S. C. Melanie Holthus ist eine Medizinrechtlerin. Jetzt kämpft sie für die Familie S. aus Thüringen, deren Schicksal Schlagzeilen machte.

Norderstedt. Sie steht auf der Seite des Patienten: Die Norderstedter Anwältin S. C. Melanie Holthus hat sich bundesweit einen guten Ruf als Medizinrechtlerin erarbeitet. Etliche Opfer von Behandlungsfehlern hat sie schon mit Erfolg gegen Kliniken und Versicherungen vertreten. Jetzt hat Holthus den vielleicht spektakulärsten Fall ihrer bisherigen Laufbahn übernommen: Den Fall der 13-jährigen Jessica S. aus dem thüringischen Greiz. Nach einer unfassbaren Verkettung von Pannen starb das Mädchen 2004 an einer Gehirnhautentzündung (siehe Artikel unten). Der Fall, der bundesweit Schlagzeilen machte und von vielen Zeitungen und TV-Sendern dokumentiert wurde, ist strafrechtlich abgeschlossen. Eine Ärztin wurde wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Geldstrafe von 7200 Euro verurteilt - das war's. Bis heute hat sich niemand von offizieller Seite bei den Eltern entschuldigt, andere mutmaßlich Schuldige blieben ungestraft - und Schmerzensgeld gab es für die Familie bislang auch keines. Zumindest das soll sich nun ändern.

Die engagierte Gerichtsreporterin Martina Böhnke, die für thüringische Zeitungen schreibt, stellte den Kontakt zwischen Holthus und der Familie der Jessica her. Böhnke: "Ich habe Frau Holthus bei einem anderen Fall vor Gericht erlebt und dachte: Die Frau ist toll, die kann der Familie von Jessica weiterhelfen." Alle bisherigen Anwälte der Familie seien in ihren Bemühungen gescheitert, so Böhnke. Holthus musste nicht lange überzeugt werden, den Fall anzunehmen. "Kein Fall ist mit dem anderen vergleichbar. Aber diese Dramatik ist mir noch nicht untergekommen", sagt Holthus. Durch das Versagen von Rettungsdienst und Krankenhäusern hätte die Familie S. ihre Tochter verloren. "Jetzt sollen sie sich wehren und nicht in der Opferrolle verharren. Die Familie hat eine Entschuldigung und Schmerzensgeld verdient", sagt die Anwältin. Noch fünf Jahre nach dem Tod ihrer Jessica sei das Leben der Familie "die Hölle", sagt Holthus. "Ich mache mir wirklich Sorgen um die Eltern. Sie haben keine Chance, Trauerarbeit zu betreiben und mit dem Verlust ihrer Tochter abzuschließen", sagt Holthus. Dazu kommt, dass die Familie mittlerweile Drohanrufe bekommt und im täglichen Leben in Thüringen Schikanen erfährt. Offenbar fühlen sich viele Menschen durch die Beharrlichkeit, mit der die Eltern die Schuldigen des Falles verfolgen, angegriffen.

S. C. Melanie Holthus vertritt die Eltern gegenüber der Versicherung der Klinik. Es sind sehr harte Verhandlungen. "Aber die Patientenrechte sind stärker geworden. Mittlerweile haben Patienten oder ihre Hinterbliebenen ganz gute Karten", sagt Holthus. Sie ist zuversichtlich, dass es 2010 zu einem Ergebnis für die Familie kommt - die dann vielleicht endlich in aller Ruhe trauern kann.