Experten sprechen von einem Sensationsfund. Sie gruben 1400 Jahre alte Skelette und wertvolle Beigaben aus.

Norderstedt/Adnet. "Wir wohnen mitten auf einem uralten Friedhof", sagt Sibylle Krispler, "ein bisschen unheimlich war das für mich in der Anfangszeit schon." Vor drei Jahren hat die Personalchefin des Salzburger Callcenter-Unternehmens Teledialog GmbH den österreichischen Landwirt Anton Krispler kennen- und lieben gelernt, im September 2008 hat sie ihn geheiratet. Sie wohnen in Adnet, zehn Autominuten von Sibylles Krisplers Arbeitsplatz entfernt.

Dass sich auf dem acht Hektar großen Grundstück unter der Erde ein großes Geheimnis verbirgt, davon hat Sibylle Krispler, die die ersten 22 Jahre ihres Lebens in Norderstedt lebte, erst später erfahren. Auch, dass dort vor 30 Jahren beim Ausheben einer Güllegrube schon einmal einige Totenköpfe gefunden worden waren. Auf den Flurkarten wurde der Hof deshalb als archäologisches Sperrgebiet ausgewiesen. Und darum musste der Motzenbauer, als er jetzt einen Stall für insgesamt 50 Rinder bauen wollte, erst einmal das Denkmalamt in Salzburg informieren.

Drei Tage schaufelten die Archäologen Peter Höglinger und Ulli Hampel in den obersten Schichten des stark kalkhaltigen Schotterbodens herum. Das Ergebnis verblüffte die Experten, auch die Einwohner des 3500 Einwohner großen Ortes, sehr: Die Grabungsleiter entdeckten 21 Grabstätten aus dem frühen Mittelalter. Neun Grabschächte hat Peter Höglinger in mühevoller Kleinarbeit öffnen lassen. Gefunden hat er die Skelette von sieben Erwachsenen und zwei Kindern. Um sie herum lagen wertvolle Beigaben: Goldringe, Perlenketten und Messer.

Wegen dieser "Schätze" gehen die Salzburger Denkmalschützer davon aus, dass es sich um die Gräber romanisch-stämmiger Siedler oder bajuwarischer Zuwanderer aus der Zeit 600 bis 700 nach Christus handelt. Die meisten Schächte wurden nach einigen Tagen zugeschüttet, die Skelette nach Salzburg gebracht, wo sie voraussichtlich im neuen Marmormuseum einen Platz finden werden.

Adnet, idyllisch auf einem kleinen Plateau über dem Salzachtal gelegen, wurde auch als Dorf bekannt, in dem heute noch Marmor abgebaut wird. Selbst im Vatikan befindet sich der schöne, rotgefärbte Marmor.

Und was passiert nun mit den anderen Gräbern? Aufgrund der Funde hat die Familie den neuen Stall um etwa zwei Meter verschoben, damit nicht alle Skelette in die Baugrube fallen. "Dann müssten sie auf unsere Kosten gehoben werden", sagt Sibylle Krispler. "Grundsätzlich wäre es mir lieber, alle würden aus der Erde geholt werden. Dann müsste ich nicht mehr an sie denken." Stattdessen ruhen sie auf dem Motzenhof weiter.

Den Wechsel ins Jahr 2010 feiert Familie Krispler zu Hause mit Sibylles Eltern, die für einige Tage aus Norderstedt zu Besuch kommen. Dann werden die spektakulären Skelettfunde auf dem Motzenhof sicherlich ein spannender Gesprächsstoff sein.