Martin Kiesow gibt zu, Geld vom Konto seiner verstorbenen Mutter abgehoben zu haben. Er will sich damit aber nicht bereichert haben.

Pinneberg/Norderstedt. Für den Angeklagten war die Sache klar. "Ich habe viel verkehrt gemacht." Martin Kiesow (59) aus Quickborn hatte nichts zu vertuschen. Der Mitinhaber eines der größten deutschen Autoverwertungsunternehmen in Norderstedt, gestand sein Fehlverhalten ein, wollte von einer Straftat aber nichts wissen: Er habe nichts verschleiert und sich auch nicht bereichert, sagte er jetzt vor dem Pinneberger Amtsgericht. Dort musste er sich verantworten, weil er Geld vom Konto seiner toten Mutter abgehoben hatte - zu Unrecht, wie Bruder Karl-Hermann Kiesow (64) behauptet.

Als Bagatelle wertete der Staatsanwalt den Fall indessen nicht: Immerhin geht es um 146 000 Euro, was bei einem Schuldspruch ein Strafmaß von mehr als zwei Jahren nach sich ziehen könnte. Das Gericht vertagte den Prozess.

Der Prozess vor dem Pinneberger Amtsgericht war vorläufiger Höhepunkt eines seit Jahren schwelenden Streits im Hause Kiesow, der noch weitere gerichtliche Termine nach sich ziehen wird. Auch wenn Richterin Dr. Kattner noch zu keinem Urteilsspruch kam, so warf der Prozess doch ein Schlaglicht auf die Befindlichkeiten im Hause Kiesow.

"Mein Bruder Karl-Hermann spricht nicht, er klagt immer", sagte der Angeklagte Martin Kiesow, der zusammen mit dem nach Neuseeland ausgewanderten Bruder Mario (54) und dem mit ihnen verfeindeten und jetzt in Sonthofen lebenden Bruder Karl-Hermann eine Erbengemeinschaft bildete - wobei von Gemeinschaft allerdings keine Rede sein kann.

Der Hintergrund: Martin Kiesow hat, das gibt er zu, nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 2004 von verschiedenen Konten der Verstorbenen Geld abgehoben - insgesamt rund 146 000 Euro. Alles im Einvernehmen mit seinem Bruder Mario, aber ohne Wissen des Bruders Karl-Hermann. Martin Kiesow nannte für alle Posten Gründe. Im Übrigen lägen nach Gerichtsbeschluss 136 000 Euro auf einem Konto des Landgerichts Itzehoe.

Unklar blieb, warum 100 000 Euro vom Konto der Mutter schließlich auf dem Konto des Gebrauchtwagenhandels von Martin und Mario Kiesow landeten. Aussagen darüber und über etliche andere finanzielle Transaktionen hätte der Steuerberater von Martin Kiesow machen können. Nach Angaben des Angeklagten hatte der alle Geldbewegungen für unbedenklich erklärt, ist aber inzwischen verstorben. Die Fehlinformationen des Steuerberaters seien der Hauptgrund für die Beschuldigungen. Martin Kiesow beruft sich auf eine Generalvollmacht, die ihm seine Mutter gegeben hatte. Er habe jeden Punkt mit Bruder Mario abgestimmt, aber eben mit dem dritten Bruder Carl-Hermann nicht. "Es macht den Eindruck, dass Karl-Hermann Kiesow nicht gefragt wurde, weil er 25 Jahre nicht nett zu ihnen war", sagt der Staatsanwalt während des Prozesses. Ungeklärt blieb am ersten Prozesstag auch, warum die verstorbene Mutter mit der ihr zugestandenen monatlichen Summe von 13 600 Euro nicht auskam und angeblich mit einer größeren Summe bei der Betriebsverwaltungsgesellschaft Kiesow in der Kreide stand.