Es war ein Glück, dass sich an diesem Morgen dunkle Wolken am Himmel zeigten“, sagt Meta, “dann nehme ich immer meinen Regenschirm mit.“ Sie hat sich zum Kommissariat Norderstedt in der Europaallee auf den Weg gemacht und sitzt nun dem Beamten gegenüber, die Tasche auf dem Schoß.

Für eine Befragung, war ihr mitgeteilt worden. Dass die Kriminalen zu ihr in die Wohnung kommen, hat sie abgelehnt. Man konnte nie wissen, ob der Mann an der Tür wirklich Polizist in Zivil ist. Ausweise lassen sich ja fälschen.

Erstaunlich, wie nett die Polizisten in der Wache sie eben begrüßt haben. Sogar einen Artikel aus der Norderstedter Zeitung hat sie lesen dürfen. Das Foto von ihr hätte vorteilhafter sein können, einen Fotografen hatte sie gar nicht bemerkt.

"Ich musste an diesem Morgen dringend in die Sparkasse", erklärt sie gerade dem Oberkommissar, "von meinem Konto war ein Betrag abgebucht worden, den ich nicht einordnen konnte." Der Beamte nickt schnell. Jetzt bloß nicht die ganze Geschichte mit der falschen Abbuchung, sie gehört nicht ins Protokoll, sagt sein Gesicht aus. "Und was geschah dann?", versucht er die Vernehmung zu beschleunigen, es ist schließlich fast Mittagszeit.

"Ja, dann wurde es plötzlich laut im Vorraum. Ein Mann schrie dermaßen, dass ich meine Beschwerde nicht mehr vorbringen konnte." "Und dann begab sich diese Person zum Kassenschalter...", hilft ihr der Beamte weiter. "Ja, der Mann schrie aber immer noch. Kann man sein Geld denn nicht etwas leiser anfordern?" "Wie viel wollte er denn ausgezahlt haben?"

"Alles, was in der Kasse ist, her damit, hat er gebrüllt. Aber das war ihm anscheinend noch zu wenig. Der Angestellte hinter der Glasscheibe war ganz blass geworden. Sicher mag er Lärm so wenig wie ich." Der Beamte tippt auf der Tastatur herum. "Ja, und dann?", fragt er weiter und sieht Meta an. "Na, es hatte ja keinen Sinn mehr, meine Frage vorzubringen. Und die Dame am Schalter hörte mir sowieso nicht mehr zu. Sie war plötzlich fort, hinter dem Tresen verschwunden, wie ihre Kollegen auch." "Ja?"

"Da wurde ich doch etwas ungehalten, bitte machen Sie mir das nicht zum Vorwurf. Ich ging forsch auf den Schreihals zu und versetzte ihm mit dem Schirm einen Hieb auf den Kopf." "Was bewirkte das?", fragt der Beamte, obwohl er es schon wusste. "Was das bewirkte? Sie kennen meinen Schirm nicht, der ist stabil, ein Geschenk meines Seligen. Früher gab es noch Qualität."

"Wie reagierte er denn nun?" "Er lief zum Glück nach draußen, und drinnen war wieder Ruhe. Auch die Dame stand plötzlich wieder da. So konnte ich mein Anliegen endlich vorbringen." "Das war sehr mutig von Ihnen..." "Mutig? Es muss doch alles seine Ordnung haben. In der folgenden Woche stimmte schon wieder ein Posten auf dem Kontoauszug nicht. 500 Euro zu viel sind ausgewiesen."

"Freuen Sie sich doch." "Aber Herr Oberkommissar. Das Geld gehört mir nicht. Das wäre doch Betrug, es zu behalten." "Was sagte die Dame am Schalter dazu?" "Das wäre schon richtig, es sei eine Belohnung für mein tapferes Eingreifen." "Dann dürfen sie den Betrag auch behalten", versichert der Kripomann. "Darf eine Sparkasse denn die Einlagen der Kunden so großzügig ausgeben? Nur, weil ich für Ruhe gesorgt habe?" Meta ist richtig empört. Der Beamte druckt schweigend das Protokoll aus und lässt es sich unterschreiben. "Neuerdings gibt es ja Automaten, an denen Sie in Ruhe Ihr Geld mit einer Karte abheben können", schlägt er vor. "Neumod'scher Kram ist das", findet Meta. Ihre Sparkasse hat wenigstens noch einen netten Mann an der Kasse, der weiß, ob das auch ihr Geld ist, das er an sie auszahlt. "Reicht der Betrag denn aus, um meine Strafe wegen Körperverletzung zu bezahlen?", fragt sie vorsichtig nach.

"Eine Anzeige wurde von Seiten des Störers nicht erstattet. Machen Sie von den 500 Euro eine Reise in den Bayerischen Wald, da ist es angenehm still", sagt der Polizist und erhebt sich, um Meta zu verabschieden. "Bayerischer Wald? Aber Herr Oberkommissar, Las Vegas sollte es schon sein."