahin plätschernde Plaudereien über die Welt und das Leben. So geht es zu im wirklichen Leben, aber für zwei 16 Jahre alte Schüler ist es das Leben auf einem anderen Stern. Noch.

Frederike und Fabian gehören zu den Schülern aus den neunten Klassen der Hauptschule am Beckersberg in Henstedt-Ulzburg, die in den Genuss einer Benimm-Schulung im Wiking Hotel kommen. Wie schon im vergangenen Jahr übernimmt die Bürgerstiftung die Kosten, weil diese Schüler fit fürs Leben gemacht werden sollen. 2009 hatte Imageberaterin Astrid Fiedler aus Hamburg die Abgangsschüler auf die Fallstricke während eines Bewerbungsgespräches aufmerksam gemacht, jetzt geht es um das Thema Gast und Gastgeber.

Fabian war mit seinen Eltern schon oft in Restaurants und kennt sich daher einigermaßen aus. Er weiß also, dass ein Kaugummi nicht unter die Tischplatte geklebt werden sollte. Besser: Das Gummi gar nicht erst in den Mund nehmen, wenn ein festliches Essen angesagt ist. Wohin mit dem Handy? Auch so ein Thema. Auf den Tisch gehört es nicht, erklärt die Imageberaterin den Schülern. Aha! Also in der Jacke oder Hose lassen, am besten aus oder stumm geschaltet.

Wichtig sind die ersten drei Sekunden, erklärt Astrid Fiedler den Schülern der Klasse 9a, die im Konferenzsaal des Wiking Hotels sitzen und andächtig zuhören. Diese Zeit entscheidet über angenehm oder unangenehm. Wer hier nicht aufpasst, ist untendurch und wird sich schwer tun, wieder Boden gutzumachen. Für Ungeübte nahezu unmöglich.

Die Schüler lernen die formellen Regeln kennen: Wer hält beim Eintritt ins Restaurant wem die Tür auf? In welcher Reihenfolge wird das Besteck benutzt? Wo lege ich nach dem Essen das Besteck und die Serviette ab? Das wissen manche Erwachsene nach 40 Jahren Lebenserfahrung manchmal noch nicht. Frederike, Fabian und ihre Klassenkameraden haben jetzt zumindest eine Vorstellung davon, worauf es ankommt.

Zu den allgemeinen Höflichkeitsregeln gehört die Pünktlichkeit, erklärt Astrid Fiedler. Ohne Wenn und Aber. Wer begrüßt wen zuerst, wer stellt wen vor, wann steht wer auf, wann bleibt wer sitzen? Und warum eigentlich? So ein Treffen mit Gästen, egal ob zu Hause oder im Lokal, kann schon eine haarsträubende Angelegenheit sein.

Astrid Fiedler tut ihr Bestes, um die Schüler auf das Leben jenseits der Schule vorzubereiten. Auch die angemessene Bekleidung für das Bewerbungsgespräch ist ein Thema an diesem Tag. Kapuzenpullover und ein Zelt als Hose - das geht natürlich gar nicht. Das akzeptiert kein Personalchef.

Die Bürgerstiftung und Henstedt-Ulzburg Marketing, der Initiator dieser Benimm-Schulung, sind froh über die Möglichkeiten, die den Schülern hier geboten werden. Aber Heinz Papenhagen, Vorstandsmitglied der Stiftung, weist darauf hin, dass es im nächsten Jahr nicht automatisch zu einer Neuauflage kommt. "Mit 157 000 Euro ist beim Stiftungskapital eine gewisse Stagnation eingetreten", sagt er. "Wir benötigen dringend noch Zustifter, Personen also, die bereit sind, in die Stiftung einzuzahlen."